Höhere Leberwerte sind ein häufiger Befund und haben meistens banale Ursachen wie Übergewicht und Fehlernährung. Oft hat man es mit einer Fettleber oder Steatohepatitis, ohne oder mit Alkohol als Auslöser, zu tun. Die harmloseren von den progredienten Verläufen frühzeitig zu unterscheiden, ist nicht immer einfach. Fest steht, dass die Zeit des therapeutischen Nihilismus bei progredienten Leberschäden vorbei ist.

Lebererkrankungen spielen in der täglichen Praxis von Allgemeinärzt:innen und Internist:innen eine große Rolle. Die Deutsche Leberstiftung geht davon aus, dass etwa fünf Millionen Deutsche von Lebererkrankungen betroffen sind, häufig ohne es zu ahnen. Deren häufigste Ursachen sind Alkohol, Überernährung und Fettleibigkeit, Diabetes mellitus, Bewegungsmangel und Medikamente. Aber auch genetische Erkrankungen wie Hämochromatose oder Alpha-1-Antitrypsin-Mangel sind nicht so selten, dass man sie bei der Differenzialdiagnose vernachlässigen dürfte. Der M. Wilson gilt hingegen als Rarität. Mit einer Prävalenz von 1:30.000 dürfte er in der täglichen Hausarztpraxis daher kaum eine Rolle spielen.

Alkoholbedingte Lebererkrankungen

Alkoholbedingte Leberschäden werden in der Öffentlichkeit immer noch unterschätzt. Hat sich aus der Fettleber eine Fibrose und Zirrhose der Leber mit fortschreitender Funktionsstörung entwickelt, ist das Ziel der Behandlung, die fortgesetzte Schädigung der Leber zu stoppen, um die Entwicklung eines Leberversagens zu verhindern. Die wichtigste und absolut notwendige Maßnahme: die Beendigung des Alkoholkonsums. Auch andere für die Leber schädliche Substanzen sollten die Betroffenen meiden; hier ist vor allem die Einnahme bestimmter Medikamente wie NSAR zu nennen.

Eine alkoholbedingte Leberentzündung, die alkoholische Hepatitis (ASH), ist ein schweres Krankheitsbild, das eine stationäre Behandlung erfordert und eine hohe Sterblichkeit aufweisen kann. Dabei handelt es sich um Patient:innen mit vorbekannter alkoholischer Lebererkrankung, die im Sinne einer Dekompensation einen Ikterus entwickeln. Häufig besteht auch eine Leukozytose. Bei diesen Fällen ist eine frühzeitige Evaluation des Schweregrades mittels eines Scoresystems wichtig. Hier sind mehrere Systeme etabliert, die alle eine Abschätzung der Prognose ermöglichen. Therapeutisch war in den letzten Jahren die Gabe von Prednisolon (40 mg/die) hilfreich. Zahlreiche andere untersuchte Medikamente erwiesen sich als wirkungslos. Ergänzend sind die Behandlung einer hepatischen Enzephalopathie und die Substitution von Vitamin B1 und B6 sinnvoll.

Nicht alle Personen, die sehr viel Alkohol konsumieren, entwickeln einen Leberschaden. Sicher spielen hier genetische Ursachen eine entscheidende Rolle, aber auch mögliche Begleiterkrankungen wie chronische Virushepatitis oder andere metabolische Schäden der Leber. Als Richtwert für den Alkoholkonsum gilt in Deutschland eine Menge von täglich 30 g reinem Alkohol für Männer und 10 g für Frauen bei mindestens zwei alkoholfreien Tagen pro Woche. Eine Flasche Bier entspricht 12,7 g reinem Alkohol, ein Glas Wein etwa 10 g Alkohol.

Zur Beurteilung der Schwere der durch Alkoholmissbrauch geschädigten Leber ist eine nicht invasive Fibrosemessung am besten geeignet. Neben der Kombination verschiedener Laborparameter hat sich in den letzten Jahren hier vor allem auch die Ultraschalltechnik etabliert. Die sogenannte Elastografie bietet eine sehr gute Möglichkeit, den Fibrosegrad der Leber zu erfassen, und ist auch zur Langzeitbeurteilung im Sinne wiederholter Messungen gut geeignet. Bekannt ist, dass Patient:innen mit bereits fortgeschrittener Fibrose eine deutlich reduzierte Prognose bezüglich des Zehn-Jahres-Überlebens haben.

