Dermatologen spielen eine Schlüsselrolle bei der Diagnose von Komorbiditäten bei Psoriasis. Gemäß neuer Daten sollte besonders bei einer hohen Körperoberflächenbeteiligung das Augenmerk auf Gelenkbeschwerden gerichtet werden. Außerdem wurden therapeutische Innovationen auf dem AAD-Kongress vorgestellt, z. B. die Zubereitung aus einer Darmmikrobe.

Bei Patienten mit Psoriasis bringt jedes Prozent mehr an betroffener Körperoberfläche ein um 2 % erhöhtes Risiko für eine Psoriasisarthritis (PsA) mit sich [1]. Zu den anderen Faktoren, die signifikant mit einem höheren PsA-Risiko verbunden sind, gehören z. B. Adipositas und Alkoholkonsum (60 % höhere Wahrscheinlichkeit für eine PsA) und eine frühere Gichtdiagnose, die das Risiko für eine PsA mehr als verdoppelt. Als weitere Risikofaktoren wurden Pharyngitis, früheres oder aktuelles Rauchen, infektiöse Hauterkrankungen sowie Knochen- und Gelenktraumata in der Vorgeschichte identifiziert. Im Hinblick auf die begleitende Einnahme von Medikamenten hat sich gezeigt, dass Statine das PsA-Risiko verringern. Allerdings ist die Frage, ob eine Therapie mit Biologika das Risiko, an PsA zu erkranken, beeinflusst, bis jetzt noch nicht zufriedenstellend geklärt. „Wir brauchen randomisierte, kontrollierte Studien, um diese Frage zu beantworten“, betonte Prof. Joel M. Gelfand aus Philadelphia (Pennsylvania/USA) in seinem Vortrag auf dem Jahrestreffen der American Academy of Dermatology (AAD).

Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Psoriatikern – mehr Prävention ist nötig

Für Patienten mit Psoriasis ist die Bewertung des kardiovaskulären (KV) Risikos obligatorisch. Dennoch wird ein angemessenes Screening auf kardiovaskuläre Risikofaktoren und deren Management von Dermatologen nicht ausreichend durchgeführt. Jedoch stimmte in einer brandneuen Umfrage die Mehrheit der Dermatologen darin überein, dass ein Screening auf kardiovaskuläre Risikofaktoren praktikabel wäre und von den Patienten geschätzt würde. Bei mittelschwerer bis schwerer Erkrankung sollte ein häufiges Screening des kardiometabolischen Status durchgeführt werden. Eine Primärprävention mit einem mittelstarken Statin ist bei einem grenzwertigen atherosklerotischen KV-Erkrankungsrisiko von 5 bis 7,5 % in zehn Jahren diskussionswürdig.

Die Bewertung des Einflusses der Therapie auf das KV-Risiko ist ein wichtiges Thema. Hier lieferten eine Übersichtsarbeit und Metaanalyse interessante Aspekte: Die Fototherapie ist die einzige Behandlung, die das Lipidprofil verbessern kann; lediglich Ustekinumab linderte die vaskuläre Entzündung der Aorta, und Adalimumab war am besten in der Lage, Biomarker für das kardiometabolische Risiko zu senken (z. B. C-reaktives Protein). Daten aus anderen prospektiven Studien haben gezeigt, dass die Biologikatherapie der Psoriasis mit einer Verbesserung von koronaren Plaques und koronarer Entzündung einhergeht.

Psoriasisbehandlung während der Pandemie – ein Grund zur Sorge

Die potenzielle besondere Gefährdung von Patienten mit Psoriasis während der Pandemie war Gegenstand zahlreicher Untersuchungen. In Bezug auf das behandlungsbedingte Risiko zeigten jüngste Daten, dass Patienten mit immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen unter Methotrexat (Odds Ratio: 2,0) oder JAK-Hemmern (Odds Ratio: 1,82) häufiger an COVID-19 erkranken bzw. sterben als solche unter TNF-Blockern, bei denen sich das Risiko verringert. Die Taskforce der National Psoriasis Foundation hat Leitlinien mit über 30 Empfehlungen veröffentlicht. Darunter auch die Empfehlung für eine/einen mRNA-COVID-19-Impfung/Booster. Derzeit gibt es keinen Hinweis auf eine höhere Rate an impfinduzierten Psoriasisschüben als bei anderen Impfstoffen.

Was die Immunantwort auf eine mRNA-Impfung mit 2 Dosen betrifft, wurde keine Verringerung der humoralen Immunität festgestellt, aber im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen war die T-Zell-Antwort bei Personen, die mit Methotrexat, TNF-, IL-17- oder IL-23-Hemmern behandelt wurden, geringer. Für die Therapie von SARS-CoV-2-Infektionen, die nicht im Krankenhaus behandelt werden, gibt es neue Optionen. „Am wichtigsten ist, dass Paxlovid die Behandlung der Wahl bei ambulanten Patienten mit leichtem bis mittelschwerem COVID-19 ist, man muss nur auf die Wechselwirkungen achten“, betonte Gelfand. Alles in allem sind größere und bevölkerungsbezogene Studien mit längerer Dauer nötig, um das Wissen über die Behandlung von Psoriatikern und deren COVID-19-Risiko zu erweitern.

Darmmikrobe als Kombinationspartner?

Das Immunsystem des Dünndarms ist über die mesenterialen Lymphknoten in der sogenannten Darmachse mit dem Rest des Körpers verbunden. So erklärt es sich, dass oral verabreichte Zubereitungen aus Darmmikroben im ganzen Körper antientzündliche Wirkungen entfalten können. Beim AAD-Kongress wurde jetzt die erste Phase-II-Studie mit diesem sogenannten SINTAX-Prinzip, das bei Patienten mit milder bis mittelstarker Psoriasis getestet wurde, vorgestellt [2]. EDP1815 ist ein nicht lebensfähiger Stamm der Mikrobe Prevotella histicola, die nicht systemisch aufgenommen wird und experimentell antiinflammatorisch wirkt.

