Eine Studie liefert den ersten klinischen Beweis, dass die Entzündung durch orale Verabreichung einer Mikrobe moduliert werden kann.

Neue Erkenntnisse, die auf dem 29. EADV-Kongress präsentiert wurden, zeigen, dass die systemische Entzündung bei Psoriasis oral mit einem nicht lebenden Stamm einer kommensalen Mikrobe behandelt werden kann. Diese neue therapeutische Klasse weckt die Hoffnung auf eine völlig neue Art der Behandlung dieser Hauterkrankung.

Für ihre Studie verwendeten die Forscher EDP1815, ein Präparat auf Basis des abgetöteten Bakteriums Prevotella histicola, das aus dem Dünndarm eines menschlichen Spenders isoliert wurde. Eingesetzt wurde es für 28 Tage in zwei Kohorten von 12 bzw. 18 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Psoriasis mit einer Nachbeobachtungszeit von 42 Tagen ohne Behandlung.

Der Dünndarm spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung des Immun-, Stoffwechsel- und neurologischen Systems des Körpers. Wenn die Mikrobe oral verabreicht wird, interagiert sie mit einem Netzwerk von Verbindungen zwischen dem Dünndarm und dem Rest des Körpers und erzeugt eine systemische therapeutische Immunantwort, ohne vom Körper absorbiert zu werden. Dieser physiologische Kontrollmechanismus verursacht nachweislich keine Immunsuppression, wodurch das Risiko von Nebenwirkungen wie Infektionen weiter verringert wird.

Erste Ergebnisse zeigten, dass EDP1815 bei Tagesdosen von bis zu 8,0 x 101 Zellen, die über einen Zeitraum von bis zu 28 Tagen verabreicht wurden, gut verträglich war, mit einem Verträglichkeitsprofil, das mit dem von Placebo vergleichbar ist. Am 28. Tag betrug die mittlere prozentuale Verringerung des Psoriasis Area Severity Index (PASI) für beide EDP1815-Kohorten 16 %, verglichen mit 1 % für Placebo. In der höher dosierten Kohorte verbesserte sich der PASI sogar um 21 % am 42. Tag.

Dies sei ein Hinweis auf eine anhaltende klinische Wirkung bei der höheren Dosis. Die mittlere Reduktion der Läsionsschweregrade nach 28 Tagen betrug 15 % bzw. 23 % in den hoch und niedrig dosierten Kohorten verglichen mit einem Anstieg von 1 % gegenüber dem Ausgangswert in der Placebogruppe. Auch hier wurde in der Hochdosis-Kohorte eine weitere klinische Verbesserung bis zu einer 24%igen Reduktion festgestellt.

Obwohl für schwerst erkrankte Psoriasis-Patienten mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, bestehe ein großer Bedarf an neuen innovativen Methoden für diejenigen, die mit einer leichten bis mittelschweren Erkrankung leben, so die Autoren. EDP1815 sei hier ein echter Durchbruch und besitze ein großes Potenzial für die Mehrheit der Psoriasis-Patienten, es könne möglicherweise den derzeitigen Behandlungsstandard ändern, hoffen die Wissenschaftler.

Über EDP1815:

EDP1815 ist ein nicht lebendes pharmazeutisches Präparat eines einzelnen Stammes von ­Prevotella histicola. Es hat starke entzündungshemmende Wirkungen auf menschliche Immunzellen. Mit EDP1815 werden mehrere Zytokine wie TNF, IL-4, IL-6 und IL-17 systemisch herunterreguliert, ohne dass Typ-1-Interferone unterdrückt werden. EDP1815 ruft systemische therapeutische Wirkungen ohne systemische Absorption oder Modifikation des Mikrobioms hervor. Epithel- und dendritische Zellen in der Dünndarmschleimhaut nehmen kontinuierlich eine Probe des Lumeninhalts auf. Sobald diese Zellen EDP1815 ausgesetzt sind, modulieren sie die Entzündung systemisch über Zytokinsignalisierung und T-Zell-Traffic. EDP1815 reduzierte signifikant die Th1-, Th2- und Th17-Entzündung in präklinischen Mausmodellen.


Quelle
Maslin D et al. (2020) 29. EADV Virtuell Congress, Abstrakt Nr. 2039


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2020; 24 (12) Seite 4