Viele Rosaceapatienten zeigen auch eine Augenbeteiligung. Diese kann sehr belastend sein und auch einen schweren Verlauf nehmen, daher sind frühe Diagnose und Therapie wichtig. Diese kann der Dermatologe in der Regel selbst einleiten. In unklaren und schweren Fällen, etwa bei Hornhautkomplika­tionen, ist jedoch eine Überweisung zum Augenarzt ratsam.

„Bis zu 70 % unserer Rosaceapatienten haben auch eine okuläre Rosacea“, betonte Dr. Joana­Cabete, Lissabon, Portugal, beim EADV-Kongress. Ursache sind dieselben Pathomechanismen, die auch die Hautsymptome im Gesicht auslösen: Inflammation, vermehrt auftretende Demodexmilben, veränderte bakterielle Besiedelung, überschießende Immunreaktionen sowie vaskuläre Störungen [1 – 3].
Eine okuläre Rosacea kann in jedem Lebensalter auftreten, unabhängig von der Schwere der Haut­symptome. Ein Inzidenzgipfel liegt bei 40 bis 60 Jahren. Die Augen­symptome kommen bei Männern und Frauen gleichermaßen vor; hellhäutige Menschen scheinen öfter daran zu leiden [1].

Warum die Augensymptome oft übersehen werden

„Die okuläre Rosacea ist häufig; sie wird jedoch oft übersehen, aus mehreren Gründen“, so Cabete. „Zum einen, weil wir als Dermatologen die Patienten nur selten nach Augensymptomen fragen und die Patienten uns nichts davon erzählen. Und zum anderen, weil Ophthalmologen nicht unbedingt auf die begleitenden Hautsymptome achten.“
Zudem können die Symptome am Auge auch schon vor denen an der Gesichtshaut auftreten; laut Cabete trifft dies in jedem fünften Fall zu. Das Thema verdient Beachtung, so die Dermatologin, denn okuläre ­Rosacea beeinträchtigt die Lebensqualität und kann zu Komplikationen führen, die sogar das Augenlicht bedrohen. Bei 5 % der betroffenen Patienten tritt im Krankheitsverlauf eine manifeste Hornhauterkrankung ein [1, 2].

Woran ist die okuläre Rosacea zu erkennen?

„Für uns als Dermatologen ist die okuläre Rosacea in der Regel eine Blickdiagnose, denn die allermeisten Patienten haben zugleich auch Hautsymptome der Rosacea im Gesicht“, so Cabete.
Kardinalsymptome der okulären Rosacea sind Blepharitis (Lidrandentzündung) und eine Störung der Tätigkeit der Meibom-Drüsen. So haben die Patienten oftmals rote, geschwollene, von Teleangiektasien durchzogene Lider (Abb. 1). Und weil das Meibom-Sekret eher zäh und trübe ist, ist auch die Qualität der Tränenflüssigkeit reduziert und die Patienten neigen zu trockenen, schmerzenden, brennenden (oder auch juckenden und tränenden) Augen sowie zu zähen Ablagerungen bis hin zu sogenannten Gersten- und Hagel­körnern (Chalazion, Hordeolum) [1, 2, 4].

Wann sollten die Patienten zum Augenarzt überwiesen werden?

Auch die Bindehaut kann von Teleangiektasien und Hyperämie betroffen sein, denn etliche Patienten entwickeln eine bulbäre Konjunktivitis. Symptome an der Lederhaut (Sklera) sind dagegen seltener. Bedrohlich für das Augenlicht sind insbesondere Hornhautveränderungen. Sie reichen von einer einfachen Entzündung (Keratitis) bis zu Gefäßneubildungen, Infiltrationen, Ulzerationen und Penetrationen [1 – 4]. „Leiden Patienten unter hornhautbezogenen Symptomen, etwa einem starken Fremdkörpergefühl, so sollten wir sie zum Ophthalmologen überweisen“, rät Prof. Dr. Martin Schaller, Dermatologe aus Tübingen, im Gespräch mit DERMAforum.

Achtung – okuläre Rosacea bei Kindern meist ohne begleitende Hautsymptome

Eine Besonderheit ist die pädiatrische okuläre Rosacea: Hier tritt die Augenbeteiligung in 55 % der Fälle vor den fazialen Veränderungen auf. Die Symptome ähneln denen bei Erwachsenen mit Rosacea. „Bei Kindern stehen die Blepharitis und wiederholte Chalazione im Vordergrund“, so Cabete. Besonders wenn bereits eine positive Familienanamnese vorliegt, sollte man bei solchen Krankheitszeichen am Auge hellhörig werden [2].

Therapie bei okulärer Rosacea

„Wenn wir die Symptome der Gesichtshaut behandeln, therapieren wir damit die okuläre Rosacea gleich mit“, so Cabete. „Es gibt jedoch auch darüber hinaus noch einiges zu beachten.“

Basistherapie: Tränenersatz, Lidhygiene

Zu den Basismaßnahmen gehören Lid(rand)hygiene und Befeuchtung: tagsüber künstliche Tränenflüssigkeit, nachts auch Salben oder Gele. Warme Kompressen auf den Augen und anschließende milde Massagen mit den Fingern helfen bei der Verflüssigung und Entleerung des allzu zähen Meibom-Sekrets. „Die Bedeutung dieser Maßnahme müssen wir unseren Patienten erklären“, so die Dermatologin. Genügt warmes Wasser nicht, um den Lidrand zu reinigen, kann laut Cabete ein mildes, neutrales Babyshampoo zu Hilfe genommen werden [1, 5 – 7].