Nichtalkoholische Fettleber

Noch bedeutsamer als die durch Alkoholkonsum bedingte Schädigung der Leber ist die nichtalkoholische Fettleber (NAFLD). Dabei handelt es sich um ein epidemisch auftretendes Phänomen, das in manchen Regionen der Erde bereits mehr als 30 % der Erwachsenen betrifft. Ursächlich hierfür ist vor allem die Hyperalimentation mit Entwicklung einer Adipositas. Modellrechnungen sehen für die USA im Jahr 2030 mehr als die Hälfte der Erwachsenen mit einem BMI > 30.

Neben falscher Ernährung und Bewegungsmangel sind es aber auch verschiedene genetische Konstellationen, die ein deutlich erhöhtes Risiko darstellen. So zeigt die Mutation des PNPLA3-Gens ein dreifach erhöhtes Risiko zur Entwicklung einer Fettleber und einer durch diese assoziierten Leberzirrhose. Diese Mutation kann in der Bevölkerung je nach ethnischem Hintergrund in bis zu 50 % der Fälle vorkommen. Das Gen ist in den Triglyceridmetabolismus der Hepatozyten eingebunden.

Ähnlich wie bei der alkoholischen Leberschädigung ist bei der nichtalkoholischen Fettleber die Fibrosemessung die wichtigste Untersuchung hinsichtlich der weiteren Prognose. Auch hier ist es aus Praktikabilitätsgründen sinnvoll, zunächst mittels eines Panels von Laborwerten wie dem Fibro-4-Test ein Screening durchzuführen und dann bei entsprechendem Verdacht einen Fibrotest mit Ultraschall-basierter Messung anzuschließen. Patient:innen mit Nachweis einer Leberfibrose sollte man an eine hepatologische Praxis beziehungsweise Ambulanz verweisen und hierzu ein entsprechendes Therapieangebot machen.

Generell gilt, dass Patient:innen mit einer NAFLD durch Lifestyle-Interventionen ihre Risikofaktoren reduzieren. Auch sollten Betroffene mit einer bestehenden Leberfibrose eine Therapie der zugrunde liegenden Leberverfettung erhalten.

Bislang sind keine Medikamente zur Behandlung der NAFLD oder der nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) zugelassen. Allerdings gibt es gute Daten zur Behandlung mit Vitamin E und zahlreiche Studien zu verschiedenen Medikamentenklassen. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die auch zur Behandlung des Typ-2-Diabetes eingesetzt werden. Als erfolgversprechend gelten hier die PPAR-Agonisten, die GLP-1-Rezeptoragonisten und die SGLT-2-Inhibitoren. Gerade in der Patientengruppe, die neben einer NAFLD oder einer NASH auch einen Typ-2-Diabetes mitbringt, bietet sich die frühzeitige Behandlung mit einem Medikament aus diesen Substanzgruppen an. Hinzu kommt, dass die GLP-1-Rezeptoragonisten und die SGLT-2-Inhibitoren eine deutliche Gewichtsreduktion erzeugen, was in diesem Zusammenhang sehr wünschenswert ist. Weitere Medikamentengruppen werden derzeit untersucht und zeigen teils ebenfalls eindrucksvolle Wirkungen. Erwähnt werden soll hier nur die Substanzgruppe der FXR-Rezeptoragonisten, von denen Ocaliva® als Medikament bereits zur Behandlung der primären biliären Cholangitis (PBC) zugelassen ist, sowie die neue Gruppe der Schilddrüsenhormon-Rezeptoragonisten.

Es bleibt festzuhalten, dass die Zeit des therapeutischen Nihilismus bei NAFLD und NASH vorüber ist und in den nächsten Jahren vielfältige medikamentöse Interventionsmöglichkeiten verfügbar sind. Sicher ist aber auch, dass die Prävention durch einen gesunden Lebensstil die wichtigste und leider auch zu wenig praktizierte Maßnahme bleibt.

Von den genetisch bedingten Lebererkrankungen ist vor allem die Hämochromatose zu erwähnen. Der klassischen Variante, die auch als Typ-1-Hämochromatose bezeichnet wird, liegt eine genetische Mutation auf Chromosom 6 zugrunde, die zu einer ungehemmten Eisenresorption aus dem Dünndarm führt. Der Erbgang ist autosomal rezessiv, nur die homozygot in Position C 282 Y mutierten Patient:innen haben ein relevant erhöhtes Risiko zu erkranken. Die Penetranz der Erkrankung, die zu Leberzirrhose, Pankreasinsuffizienz und auch Gelenkproblemen führen kann, wurde in der Vergangenheit als eher gering eingestuft. Die Häufigkeit liegt bei 1:1.000, die Typ-1-Hämochromatose ist damit die häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung der weißen Bevölkerung.

