Jede Diabetestherapie ist eigentlich eine Kombinationsbehandlung: Allein das gemeinsame Wirken von Ernährungs- und Bewegungstherapie stellt ja schon die erste Kombination dar. Welche Kombis ergeben sich aber im Zusammenhang mit Medikamenten (orale Antidiabetika, GLP1-Rezeptor-Agonisten, Insulin)? Alle möglichen Optionen klärt dieser Beitrag.

Schon 1958 wurden als erste Kombinationsbehandlung Sulfonylharnstoffe (Tolbutamid) mit Biguanid (Buformin) beschrieben. Diese Kombination ist inzwischen aber obsolet, da Buformin, ebenso wie Phenformin, wegen gehäuft auftretender Laktatazidosen aus dem Handel genommen wurde – als Biguanid ist nur noch Metformin verfügbar. Zudem sind die Sulfonylharnstoffe als Auslaufmodelle zu betrachten, da sie nicht nur zu einer Gewichtszunahme, sondern auch zu schweren Hypoglykämien führen können. Nach Gallwitz und Nauck sterben in Deutschland pro Jahr circa
40 bis 80 Patienten an den Folgen einer Sulfonylharnstoff-induzierten Hypoglykämie.

Metformin

Metformin gilt derzeit als die Nummer eins unter den oralen Antidiabetika, denn es hat sich gezeigt, dass hier die Laktatazidosen nicht häufiger sind als bei anderweitig behandelten Diabetikern und dass Metformin verschiedene wichtige Vorteile aufweist. So gilt die Bremsung der hepatischen Glukoneogenese als wichtigster Faktor für die Blutzuckersenkung durch Metformin. Es kommt hier außerdem zu einer Appetitminderung und einer moderaten Gewichtsabnahme sowie offensichtlich zu günstigen Ergebnissen im Hinblick auf die kardiovaskulären Komplikationen. Die Bannister-Studie hat gezeigt, dass Patienten unter Metformin im Vergleich zu Personen ohne Antidiabetika hier sogar eine leichte, aber keine signifikante Besserung aufweisen. Wichtig ist vor allem das Ergebnis, dass die mit Sulfonylharnstoff behandelten Diabetiker doppelt so häufig am kardiovaskulären Tod verstarben wie die Patienten in der Kontrollgruppe. So bietet sich Metformin wegen seiner verschiedenen Vorteile schon jetzt als idealer Kombinationspartner an, wozu der mögliche antikarzinogene Effekt des Metformins zusätzlich beiträgt.

Gliptine (DPP4-Hemmer)

Sulfonylharnstoffe sind, wie gesagt, Auslaufmodelle, zumal jetzt mit den Gliptinen (DPP4-Hemmer) orale Antidiabetika verfügbar sind, die zwar ebenso wie die Sulfonylharnstoffe insulinotrop wirken, aber den Blutzucker nur dann senken, wenn er erhöht ist. Hypoglykämien unter Gliptin gibt es also nicht. Sitagliptin
z. B. ist schon seit mehr als 12 Jahren im Einsatz und hat seine Vorteile immer wieder bewiesen.

Was gibt es noch für orale Antidiabetika? Zu nennen wäre die Acarbose, die aber wegen der gastrointestinalen Nebenwirkungen eher selten verordnet wird. Das ist eigentlich schade, da die Substanz praktisch keine ernst zu nehmenden Komplikationen aufweist. Acarbose hemmt die Alpha-Glukosidase-Wirkung im Darm und ist besonders gegen die postprandialen Hyperglykämien gut wirksam. Pioglitazon wird leider von den Krankenkassen nicht mehr übernommen, obwohl es sehr gut gegen die Insulinresistenz und sogar gegen die Fettleber wirksam ist.

