Viele Menschen, die sich vor der Pandemie eher mit dem unklaren Wunsch nach einem beruflichen Wechsel beschäftigten, haben diesen jetzt vollzogen oder sind gerade auf dem Sprung. Praxisinhaber sollten jetzt aufpassen!

40 % der Arbeitnehmer weltweit geben mittlerweile an, den Arbeitsplatz in naher Zukunft wechseln zu wollen. Für die niedergelassene Praxis wäre ein zusätzlicher Mitarbeiterschwund besonders problematisch. Denn bereits jetzt lässt sich kaum noch adäquater Ersatz finden. Die Folge: immer größere Personallücken, die von anderen Teamkollegen abgedeckt werden müssen. Zusätzliche Überstunden und Unzufriedenheit sind vorprogrammiert, inkl. einer weiteren Personalverschärfung.

Arbeitnehmertypus im Fokus

Eine Studie von McKinsey hat fünf Typen von Mitarbeitern ausgemacht, die unterschiedliche Wünsche und Ansprüche an ihren Arbeitgeber haben. Wer sie berücksichtigt, kann seine Chancen im Kampf um die Mitarbeiter von morgen verbessern und dazu beitragen, das bestehende Team besser zu binden. Und vielleicht sogar Arbeitnehmer zurückgewinnen, die die Praxis gerade verlassen haben.

1. Traditionalisten: Diese Arbeitnehmer sind karriereorientiert. Ihre Work-Life-Balance ist ihnen wichtig. Sie sind aber bereit, gewisse Abstriche zu machen. Traditionalisten scheuen sich eher vor einem Arbeitgeberwechsel. Wenn sie doch einmal ihren Job wechseln, sind sie z. B. für ein Mehr an Gehalt oder eine verantwortungsvollere Position offen dafür, zurückzukehren. Es lohnt sich, „seine“ Traditionalisten zu wertschätzen und aktiv zu binden (Gehaltserhöhung, Karrieresprung). Auch als neue Mitarbeiter sind sie wertvoll, da überdurchschnittlich „arbeitgebertreu“.

2. Selbst ist der Mann/die Frau: An ihrem Arbeitsplatz bevorzugen sie ein hohes Maß an Flexibilität, suchen Sinn in der Arbeit. Meist sind sie zwischen 25 und 45, darunter Selbstständige, aber auch Festangestellte und Personen mit einer Teilzeitbeschäftigung. Viele von ihnen haben sich während der Pandemie aktiv um einen Jobwechsel bemüht. Dieser Personenkreis ist am schwierigsten zu gewinnen, gerade für die Arztpraxis, in der sich flexible Arbeitszeitmodelle bei Weitem nicht so gut umsetzen lassen wie in anderen Branchen (Homeoffice, flexible Arbeitszeitmodelle).

3. Kümmerer: Diese Arbeitnehmer sind im Schnitt eher weiblich und zwischen 18 und 44 Jahre alt. In der Pandemie haben sie eher passiv abgewartet, als sich aktiv um neue berufliche Perspektiven zu kümmern. Ein Großteil wünscht sich ebenfalls mehr Flexibilität bei der Arbeit, kann aber bereits mit Angeboten wie einer 4-Tage-Woche oder zusätzlichen Benefits (z. B. betriebliche Gesundheitsförderung, finanzieller Support bei der Fahrt zur Arbeit) gebunden bzw. gewonnen werden.

4. Idealisten: Hier findet man viele junge Mitarbeiter. Monetäre Aspekte sind ihnen weniger wichtig. Überzeugt werden können sie durch einen aktiv gelebten Teamzusammenhalt, den man z. B. bei der Schaltung von Stellenanzeigen betonen kann, genauso wie vorhandene junge Kollegen.

5. Entspannte: Für sie ist der Karrieregedanke nicht (mehr) besonders wichtig. Einige von ihnen haben sich während der Pandemie dazu entschieden, beruflich kürzerzutreten. Wenn z. B. bewährte Mitarbeiter jetzt plötzlich und aus unklaren Gründen früher in den Ruhestand wechseln wollen: aktiv nachfragen und z. B. eine Teilzeitbeschäftigung in der Praxis anbieten, wenn möglich, bevor sie dem Betrieb komplett verloren gehen.


Quelle
McKinsey, The Great Attrition is making hiring harder. Are you searching the right talent pools? 2022


Autorin:
Sabine Mack

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (11) Seite 11