In der neuen Weiterbildungsordnung sind anders als in den Vorgängerversionen keine strikten Zeiten und Orte der Weiterbildung mehr vorgeschrieben. Somit ist der Kompetenzerwerb für die Facharztprüfung ab jetzt ambulant oder in der Klinik möglich.

Wie die aktuelle Situation der ärztlichen Weiterbildung in der Dermatologie aussieht und welche Ausführungsempfehlungen es gibt, diskutierten Experten der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen (BVDD) bei der Tagung Dermatologie kompakt & praxisnah. DDG und BVDD setzen sich hier dafür ein, dass die Klinikzeit aufgrund der komplexeren und mitunter auch deutlich fortgeschritteneren Krankheitsbilder nicht fehlen darf.

Kompetenzerwerb steht im Vordergrund

Mit der im November 2018 vom Deutschen Ärztetag verabschiedeten neuen (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) wurde u. a. die mehrjährige Facharztausbildung neu strukturiert. Bis Juli 2021 wurde die WBO von vielen Landesärztekammern in Kraft gesetzt. Zentrales Kernstück der neuen WBO ist der strukturierte Kompetenzerwerb. „Eine kompetenzbasierte Weiterbildung zur Hautärztin oder zum Hautarzt beruht nicht auf Kompetenzen, sondern sie hat zum Ziel, diese zu erreichen“, sagte Prof. Julia Welzel, Generalsekretärin der DDG. Im Vordergrund der Weiterbildung steht nun die Prüfung der erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten im Gegensatz zur bisherigen überwiegend zeit- und zahlenbasierten Weiterbildung, bei der Mindestzeiten und eine vorgegebene Anzahl selbstständig (aber supervidiert) durchgeführter ­medizinischer Prozeduren nachzuweisen waren.

Zwischen Können und Wissen differenzieren

In der neuen WBO wird zwischen kognitiven und Methodenkompetenzen (Kenntnissen) und Handlungskompetenzen (Erfahrungen und Fertigkeiten) unterschieden. „Die Differenzierung in ‚wissen‘ und ‚können‘ sei zunächst einmal sinnvoll. Es stelle sich jedoch die ­Frage, wie Lernziele und Kompetenzen überprüft werden“, ergänzte Welzel. Laut WBO werden die Inhalte mithilfe eines elektronischen Logbuches (eLogbuch) belegt, das der Weiterbildungsassistent oder die -assistentin (WBA) eigenverantwortlich führt. Mindestens einmal jährlich stattfindende Weiterbildungsgespräche mit der oder dem Weiterbildungsbefugten sollen ein regelmäßiges Feedback zum Stand der Weiterbildung ermöglichen.

Weiterbildung könnte komplett ambulant erfolgen

Da es im Kern um das Erreichen der entsprechenden Kompetenzen geht, ist der Ort der Weiterbildung nicht mehr definiert. Die Weiterbildung kann prinzipiell komplett ambulant in Praxen erfolgen. „Eine gute Weiterbildung braucht ein breites Spektrum, aber auch eine Tiefe. Die Klinikzeit sollte aufgrund der komplexeren, selteneren und meist auch fortgeschritteneren Krankheitsbilder nicht fehlen, ebenso wie auch ambulante Weiterbildungszeiten für die häufigen Hautkrankheiten sinnvoll sind“, betonte Welzel.

Hinsichtlich der konkreten ­Inhalte der Weiterbildung konnte die DDG unter der Federführung der Landesärztekammer Niedersachsen zusammen mit dem BVDD einen „Fachlich empfohlenen Weiterbildungsplan“ (FEWP) erarbeiten. „Diese Ausführungsbestimmungen vermitteln der oder dem Weiterbilder und der oder dem WBA ganz konkret, was zu vermitteln ist bzw. was erlernt werden muss“, erläutert Welzel, Direktorin der Augsburger Universitätshautklinik. Sie seien zwar nicht Teil der WBO, hätten aber einen empfehlenden Charakter und könnten zudem in Zukunft auch an neue Anforderungen angepasst werden.

Manche Krankheitsbilder sieht man aber nur in der Klinik

Es gebe Inhalte und Kompetenzen in der Dermatologie, die überwiegend in der stationären Dermatologie verortet sind, ergänzte Professor Dr. med. Michael Hertl, Präsident der DDG. Hier seien insbesondere Notfälle wie Anaphylaxien, ­schwere Autoimmundermatosen, fortgeschrittene und metastasierte Hauttumorerkrankungen und komplexe Operationen zu nennen, die weit überwiegend in Kliniken stattfänden. „Wenn eine Dermatologin oder ein Dermatologe diese Krankheitsbilder in der Facharztweiterbildung nicht kennengelernt hat, kann sie oder er diese Erkrankung dann auch nicht sicher in der täglichen Berufspraxis managen“, so Hertl. Dieses Wissen bringe man in die Ausführungsempfehlungen mit ein und die DDG fordere daher die stationären Weiterbildungszeiten ausdrücklich, damit jede und jeder die gesamte Breite und Tiefe des Faches durchläuft.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (5) Seite 2