Patient:innen mit Knochenmetastasen erhalten in der Regel eine palliativmedizinische Behandlung. Gegen ihre starken Schmerzen, die u. a. infolge der Metastasenbildung auftreten, sind Analgetika und Co-Analgetika hilfreich. Daneben sollten eine Therapie mit Bisphosphonaten oder Antikörpern, eine Strahlen- sowie eine nuklearmedizinische Therapie erfolgen. Auch mögliche Operationen sollten frühzeitig angedacht werden.

Schmerzhafte Affektionen des Knochens entstehen sowohl bei gutartigen als auch bei bösartigen Neubildungen des Knochens (Tabelle 1) im Sinne primärer Tumoren. Als sekundäre Neubildungen infolge einer Tumorerkrankung gelten Knochenmetastasen.

Knochenmetastasen: Wie sie entstehen und warum sie wehtun

Der Knochenstoffwechsel ist geprägt von einem regelmäßigen Ab- und Aufbau der Knochenstruktur in einem fein ausgewogenen Gleichgewicht. Knochenmetastasen beeinflussen neben einer direkten Destruktion des Knochens die Funktionen der Osteoklasten wie auch der Osteoblasten. Entsprechend der Präferenz der Störung unterscheidet man osteoblastische, osteolytische oder auch gemischt nachweisbare Änderungen in der Knochenstruktur (Tabelle 2). Die Entstehung von Knochenmetastasen ist bis heute nicht sicher geklärt. Die Hypothese von Stephen Paget "Samen und Boden" (von 1889) ist nach wie vor aktuell und nachvollziehbar – neuere Theorien betrachten die Veränderung der Mikroumgebung der Tumorzellen z.B. durch Zytokine.

Neben der beschriebenen mechanischen Instabilität (nozizeptiver Schmerz) und der möglichen Nervenaffektion (neuropathischer Schmerz) führen Neuropeptide und andere Mediatoren, die durch die Tumorzelle exprimiert werden, zu nozizeptiven und neuropathischen Schmerzphänomenen. Hier spielt die Neuroplastizität des Nervensystems eine besondere Rolle. Diese neuropathischen Schmerzen sind bedingt durch die Affektion von Nerven in der Knochenhaut, vor allem sensiblen Nervenfasern, die in den Knochen entlang den Gefäßen verlaufen. Vielfältige Phänomene der peripheren und zentralen Sensibilisierung sind beschrieben. Obwohl wissenschaftlich nicht endgültig geklärt, kann sich eine frühzeitige und effektive Behandlung des Schmerzes bei Knochenmetastasen auf den späteren Verlauf positiv auswirken.

Schmerzdiagnose und -therapie mit Analgetika und Co-Analgetika

Für die Effektivität der medikamentösen, symptomatischen Schmerztherapie ist die korrekte Schmerzanalyse entscheidend. Aufgrund der Knochenaffektionen und damit einhergehenden nozizeptiven Schmerzen (stechend, ziehend, bei Belastung auch einschießend) korrelieren nicht selten neuropathische Schmerzen (brennend, spontan einschießend). Bei der analgetischen Behandlung von Knochenschmerz mit Analgetika und Co-Analgetika im Bereich der nozizeptiven Schmerzen hat sich die Akzeleration in der medikamentösen Behandlung nach dem WHO-Stufenschema der Tumorschmerztherapie bewährt – beginnend mit Nicht-Opioiden (nichtsteroidalen Antirheumatika oder Metamizol), gefolgt von der Kombination mit niederpotenten, potenten oder hochpotenten Opioiden. Aufgrund ihrer entzündungshemmenden Komponente sind nichtsteroidale Antirheumatika und Coxibe hier vorteilhaft. Die relativen Kontraindikationen (arterielle Hypertonie, KHK, Niereninsuffizienz) sollten beachtet werden, wobei diese Substanzgruppe bei Patient:innen jenseits des NYHA-Stadiums 3 (Ruhedyspnoe aufgrund von Herzinsuffizienz) kontraindiziert ist. Die neuropathische Schmerzkomponente mit brennendem und einschießendem Charakter ist effektiv mit Glukokortikoiden (z. B. Dexamethason 8 mg morgens) beeinflussbar; auch die Co-Analgetika Amitriptylin, Gabapentin/Pregabalin haben hier ihren Platz (vgl. Kasten). Die Wirksamkeit von Opioiden bei neuropathischen Schmerzen ist nachgewiesen, die NNT (number needed to treat) steht jedoch der der Co-Analgetika deutlich nach.

