Auch heute noch erhalten Psoriasispatienten von ihren Ärzten die Auskunft, das könne man nicht behandeln, außer guter Körperhygiene sei da nichts zu machen. Dabei stehen inzwischen eine ganze Reihe guter Therapieoptionen zur Verfügung. Wann ist eine Systemtherapie zu empfehlen und wenn ja mit welchen Substanzen?

Die Psoriasis sei keineswegs eine rein kosmetische Störung, sondern könne die Lebensqualität der Betroffenen körperlich und psychisch massiv beeinflussen, erklärte Prof. Dr. med. Michael Sticherling, Universität Erlangen-Nürnberg bei einem Online-Seminar des Deutschen Psoriasis Bunds e. V. (DPB).

80 % aller Fälle von Psoriasis lassen sich der Plaque-Psoriasis oder Psoriasis vulgaris zuordnen. 20 % betreffen die Psoriasis pustulosa, die sich u. a. als Psoriasis palmoplantaris äußert. 2 % aller Psoriatiker haben die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP).

Auf Komorbiditäten achten!

Das Entzündungsgeschehen, das bei der Psoriasis abläuft, beschränkt sich nicht allein auf die Haut, sondern kann den gesamten Körper betreffen. Begleiterkrankungen sollten unbedingt erfasst werden, weil u. a. davon die Entscheidung zu einer Systemtherapie abhängt. Zu nennen wären die Psoriasis-Arthritis, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom, chronisch-entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen und Suchterkrankungen (Nikotin-, Alkoholsucht).

Entscheidungskriterien für eine Systemtherapie

Aber nicht nur das Vorhandensein von Begleiterkrankungen ist ein wichtiges Kriterium für den Schwere­grad einer Psoriasis. Ein weiterer Faktor ist das Ausmaß der betroffenen Körperoberfläche. Um dies bestimmen zu können, kann man sich der Eine-Hand-Regel bedienen, wonach die Handfläche (inklusive Fingern) des eigenen Körpers etwa 1 % der Körperoberfläche entspricht. Sind mehr als 10 % der Körperoberfläche betroffen, spricht auch dies für eine Systemtherapie. Body Surface Area (BSA) wird dieser Parameter genannt.

Des Weiteren gibt es bekanntlich den PASI-Score (Psoriasis Area and Severity Index), in den Rötung, Erhabenheit, Schuppung und Fläche eingehen. Der Score reicht von 0 (keine Psoriasis) bis 72 (höchster Wert).

Ein weiteres Kriterium sind die sogenannten „Patient related outcomes“ (PRO), in die die Selbsteinschätzung der Patienten mithilfe bestimmter Instrumente eingeht, was die Symptome der Psoriasis, z. B. Juckreiz, angeht. Zur Verfügung stehen z. B.

  • DLQI (Dermatology Life ­Quality Index),
  • Patient Benefit Index (PBI)
  • Short Form 36 Fragen (SF-36)
  • EQ-5D (EuroQol-Arbeitsgruppe, umfasst fünf Komponenten oder Dimensionen: Mobilität, körperliche Beschwerden und Schmerzen, die Fähigkeit zur Selbstversorgung, die Beeinflussung alltäglicher Tätigkeiten sowie Angst und Niedergeschlagenheit.

Beurteilung des Schweregrads

In der S3-Leitlinie wird die mittelschwere bis schwere Psoriasis, bei der eine Systemtherapie zum ­Einsatz kommen sollte, definiert ab ­einem PASI > 10 oder BSA > 10 und DLQI > 10.

Allerdings können auch geringe Ausprägungen der Psoriasis die Lebensqualität stark beeinträchtigen und dann eine Systemtherapie erfordern. Die Einschätzung des Schweregrads hängt außerdem von persönlichen Faktoren (z. B. Beruf), Lokalisation, dem Ansprechen auf die Therapie, der Rezidivfreudigkeit und der Häufigkeit von stationären Aufnahmen ab.

Zwei Drittel aller Patienten mit Psoriasis haben eine leichte Form, ein Drittel eine mittelschwere bis schwere. Zwei Drittel der Patienten haben lebenslang immer wieder Schübe. Auch diese Patienten benötigen in der Regel eine Systemtherapie.

Therapie

Die Therapieoptionen auf dem Gebiet der Psoriasis haben sich seit Einführung der UV-Lichttherapie im Jahr 1915 deutlich weiterentwickelt (Tabelle 1).

Die moderne Psoriasistherapie umfasst drei Säulen (Tabelle 2: äußerliche Therapie, Systemtherapie und Fototherapie.). Wichtig: Die deutsche S3-Leitlinie gilt nur für Patienten über 18 Jahre, nur für die Plaque-Psoriasis und nur für die Induktionstherapie (bis maximal 12 Monate), nicht für die langfristige Therapie.

Systemtherapie

Für viele Psoriasispatienten ist eine Systemtherapie nicht notwendig. Für die, bei denen es indiziert ist, sollte man aber keine Scheu haben, diese Substanzen zu verordnen.
Zum einen haben wir die klassischen Systemtherapeutika wie Methotrexat, Fumarate und Ciclosporin, die sogenannten Small Molecular Antagonists wie Apremilast, die „alten“ Biologika (TNF-alpha-Blocker), die „neuen“ Biologika (z. B. IL-23- und IL-17-Blocker) und die Biosimilars (für ­Adalimumab, Etanecept, Infliximab).