Gliflozine (SGLT-2-Hemmer)

Eine weitere Gruppe oraler Antidiabetika ist besonders interessant: die sogenannten Gliflozine (SGLT-2-Rezeptor-Hemmer). Die Blutzuckersenkung wird bei diesen Medikamenten durch die massive Glukosurie erreicht. Deren Nebenwirkungen sind gering, wenn man von gelegentlichen Genitalmykosen, vor allem bei Frauen, durch die Glukosurie absieht. Gliflozine wirken aber nicht nur auf die Glukosurie, sondern auch auf die Natriurese im günstigen Sinne, d. h. sie wirken auch gegen eine eventuelle Hypertonie. Am wichtigsten aber sind die kardiovaskulären Vorteile dieser Substanzen. Die EMPA-REG-OUTCOME-Studie hat gezeigt, dass die mit Empagliflozin behandelten Patienten im Vergleich zu den Kontrollen ohne Gliflozin eine zu 38 % geringere kardiovaskuläre Mortalität aufweisen. Auch die Gesamtmortalität war mit einer Reduzierung von 32 % hochsignifikant. Hinzu kommt, dass die Hospitalisierungsrate wegen Herzinsuffizienz eine 35-prozentige Besserung zeigte, ebenso die Folgen der Mikroangiopathie.

Es bietet sich also an, die Kombinationstherapie jetzt und in Zukunft anders zu gestalten. Heute gibt man den Typ-2-Patienten stets Metformin, es sei denn, Kontraindikationen (glomeruläre Filtrationsrate, kurz: GFR unter 30 ml/min/1,73 m²) verbieten es. Erfahrungsgemäß ist dies aber nur sehr selten der Fall – und die beschriebenen Vorzüge des Metformins ermöglichen eine Kombinationstherapie. Hier kommen nun die Gliptine und die Gliflozine zum Einsatz. Man kann Metformin mit Glip-
tin und mit Gliflozin kombinieren. Am stärksten wirksam und sehr zu empfehlen ist die Triple-Therapie, bestehend aus Metformin, Gliflozin und Gliptin. Orale Antidiabetika kommen immer dann zum Einsatz, wenn Ernährungs- und Bewegungstherapie nicht mehr ausreichen. Nach der oralen Therapie folgt die basalunterstützte orale Therapie (BOT), d. h. die Gabe kleiner Insulinmengen unter Beibehaltung der Tablettenbehandlung.

GLP1-Rezeptor-Agonisten

Zu bedenken ist, dass die oralen Antidiabetika in dieser Situation noch immer etwas wirksam sind, aber nicht ausreichend, sodass sich hier zusätzliche kleine Insulingaben anbieten. Dies ist eine Kombinationstherapie, die sich sehr bewährt hat: Metformin plus Gliptine plus Gliflozine und zusätzlich die Gabe von Insulin. Interessant ist auch, dass mit den GLP1-Rezeptor-Agonisten heute Substanzen verfügbar sind, die wie Exenatid, Liraglutid und Semaglutid nicht nur eine Inkretin-induzierte Blutzuckersenkung, sondern vor allem auch eine Appetitminderung und eine deutliche Gewichtsreduzierung bewirken. Diese Substanzen müssen in aller Regel injiziert werden, wobei aber für Semaglutid bei sehr hoher Dosierung jetzt auch die orale Gabe möglich wurde. Zu erwähnen ist auch die von uns beschriebene ISI (Incretin supported Insulin Therapy oder Insulin supported Incretin Therapy), in der sich die Vorteile der Gewichtsreduzierung mit Appetitminderung günstig auf die dann deutlich geringere Insulingabe auswirken.

Insuline

Bei der Kombination von oralen Antidiabetika mit Insulin ist zu erwähnen, dass den Insulinanaloga der Vorzug vor dem NPH-Insulin zu geben ist. So weisen Glargin U100, Insulin Degludec und Glargin U300 deutlich bessere Ergebnisse auf als das NPH-Insulin. Letzteres hat ja ein Wirkungsmaximum und führt dabei nicht selten zu Hypoglykämien und zur Gewichtszunahme. Die Analoga hingegen haben ein flaches Wirkprofil und können sich bei Einmalgabe als sehr vorteilhaft erweisen.