In der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-II-Studie wurden 249 Teilnehmer mit leichter bis mittelschwerer Psoriasis (PASI-Score zwischen ≥ 6 und ≤ 15) 16 Wochen lang mit 1, 4 oder 10 Kapseln mit EDP1815 oder Placebo behandelt. Daran schloss eine 24-wöchige behandlungsfreie Nachbeobachtungsphase an.

In Woche 16 wurden in allen 3 Gruppen robuste PASI-50-Antworten auf die Mikrobenzubereitung beobachtet: 31,9 % der Teilnehmer, die vier Kapseln einnahmen, ­erreichten ­eine PASI-50-Antwort (p < 0,05 gegenüber Placebo). In der Gruppe mit zehn Kapseln war das Ansprechen schlechter als in der Gruppe mit einer Kapsel, es fehlt also eine Dosis-Wirkungs-Beziehung.

Das Ansprechen blieb bei 18 von 30 Teilnehmern in der 24-wöchigen Nachbehandlungsphase erhalten, und bei 9 von 20 Teilnehmern verbesserte es sich nach der Behandlung sogar: Sie erreichten am Ende des Nachbeobachtungszeitraums ein PASI-75-Ansprechen oder mehr.

Interessant ist die Mikrobe aufgrund ihrer guten Verträglichkeit im Placebobereich: Es wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse beobachtet. Auch gastrointestinale Symptome oder Infektionen unterschieden sich nicht von Placebo. Dr. Douglas Maslin aus Boston (Massachusetts/USA) kam zu dem Schluss, dass EDP1815 das Potenzial hat, eine Basisbehandlung bei Psoriasis in allen Stadien zu werden. „Meiner Meinung nach kann das Behandlungsergebnis eine gewisse Langlebigkeit aufweisen, da auch die T-regulatorischen Zellen von EDP1815 beeinflusst werden“, sagte Maslin.
In der anschließenden ­Diskussion betonte Prof. Antony Blauvelt aus Portland (Oregon/USA), dass SINTAX-Medikamente trotz ihrer geringeren Wirkstärke in Zukunft eine Rolle bei der Psoriasisbehandlung spielen könnten, z. B. in Kombination mit Biologika.

Neue Entwicklungen bei der topischen Therapie

„Die meisten Patienten mit Psoriasis haben eine leichte Erkrankung, die lokal behandelt werden kann“, sagte Prof. April Armstrong aus Los Angeles (Kalifornien/USA) [3]. Nach ihren Ausführungen sind Tapinarof und Roflumilast die aussichtsreichsten Kandidaten in der Pipeline. Das kleine Molekül Tapinarof ist ein Modulator des Arylkohlenwasserstoffrezeptors, der für die Homöostase der Haut wichtig ist. Es senkt TH17-Zytokine und oxidativen Stress und normalisiert die Hautbarriere. In den 2 Phase-III-Studien PSOARING 1 und 2 erreichten 35,4 % bzw. 40,2 % der Patienten, die einmal täglich mit der 1%igen Tapinarof-Creme behandelt wurden, in Woche 12 eine vollständig oder fast vollständig abgeheilte Haut nach Beurteilung des Prüfarztes [4]. Roflumilast ist wie Apremilast ein PDE-4-Hemmer, der Wirkstoff ist jedoch viel potenter.

Ähnlich wie bei atopischer Dermatitis wird jetzt auch bei Psoriasis eine proaktive Behandlung empfohlen. „Früher haben wir reaktiv behandelt, bis die Patienten wieder frei von Läsionen waren, dann haben wir damit aufgehört und weiterbehandelt, wenn Symptome auftraten“, erklärte Armstrong. Bei Psoriasis gibt es jedoch typischerweise Regionen, die bei jedem Schub betroffen sind. „Behandeln Sie diese Bereiche zweimal wöchentlich, da damit ein Aufflammen verhindert werden kann“, empfahl Armstrong. Die Wirksamkeit einer proaktiven Behandlung wurde in der PSO-LONG-Studie dokumentiert. In dieser Studie zeigte die proaktive Langzeitbehandlung mit einem Schaum aus Calcipotriol 50 µg/g und Betamethasondipropionat 0,5 mg/g eine überlegene Wirksamkeit: Patienten in der proaktiven Gruppe konnten über 1 Jahr zusätzlich von 41 Tagen Remission im Vergleich zur reaktiven Gruppe profitieren (p < 0,001) [5].

Genehmigter und bearbeiteter Nachdruck aus Schweizer Zeitschrift für Dermatologie und ästhetische Medizin 3/2022.


Literatur
1. Gelfand JM: New Developments in Psoriasis Comorbidity and COVID-19. AAD 2022, S016.
2. Maslin D: A phase 2 study investigating the effect of EDP1815, an orally-delivered, anti-inflammatory, gut-restricted commensal microbe in the treatment of mild and moderate plaque psoriasis. AAD 2022, S026.
3. Armstrong A: New Developments in Psoriasis Comorbidity and COVID-19. AAD 2022, S016.
4. Lebwohl M et al.: Phase 3 Trials of Tapinarof Cream for Plaque Psoriasis. N Engl J Med. 2021;385(24):2219–2229.
5. Lebwohl M et al.: Twice-weekly topical calcipotriene/betamethasone dipropionate foam as proactive management of plaque psoriasis increases time in remission and is well tolerated over 52 weeks (PSO-LONG trial). J Am Acad Dermatol. 2021;84(5):1269–1277.


Autorin:
Susanne Kammerer

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (12) Seite 16