Chronischer Pruritus zehrt erheblich an der Lebensqualität. Durch das ständige Kratzen leidet zudem die Haut. Besteht Hauttrockenheit (Xerosis) gehört die Rückfettung zu den Basismaßnahmen. Darüber hinaus stehen eine Reihe antipruritisch wirkender Substanzen zur Verfügung.

„Chronischer Pruritus ist definiert durch eine Dauer von mindestens sechs Wochen und tritt häufig mit/bei trockener Haut auf“, erklärte Dr. med. Claudia Zeidler, Klinik für Hautkrankheiten am Universitätsklinikum Münster, auf der diesjährigen DERM.

Auswirkungen des Pruritus

Die Patienten haben einen hohen Leidensdruck, durch das Kratzen verursachen sie weitere Hautschäden. Es gibt viele verschiedene Ursachen und Komorbiditäten. So kann man primäre Hautveränderungen sehen wie bei der atopischen Dermatitis (Abb. 1), bei der nahezu 100 % der Patienten ­unter chronischem Pruritus leiden. Durch das Kratzen kommt es dann zu sekundären Kratzveränderungen. Dies kann zu Stigmatisierungen führen, die Lebensqualität dieser Patienten ist sehr eingeschränkt. Das Symptom selbst kann sehr variabel sein in der Dauer, der Qualität, der Ausprägung und dem Verlauf.

Viele Patienten, die schon sehr lange an chronischem Pruritus leiden, haben mit psychischen Konsequenzen zu kämpfen wie Angst und Depressionen.

In einer internationalen Studie aus dem Jahr 2014 (Global Burden of Disease Project) rangierte Pruritus unter den Top 50 der interdisziplinären Erkrankungen und unter den Top 15 der Dermatosen.

Sekundäre Kratzläsionen können bei den Patienten ­umfangreiche Hautschäden verursachen. Typisch ist das sogenannte „Butterfly Sign“, das gekennzeichnet ist durch eine Aussparung der Kratzeffloreszenzen im Rückenbereich, da die Patienten diesen nur schwer erreichen können, um zu kratzen. Außerdem ist die Morphe der Kratzläsionen davon abhängig, wie der Patient kratzt.

Ursachen von Pruritus

Auch Pruritus, dem dieselbe Ursache zugrunde liegt, kann ganz unterschiedliche Erscheinungsbilder haben. Umgekehrt kann auch ein ähnliches Hautbild unterschiedliche Auslöser haben, z. B. nephrogener Pruritus (Abb. 2), Skabies (Abb. 3) oder paraneoplastischer Pruritus bei Lungenkarzinom. Die Anamnese spielt also eine wichtige Rolle.

Ätiologisch lässt sich chronischer Pruritus einteilen in sechs Kategorien nach der internationalen Klassifikation des „International Forum for the Study of Itch“ (vgl. Tabelle 1).

Therapieoptionen

Chronischer Pruritus ist schwierig zu therapieren, weil es kaum zugelassene Therapien gibt und die Versorgungsstruktur bei Patienten mit chronischem Pruritus noch ausbaufähig ist.

Dr. Zeidler sieht im Kompetenzzentrum Chronischer Pruritus in Münster viele Patienten mit Pruritus bei Xerosis. „50 bis 70 % der Patienten mit chronischem Pruritus haben eine Xerosis (als Nebenbefund oder Hauptursache)“, erklärte sie. Als Ursache können der genetische Hintergrund, Umwelteinflüsse, Komorbiditäten (z. B. urämische Xerosis, chronische Prurigo) oder eine physiologische Abnahme der Lipidproduktion mit steigendem Alter eine Rolle spielen. Durch die abnehmende Lipidproduktion kommt es zu einer Schädigung der Hautbarriere und dadurch zu einem Wasserverlust und einer Sensibilisierung der Nerven.

Bei der Therapie des chronischen Pruritus ist natürlich zunächst die Diagnose und Therapie der zugrunde liegenden Erkrankung wichtig sowie eine dermatologische Basistherapie in Form einer Rückfettung. Je nach Hautstatus ist dabei eine unterschiedliche Galenik auszuwählen. So empfiehlt sich bei trockener Haut eine Lipolotio oder Creme und bei sehr trockener Haut eine Salbe. Allgemeine Empfehlungen beinhalten z. B. den Rat, nicht zu heiß zu duschen und trockene Luft zu vermeiden. Beispiele für antipruritisch wirkende Substanzen sind in ­Tabelle 2 aufgeführt.

Daten zu Waid

Was die Substanz Waid angeht, berichtete Frau Dr. Zeidler über eine in Münster durchgeführte Studie. Waid (Isatis tinctoria) stammt aus einer in Westasien heimischen Pflanze und enthält Tryptanthrin, Indol-3-Acetonitril und Alpha-Linolensäure. Im Mausmodell kommt es unter Verwendung von Waid zu einer Verhinderung des Kontaktekzems durch eine Reduktion der Mastzelldegranulation und eine reduzierte Ausschüttung von inflammatorischen Mediatoren (z. B. IL-4). In der erwähnten einarmigen dermatokosmetischen Studie an 52 Patienten mit trockener, irritierter und/oder juckender Haut an Körper und Extremitäten wandten die Teilnehmer über zwei Wochen Waid zweimal täglich an. Darunter reduzierte sich die Kratzintensität um 46,7 %, die durchschnittliche Intensität des Juckreizes auf einer numerischen Skala (NRS) nahm von 3,73 vor der Behandlung auf 2,08 nach der Behandlung ab. Die Patienten gaben zudem eine subjektiv empfundene Besserung des Hautzustandes an, vor allem hinsichtlich einer Abnahme von Rauigkeit, Glanzlosigkeit und Schuppung. Allerdings gab Frau Dr. Zeidler zu bedenken, dass es sich um eine einarmige Studie handelte, sodass weitere kontrollierte Daten erhoben werden sollten.

Als Fazit empfahl Dr. Zeidler, bei Patienten mit chronischem Pruritus immer nach trockener Haut zu fahnden und dann mit dem Patienten eine optimale Hautpflege zu besprechen.



Autorin:
Dr. Vera Seifert

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (12) Seite 10