Immer wieder muss man darauf verweisen, dass die moderne Diabetestherapie vor allem eine Kombinationstherapie darstellt. Um es noch einmal hervorzuheben: Die Kombination von Metformin mit Gliptinen und Gliflozinen als Triple-Therapie ist die wichtigste, weil am stärksten wirksame orale Therapie, die es ermöglicht, dass viele Patienten ohne Insulin auskommen. Zu betonen ist aber auch, dass bei ungenügender Wirksamkeit dieser Therapieform natürlich das Insulin zu seinem Recht kommt. BOT und ISI sind, wie erwähnt, dabei besonders hervorzuheben. Bei den Analoga ist neben den langwirksamen Analoga, bei denen vor allem Glargin U300 imponiert, auch an die kurzwirkenden Analoga (Lispro, Aspart, Glulisin) zu denken. Diese können unter Umständen eingesetzt werden, wenn postprandiale Hyperglykämien nicht ausreichend auf die erwähnten oralen Antidiabetika ansprechen.

Die Diabetesbehandlung sollte man medikamentös also immer mit Metformin beginnen, sofern es die GFR, wie beschrieben, zulässt. Wo Metformin nicht ausreicht, um den Blutzucker zu senken, gibt man, wie gesagt, zusätzlich entweder Gliptine oder Gliflozine, wobei zunehmend auch die Triple-Therapie mit allen drei Substanzen (Metformin, Gliptine und Gliflozine) angezeigt ist. Orale Antidiabetika können im Einklang mit der Diät verabreicht werden, bis die körpereigene Insulinsekretion bei den Patienten nicht mehr ausreicht.

Nach der oralen Therapie kommen, wie erwähnt, kleine Insulindosen unter Beibehaltung der oralen Antidiabetika zu ihrem Recht, bevor man dann zur gelegentlichen intensivierten Insulintherapie ohne Tabletten übergehen muss. Gerade bei Typ-2-Patienten mit langer Krankheitsdauer erfordert die Stoffwechselsituation eine intensivierte Therapie. Keinesfalls sollte man bei sehr alten Patienten, die meist aufgrund einer langen Krankheitsdauer kaum noch körpereigenes Insulin produzieren, auf diese intensivierte Insulintherapie wie beim Typ-1-Diabetes verzichten. Die häufig zunächst skeptischen Patienten sind sehr rasch zu überzeugen, wenn die Insulingabe die Probleme der schlechten Diabetes-
einstellung beseitigt.

Bei den Diabetesmedikamenten wurden in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Auf die früher vielfach eingesetzten Sulfonylharnstoffe kann man völlig verzichten, denn diese sind ja bekanntlich nicht ungefährlich, wie die immer wieder berichteten Hypoglykämien, vor allem unter Glibenclamid, gezeigt haben. Auch hat die erwähnte Bannister-Studie deutliche Hinweise auf die kardiovaskuläre Schädigung durch Sulfonylharnstoffe gegeben.

Zu bedenken ist vor allem, dass ältere Patienten, die mit Sulfonylharnstoff behandelt werden, eine um 50 % erhöhte Sturzgefahr haben als anderweitig therapierte Diabetiker.
5,5 % der Patienten müssen sogar stationär behandelt werden, um die Folgen der Stürze womöglich operativ zu behandeln, was die angeblich so günstigen Kosten dieser Arzneimittel wieder beträchtlich erhöht.

All dies zeigt: Kombinationstherapien sind das Gebot der Stunde: Metformin, Gliptine und Gliflozine können unter Umständen als Triple-Therapie eingesetzt beziehungsweise bei der BOT (basal unterstützte orale Therapie) und bei der ISI vorteilhaft verabreicht werden.



Autor:

© Kirchheim
Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert

Forschergruppe Diabetes e.V.
82152 Krailling

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (19) Seite 38-40