Schwere Hauterkrankungen werden heutzutage erfolgreich mit systemmodulierenden oder systemsuppressiven Medikamenten behandelt. Wie mit der Therapie systemisch wirkender Medikamente in der Coronapandemie zu verfahren ist, wurde beim 51. Kongress der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) diskutiert.

Vom Entzündungsmuster und von der Behandlung her betrachtet sind Neurodermitis, Schuppenflechte oder Nesselsucht unterschiedliche Erkrankungen. Sie verbindet aber, dass zu ihrer Behandlung seit einigen Jahren erfolgreich sog. Biologika eingesetzt werden, da diese bei Störungen im Immunsystem Erfolg versprechend sind. Die Aktivierung des Immunsystems spielt auch bei einer Coronainfektion eine Rolle.

Therapieren oder nicht?

Zu Beginn der Pandemie beschäftigten Dermatologen daher mehrere Fragen: Wie wirkt sich eine therapiebedingte Aktivierung des Immunsystems aus, wenn ein Patient sich mit Corona infiziert? Beeinflusst der Einsatz von Biologika einen COVID-19-Verlauf günstig oder eher ungünstig? Kann man eine solche Therapie in Pandemiezeiten beginnen und sollte eine bestehende pausieren? Zugleich mussten die Behandelnden davon ausgehen, dass unbehandelte Patienten mit diesen Erkrankungen sehr wahrscheinlich ein etwas höheres Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben. Die Vermutung lag nahe, dass eine erfolgreich behandelte Hauterkrankung dann womöglich das Risiko für eine schwere Coronainfektion senken könne.

Die Antwort „Therapie weiterführen, um ggf. einen Schutz der Menschen mit Hauterkrankungen vor schweren Verläufen zu erhöhen“ greife jedoch zu kurz, mahnte Prof. Dr. med. Tilo Biedermann, beim Kongress noch Präsident der DDG. Bei Neurodermitis seien bspw. nicht alle Therapien gleich zu bewerten. Medikamente, die gezielt die fehlgesteuerte sog. Typ-2-Immunreaktion reduzieren, hätten einen positiven Effekt gegen die Virusinfektion, erläuterte Biedermann. Im Gegensatz dazu würden die bei schweren Hauterkrankungen eingesetzten, eine Immunantwort umfänglicher inhibierenden Medikamente wie Glukokortikoide, Ciclosporin, Azathioprin oder Methotrexat Nachteile zeigen. Bei diesen Patienten müsse eine individuelle Entscheidung getroffen werden, ob die Therapie beibehalten, umgestellt oder angepasst werden sollte. Jegliche Veränderung sei dabei immer vor dem Hintergrund einer möglichen Verschlechterung der Grunderkrankung und damit einer Gefährdung der Patienten abzuwägen, so Biedermann. Das Beibehalten einer wirksamen Therapie sei immer eine Priorität.

Keine Probleme mit Biologika

Nach einem Jahr habe sich gezeigt, dass die meisten in der Dermatologie eingesetzten Biologika ohne wesentliche Probleme während der Pandemie verabreicht werden konnten. Bei einigen Biologika könne man sogar von Unbedenklichkeit sprechen. Hier sei in erster Linie Omalizumab zu nennen, welches eine Indikation zur Behandlung des allergischen ­Asthma bronchiale und der chronisch-spontanen Urtikaria hat. Die von Omalizumab blockierten IgE-Antikörper scheinen für die Kontrolle des Coronavirus nicht von Bedeutung zu sein, sagte Biedermann. Nach einem Jahr Coronapandemie und den vorliegenden Erfahrungen und Studien sind sich die Dermatologen sicher: Für die allermeisten Patienten hat sich keine oder nur eine geringfügige Beeinflussung der Immunantwort ­gegenüber dem Virus ergeben. Eine wirksame und indizierte Therapie einer Grunderkrankung sollte daher nicht leichtfertig abgesetzt oder pausiert werden und könne in den meisten Fällen auch ohne größere Bedenken beibehalten werden, empfiehlt die Fachgesellschaft.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (6) Seite 7