Topische Therapien

Patienten, deren okuläre Rosacea quälende Symptome verursacht, benötigen außerdem topische anti­inflammatorische ­Therapien [6]. Insbesondere Patienten mit Hornhaut- oder Bindehautschädigung, mit Keratitis, Skleritis oder ­Episkleritis können von einer 0,05%igen Cyclosporin-Augenemulsion (2 x täglich) profitieren. Eine Alternative sind Azithromycin-­Augentropfen oder -gele, anfangs 2 – 3 x täglich, nach einigen Tagen nur noch zur Nacht für bis zu vier Wochen. Diese bessern nicht nur die Blepharitis, sondern auch die Funktion der Meibom-Drüsen. Topische Kortikosteroide sind dagegen „schweren Fällen“ mit fortdauernder Entzündung vorbehalten; sie sollen allenfalls kurzzeitig eingesetzt werden, da sonst ein erhöhtes Risiko für Glaukom und Katarakt (grünen und grauen Star) besteht. [2, 5, 7 – 8]

Systemische Therapien

Wird eine systemische Therapie benötigt, so ist eine längerfristige Doxycyclingabe (100 mg 2 x täglich im ersten Monat, danach 1 x täglich) die empfohlene Erstlinientherapie. „Doxycyclin wirkt antientzündlich, antiangiogenetisch, verringert die bakterielle Besiedelung am Augenlid und die Lipaseproduktion durch Staphylokokken und es bessert die Meibom-Sekretion“, nannte Cabete die Wirkmechanismen. „Es wird auch zur Therapie hartnäckiger Rosaceasymptome an der Gesichtshaut eingesetzt; die Mechanismen sind die gleichen wie am Auge.“ In der Zweitlinie werden auch Makrolidantibiotika eingesetzt, bei Kindern unter acht Jahren sind diese die Erstlinienempfehlung [2, 5, 7, 9].

„Bei Patienten, die auch nicht auf systemische Antibiotika respondieren, kann ggf. systemisches Isotretinoin zum Erfolg führen“, so ­Cabete. Es sei jedoch besonders darauf zu achten, dass nur eine niedrige Dosis verordnet wird, um die Meibom-Drüsen nicht noch weiter zu schädigen [5 – 7].

Omega-3-Fettsäuren

Zusätzlich zu den genannten medikamentösen Therapien kann den Patienten eine Substitution von Omega-3-Fettsäuren verordnet werden. Während einer ­Phase der ausgeprägten Meibom-Drüsenentzündung werden 3 – 4 g/d empfohlen, dies kann anschließend auf 2 g/d heruntertitriert werden, die Behandlung sollte mindestens sechs Monate dauern [5].

Lasertherapie und Chirurgie

Eine Lasertherapie mit IPL (­Intense Pulsed Light), PDL (Pulsed Dye ­Laser) oder Nd:Yag-Laser, die bei einigen Patienten zur Therapie der Rosacea der Haut angewendet wird, kann ebenfalls einen Nutzen gegen die Symptome der okulären Rosacea bringen, betonte Cabete. Operationen dagegen sind schwer betroffenen Patienten vorbehalten [2, 5 – 6].

Schauen Sie Ihrem Rosaceapatienten in die Augen!

„Enge Kooperation zwischen Dermatologen und Ophthalmologen ist wichtig, um eine frühzeitige Dia­gnose und Therapie zu ermöglichen“, schloss Cabete. „Wir als Dermatologen sollten aktiv nach okulärer Rosacea suchen und ggf. eine Überweisung zum Ophthalmologen erwägen – diese sollte aber die Behandlung nicht verzögern. Wir kennen die Medikamente und können sie sehr gut selbst einsetzen. Und bereits die Therapie der Gesichtsrosacea per se hilft unseren Patienten mit Augenbeteiligung und bessert ihr Befinden.“


Literatur
[1] Awais M et al., Cutan Ocul Toxicol 2015; 34:161–166.
[2] Vieira AC et al., Arq Bras Oftalmol 2012; 75:363–369.
[3] Alvarenga LS, Mannis MJ, Ocul Surf 2005; 3:41–58.
[4] Vieira AC, Mannis MJ, JAAD 2013;69:S36–41.
[5] Oltz M, Check J, Optometry 2011;82:92–103.
[6] Jabbehdari S et al., Eur J Ophthalmol 2020;1120672120937252.
[7] Schaller M et al., JDDG 2016;14 Suppl 6:17–27.
[8] Kagkelaris KA et al., Ther Adv Ophthalmol 2018;10:2515841418783622.
[9] Gonser LI et al., JEADV 2017;31:1732–1738.


Autorin:
Simone Reisdorf

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (3) Seite 16