Heute weiß man, dass Autoimmunprozesse Ursache der chronischen spontanen Urtikaria (csU) sind, was bei der Diagnostik und der Therapie berücksichtigt werden muss. Einen Überblick dazu gab Prof. Dr. med. Markus Magerl, Charité Berlin, auf der FOBI 2022.

Die Punktprävalenz der csU ist bei Kindern mit 1,43 % fast doppelt so hoch als bei Erwachsenen (0,86 %). Klinisch findet man bei Kindern häufiger Quaddeln als Angioödeme.

Autoimmunität als Ursache

Als Triggerfaktoren gelten Infektionen, Medikamente, Nahrungsmittel und Insektenstiche. Heute weiß man aber, dass diese Trigger lediglich modulierend wirken, so Prof. Magerl. Die eigentliche Ursache der chronischen spontanen Urtikaria sind Autoimmunprozesse. Dabei spielen körpereigene Stoffe, die an das IgE der Mastzellen binden, eine Rolle. Das bekannteste davon ist das TPO. In csU-Patienten konnten dementsprechend hohe Werte an IgE anti-TPO nachgewiesen werden. Außerdem spielen noch IgG anti-IgE und IgG anti-FcεRI eine Rolle, die das IgE auf den Mastzellen quervernetzen und damit die Mastzelle aktivieren.

Insgesamt ist bei Patienten mit csU der größte Teil des IgE das „IgE gegen Selbst“, so Prof. Magerl, was bei gesunden Kontrollpersonen die Ausnahme darstellt.

Mit dem autologen Serum-Hauttest (ASST) entnimmt man Serum des Patienten und spritzt es ihm intrakutan zurück, etwa ein Drittel der Patienten mit csU entwickeln eine Quaddel. Umgekehrt lassen sich nicht bei allen Patienten, die im ASST reagieren, IgG gegen IgE oder FcεRI nachweisen. Außerdem setzt nur ein Teil aus beiden Gruppen im „basophile reactivity test“ auch Histamin frei. Nur bei der Schnittmenge aller drei Kriterien kann man von einer Autoimmun-Urtikaria sprechen.

Merkmale einer Autoimmun-Urtikaria sind:

  1. Niedriges Gesamt-IgE (22 vs. 102 U/ml)
  2. Höhere Krankheitsaktivität
  3. Weitere Autoimmunparameter (z. B. IgG anti-TPO 153 vs. 10 kU/ml)

Diese Merkmale lassen sich auch nutzen als Marker für das Therapieansprechen (vgl. Tabelle 1).

Notwendige Diagnostik

Als Basisdiagnostik werden ein Differenzialblutbild, CRP, Gesamt-IgE und IgG ­anti-TPO empfohlen, mehr nur z. B. bei einer langen oder besonders schweren Erkrankung.

Wichtig ist zudem, die Differenzialdiagnosen auszuschließen. Bei Quaddeln, die über 24 Stunden anhalten, sollte man z. B. an eine Urtikaria-Vaskulitis denken. Bei Beginn im jungen Kindesalter, ­positiver Familienanamnese und Bauchschmerzattacken könnte ein hereditäres Angioödem dahinterstecken.

Therapie

Gemäß Leitlinie sollte man mit einem H1-Antihistaminikum der 2. Generation beginnen. Bei unzureichender Kontrolle nach mehr als vier Wochen kommt zusätzlich Omalizumab zum Einsatz. Der Antikörper gegen IgE hat sich in Studien als außerordentlich gut wirksam erwies. Fall nach sechs Monaten immer noch kein ausreichender Effekt erreicht ist, ist Ciclosporin noch eine Alternative.



Autorin:
Dr. Vera Seifert

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (11) Seite 19