Schmerzhafte Knochenmetastasen im Rahmen einer Tumorerkrankung beeinträchtigen die Lebensqualität der betroffenen Patient:innen schwer. Mit den Methoden des Röntgen und der Knochenszintigrafie lassen sich Lokalisation und Ausmaß der Knochenmetastasierung rasch erfassen. Neben der medikamentösen Therapie der nozizeptiven wie auch neuropathischen Schmerzkomponente mit Analgetika und Co-Analgetika sollen Bisphosphonate oder Antikörper ebenso wie Strahlentherapie und Nuklearmedizin, auch operative Verfahren mit der Patient:in frühzeitig besprochen werden. Eine zeitgerechte und aufeinander wohlabgestimmte Behandlung kann die Chronifizierung der Schmerzen bei Knochenmetastasen positiv beeinflussen.

Nozizeptiver Schmerz
Charakter: stechend, drückend, belastungsabhängig

Medikamente: (klassisches WHO-Stufenschema)
  • Nichtopioide
  • NSAID (Ibuprofen, Diclofenac, Dexketoprofen)
  • Novaminsulfon
  • Tramadol, Tilidin
  • Opioide

Neuropathischer Schmerz
Charakter: brennend, einschießend

Medikamente:
  • Dexamethason
  • Amitriptylin
  • Gabapentin/Pregabalin
  • Opioide
    • - Tapentadol
    • - Oxycodon
    • - Methadon, L-Polamidin


Behandlungsoptionen

Behandlung mit Bisphosphonaten

Bei einem durch die Metastasen entstehenden Ungleichgewicht zwischen Osteoblasten und Osteoklasten ist die Behandlung mit Bisphosphonaten seit vielen Jahren etabliert, wobei sich praktische Aspekte durchaus gewandelt haben. Orale Bisphosphonatzubereitungen, wie sie in der Osteoporosetherapie etabliert sind, eignen sich zur Behandlung von Knochenmetastasen aufgrund der niedrigen Dosis nicht. Bisphosphonate müssen intravenös verabreicht werden – aufgrund der Nierentoxizität ist eine intravenöse Kurzinfusion über mindestens 30 Minuten empfehlenswert. Die Serum-Kalzium-Werte sollten überwacht, die Funktionsparameter der Nierenfunktion (Kreatinin, GFR) regelmäßig überprüft werden. Eine Kalziumsubstitution in der Behandlungsphase ist obligat. Analgetische Effekte treten nach Behandlungsbeginn deutlich verzögert, teilweise Monate später, ein. Die Effektivität hinsichtlich der Schmerzreduktion ist zwischen den etablierten Substanzen durchaus unterschiedlich. Obligat ist vor der Behandlung der Ausschluss chronisch entzündlicher Veränderungen im Zahnbereich; der Besuch einer Zahnärzt:in vor der Therapie ist also unerlässlich.

Behandlung mit Antikörpern

Eine erst wenige Jahre auch in der Praxis etablierte Behandlungsmethode ist die Hemmung der RANKL-Produktion. Denosumab ist ein Rezeptoraktivator des Nuclear Factor Kappa-B Ligand (RANKL)-Inhibitors, der von der FDA primär zur Behandlung der postmenopausalen Osteoporose mit hohem Frakturrisiko zugelassen wurde. Denosumab hemmt die Bildung, Funktion und das Überleben von Osteoklasten durch Bindung an RANK, was zu einer verminderten Knochenresorption und einer erhöhten Knochenmasse und -stärke führt. Das Medikament Denosumab (Xgeva®, Prolia®) ist bei Knochenmetastasen als subkutane Injektion
(120 mg, 1 x monatlich) anwendbar – ein deutlicher Vorteil, wobei eine häusliche Behandlung durchaus denkbar ist. Das Frakturrisiko ist gegenüber der etablierten Substanz Zoledronsäure (Zoledronat) um 18 % reduziert [1]. Wie bei den Bisphosphonaten müssen hier vor der Behandlung chronische Entzündungen an der Kauleiste ausgeschlossen sein. Die Überwachung von Kalzium- und Nierenparametern ist ebenso obligat. Als seltene Nebenwirkungen können Durchfall, Luftnot, Schmerzen oder gehäufte Harnwegsinfekte auftreten. Ein Vorteil von Denosumab ist die Anwendungsmöglichkeit bei Nieren- oder Leberinsuffizienz.