In neueren epidemiologischen Untersuchungen, vor allem aus Großbritannien, zeigt sich allerdings eine deutlich höhere Penetranz dieser Mutation. Dabei ist – neben den klassischen Symptomen – auch eine höhere Gebrechlichkeit im Alter zu nennen. All dies sind gute Argumente für einen früheren Einsatz der einzig wirksamen Therapie, der Eisendepletion. Dies geschieht vorzugsweise als Aderlasstherapie, die in mehr oder weniger langen Zeitabständen bis zum Erreichen eines Ferritinwerts im unteren Normbereich erfolgen sollte. Aber auch danach sind diese Aderlässe als Erhaltungstherapie lebenslang weiterhin notwendig.

Zum Screening auf eine möglicherweise vorliegende Hämochromatose ist neben dem Ferritinwert, der bei den betroffenen Patient:innen erhöht ist, auch die Transferrinsättigung zu nennen. Hier ist der Grenzwert bei 40 - 45 % zu sehen. Nur wenn Ferritin erhöht ist und die Transferrinsättigung bei > 40 % liegt, ist eine Untersuchung auf eine Mutation des HFE-Gens sinnvoll.

Eine andere, ebenfalls nicht so seltene, angeborene Erkrankung ist die Alpha 1-Antitrypsin-Defizienz. Weltweit gibt es ca. drei Millionen Betroffene dieser Mutation auf dem Serpina-1-Gen, die für einen Serinproteaseinhibitor codiert. In Europa beträgt die Inzidenz 1:2.000. Das klinische Erscheinungsbild ist in erster Linie durch die pulmonale Symptomatik geprägt, die sich in der Ausbildung eines schweren Emphysems und einer COPD äußert, aber auch die Leber mit betreffen kann. Hier ist eine Verschlechterung anderer Lebererkrankungen wie NAFLD, NASH oder alkoholische Steatohepatitis (ASH) möglich. Die Entwicklung einer eigenständigen Hepatopathie kann schließlich bis zum Leberversagen führen.

Therapeutisch lässt sich zurzeit nur die pulmonale Symptomatik durch Substitution des Alpha-1-Antitrypsin behandeln. Der M. Wilson ist, wie eingangs beschrieben, eine seltene Erkrankung, kann sich im Erwachsenenalter allerdings in einem fulminanten Leberversagen manifestieren, häufig mit einer Hämolyse verbunden.

Nicht unerwähnt bleiben sollten die medikamentös bedingten Leberschäden, im angelsächsischen Sprachraum als DILI (Drug induced liver injury) bezeichnet. Sie sind nach wie vor die häufigste Ursache des akuten Leberversagens. Vor allem im Zusammenhang mit der Einnahme von Antibiotika (hier besonders Amoxicillin und Clavulansäure ) und auch der Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (Ibuprofen und Diclofenac) sollte man daran denken. Die Exposition kann durchaus auch einige Wochen zurückliegen, was die Ursachensuche häufig schwierig macht.

Fazit

Leberwerterhöhungen sind in der ärztlichen Praxis häufig und meist banaler Ursache. In einer durch Übergewicht und Fehlernährung geprägten Gesellschaft wird man es meistens mit einer NAFLD oder einer NASH, teilweise mit einer ASH zu tun haben. Es ist die Aufgabe der Allgemeinmediziner:in, frühzeitig die harmloseren von den vermutlich progredienten Verläufen zu differenzieren. Hier empfehlen sich nichtinvasive Fibrosetests, wie es sie als Laborpanels oder auch als Ultraschall-basierte Verfahren gibt. An genetisch bedingte Lebererkrankungen sollte man als Allgemeinärzt:in zumindest denken, vor allem an die Hämochromatose, da sich hier durch frühzeitige Intervention der Krankheitsverlauf deutlich verändern lässt.

ESSENTIALS – Wichtig für die Sprechstunde
  • Leberwerterhöhungen sind in der ärztlichen Praxis häufig, aber in der Regel harmlos.
  • Meist hat man es hier mit NAFLD oder NASH, teils auch mit AFLD oder ASH zu tun.
  • Medikamentös bedingte Leberschäden (DILI – Drug induced liver injury) sind weiterhin die häufigste Ursache des akuten Leberversagens.
  • An die Einnahme von Antibiotika (besonders Amoxicillin und Clavulansäure) und nichtsteroidalen Antiphlogistika (Ibuprofen und Diclofenac) sollte man hier immer denken.



Autor

Dr. med. Gero Moog

Facharzt für Gastroenterologie/Schwerpunkt Hepatologie
34127 Kassel

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (8) Seite 48-51