Einzellige Meeresorganismen werden durch Sonnenschutzmittel offenbar erheblich beeinträchtigt, wie eine aktuelle Studie nachweist. Insbesondere die Wirkstoffe in als umweltfreundlich verkauften Sonnencremes erwiesen sich als gefährlich.

Foraminiferen sind aufgrund ihrer langlebigen Schalen wichtige Leitfossilien für vergangene Erdzeitalter – doch auch für die Gegenwart machen sie bedenkliche Entwicklungen sichtbar.

Die einzelligen Organismen, die überwiegend im Meer leben, ernähren sich von Phytoplankton, also beispielsweise von Algen und Diatomeen. Dadurch spielen sie eine wichtige Rolle beim Transport von Energie in Form von organischer Substanz auf eine höhere trophische Ebene – also entlang der Nahrungskette. Aufgrund der großen Menge an Foraminiferen in den tiefen wie auch flachen Gewässern und deren Aufnahme von Phytoplankton könne davon ausgegangen werden, dass Foraminiferen einen wesentlichen Beitrag zum globalen marinen Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf leisten, erklären die Autoren zunächst die Hintergründe ihrer Untersuchung.

Auswirkungen von Sonnenschutzmitteln

In der Studie spürten die Forscher der Frage nach, welche Auswirkungen künstlich hergestellte Sonnenschutzmittel haben, wie sie in höheren Konzentrationen insbesondere in Strandgebieten und Flussdeltas zu finden sind. Das Forschungsteam konzentrierte sich auf die Foraminiferenart ­Heterostegina depressa, die zu den Großforaminiferen gehört und als fotosynthetische Symbionten Kieselalgen beherbergt, die für ihre Stoffwechselaktivität unerlässlich sind. Die fotosynthetische Leistung dieser Kieselalgen wird maßgeblich von physikalischen und chemischen Parametern und dadurch auch durch Umweltverschmutzung durch den Menschen beeinflusst. Im Detail analysierten die Wissenschaftler mögliche Auswirkungen von auf dem Markt erhältlichen Sonnenschutzmitteln auf die Aktivität der Fotosymbionten auf H. depressa mittels pulsamplitudenmodulierter Fluoreszenzmikroskopie. Dafür wählte das Forschungsteam vier verschiedene Sonnenschutzmittel aus, von denen zwei als „konventionell“ und zwei weitere als „umweltfreundlich“ verkauft werden. Außerdem wurde die Wirkung von reinem Ensulizol getestet, das häufig als UV-Blocker in Sonnenschutzmitteln eingesetzt wird.

Toxische Metall-Nanopartikel

Dabei zeigte sich, dass ­insbesondere der UV-Blocker Ensulizol einen starken negativen Einfluss auf die Fotobionten hatte; zudem beeinträchtigten sogenannte „umweltfreundliche“ Sonnenschutzmittel die Gesundheit von Foraminiferen stärker als konventionelle. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass insbesondere Metall-Nanopartikel wie Titandioxid oder Zinkoxid von umweltfreundlichen Sonnenschutzmitteln diese Wirkung verursachen, schließlich seien diese Stoffe bereits als toxisch für mehrere Mikroorganismen eingestuft worden. Um dies nachzuweisen, seien jedoch weitere Studien erforderlich.


Literatur
Lintner M et al. (2022) Scientific Reports. DOI: 10.1038/s41598-022-06735-1


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (6) Seite 8