Strahlentherapie

Mit dem Ziel der Reduktion des Frakturrisikos und des Schmerzes ist eine Strahlentherapie sinnhaft. Die Schmerzreduktion tritt auch hier verzögert ein – eine Erstverschlechterung ist denkbar. Die strahlentherapeutische Behandlung kann in unterschiedlicher Fraktionierung der Therapie (10 x 3, 5 x 4 oder 1 x 8 Gy) erfolgen. Mit der Höhe der Einzeldosis korrelieren die möglichen Nebeneffekte, die ebenso zunehmen, je stammnäher die Bestrahlung stattfindet (Übelkeit, Durchfall). Mit Hb-Abfällen ist aufgrund der Bestrahlung von Knochenmarkanteilen zu rechnen.

Behandlung in der Nuklearmedizin

Liegen viele kleine, auf das Skelett verteilte Metastasen vor, welche die Möglichkeiten konventioneller Strahlentherapie überschreiten, ist mit dem Ziel der Schmerzreduktion die Infusion eines Betastrahlers denkbar. Strontium (Sr-89-Chlorid) ist dabei zur palliativen Schmerztherapie bei Prostatakarzinom, Samarium (Sm-153-EDTMP) mit gleicher Zielsetzung bei osteoblastischen Metastasen, unabhängig vom Primärtumor, in Deutschland zugelassen. Metastasen nahe des Rückenmarks gelten als Kontraindikation, da unter der Therapie möglicherweise auftretende Ödeme rund um die Metastase zur Rückenmarkskompression führen können. Radionuklidtherapie wird in der Nuklearmedizin vielfach ambulant angeboten. Aufgrund der kurzzeitigen Ausscheidung von radioaktivem Material über die Niere ist eine Kontinenz wünschenswert – die kurzzeitige Anlage eines Dauerkatheters gegebenenfalls nötig. Da man das Medikament aufgrund der Kinetik des Kernzerfalls zum Behandlungstag zubereitet, ist die Termintreue der Patient:in (Aufklärung auch durch die zuweisende Ärzt:in) wünschenswert. Analgetische Effekte treten zeitverzögert auf. Häufig ist die Therapie von einer Anämie aufgrund der Affektion des Knochenmarks begleitet, weshalb keine Behandlung parallel oder in kurzer Folge zu einer Chemotherapie erfolgen sollte.

Operative Intervention

Bei drohenden Frakturen durch Instabilität (z. B. großer Röhrenknochen) sind operative Interventionen prospektiv, bei stattgehabten Frakturen regelmäßig indiziert – im Bereich der Wirbelsäule und stattgehabten Wirbelkörpersinterungen die Vertebroplastie/Kyphoplastie, nicht selten die Wirbelsäulenstabilisierung mittels Fusion nach Einbringen von Wirbelkörperersatzmaterial.

Essentials – Wichtig für die Sprechstunde
  • Knochenmetastasen sind Domäne der Palliativmedizin.
  • Die Schmerztherapie erfolgt durch Analgetika und Co-Analgetika; eine abgestimmte Behandlung kann die Chronifizierung der Schmerzen positiv beeinflussen.
  • Daneben kommen Bisphosphonate oder Antikörper, Strahlentherapie und Nuklearmedizin sowie operative Verfahren zum Einsatz.
  • Alle Optionen sollte man frühzeitig mit der Patient:in besprechen.


Literatur
1) Cumings, Steven R. et al.: Denosumab for prevention of fractures in postmenopausal women with osteoporosis, N Engl J Med. 2009 Aug 20;361(8):756-65. doi: 10.1056/NEJMoa0809493. Epub 2009 Aug 11.


Autor

PD Dr. med. Eberhard Albert Lux

Abteilung für Schmerz- und Palliativmedizin
St.-Marien-Hospital 44534 Lünen

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.


Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (11) Seite 14-16