Ein kurzer Überblick über die Zielbotenstoffe (Zytokine), die zentral sind für das Entzündungsgeschehen bei der Psoriasis, mit den dazugehörigen dort angreifenden Blockern:

  1. TNF: Adalimumab, Etanercept, Infliximab
  2. IL-23: Ustekinumab (IL-12 und IL-23), Guselkumab, Risankizumab, Tildrakizumab
  3. IL-17: Secukinumab, Ixekizu­mab, Brodalumab

Fumarsäureester

Zu den Fumarsäureestern, die schon ca. 30 Jahre auf dem Markt sind, gehören Fumaderm® und Skilarence®. Sie wirken immunmodulierend und hemmen die Aktivität immunkompetenter Zellen sowie die Bildung und Aussendung von Zytokinen. Sie werden eingesetzt bei der mittelschweren und schweren Psoriasis. Potenziell unerwünschte Wirkungen sind die Beeinträchtigung von Blutbild (Laborwertkontrollen erforderlich!) und Darmtätigkeit sowie Gesichtsrötungen. Da es diese Substanzen schon so lange gibt, existieren gute Daten zur langfristigen Wirksamkeit und Verträglichkeit.

Methotrexat

Methotrexat (z. B. Lantarel®, ­Metex®) ist ein Immunsuppressivum, das entzündungshemmend wirkt und bei schweren Formen der Psoriasis bzw. bei Patienten mit Psoriasisarthritis zum Einsatz kommt. Wegen seines relativ breiten Wirkungsspektrums kommen unerwünschte Wirkungen relativ häufig vor, z. B. Hepatotoxizität und eine verminderte Produktion vieler Blutzellen (Laborkontrollen!). Es steht als Tablette und für parenterale Applikationsformen (subkutan und i. v.) zur Verfügung.

Ciclosporin

Ciclosporin (z. B. Sandimmun®, Immunosporin®) sollte nicht länger als sechs Monate angewendet werden, weil es zu Bluthochdruck führen und die Nieren schädigen kann. Der Vorteil: Die Patienten sprechen sehr schnell darauf an, daher kann es bei einer schweren, plötzlich aufgetretenen Schuppenflechte gute Dienste leisten, um dann auf ein länger anwendbares Präparat umzusteigen. Ciclosporin darf nicht mit der Fototherapie kombiniert werden.

Acitretin

Acitretin (z. B. Neotigason®) ist ein Retinoid/Vitamin-A-Abkömmling, indiziert für schwere Formen der Psoriasis und sehr gut anwendbar bei der pustulösen Psoriasis. Wegen seiner fruchtschädigenden Wirkung müssen Frauen während der Anwendung unbedingt auf eine Kontrazeption achten.

Apremilast

Dieses entzündungshemmende Medikament ist ein modernes Systemtherapeutikum, das als Tablette eingenommen wird (Otezla®), und kommt als Second-Line-Therapeutikum zum Einsatz bei schweren Formen der Psoriasis. Es ist gut verträglich, mögliche unerwünschte Wirkungen sind Bauchschmerzen und Depressionen.

Biologika

Viele Patienten kommen mit den konventionellen Systemtherapeutika gut zurecht, sodass sie nach wie vor ihre Berechtigung haben. Allerdings zeichnen sich statistisch gesehen die neuen Biologika durch eine deutlich bessere Wirksamkeit aus. Mit den bisher erwähnten Medikamenten lässt sich ein PASI 75 (Besserung des Ausgangs-PASI um 75 %) nach 16 bis 24 Wochen bei ca. 50 % der Patienten erreichen. Mit den Biologika wird dagegen ein PASI 90 nach 16 bis 24 Wochen bei 60 – 80 % der Patienten erreicht.

Bei den Biologika handelt es sich um monoklonale Antikörper. ­Ihre Vorteile: Sie wirken schnell, sie sind gut verträglich und sie haben wenig Wechselwirkungen. Die Nachteile: Sie sind mit Jahrestherapiekosten von ca. 20.000 Euro sehr teuer, die älteren Substanzen (TNF-alpha-Blocker) erhöhen die Infektanfälligkeit und die bisherige Erfahrung mit diesen Substanzen erstreckt sich erst auf ca. 10 bis 20 Jahre.

Bislang stehen 14 Biologika für die Therapie der Psoriasis zur Verfügung, so Sticherling (Stand: 20.07.2021). Man hat also die Qual der Wahl. Welches Medikament ist für welchen Patienten am besten geeignet? Für diese Entscheidung sollten verschiedene Faktoren wie Effektivität und Sicherheit, aber auch der Aufwand bei der Applikation (Abstände, Verabreichungsart) und die individuelle Zufriedenheit des Patienten mit der Therapie berücksichtigt werden.

Brauchen wir wirklich so viele Substanzen? Prof. Sticherling bejaht diese Frage. Man kann auf dieser Klaviatur spielen, um für jeden Patienten das individuell Passendste zu finden, so sein Rat. Nicht jeder Dermatologe braucht jedes Medikament zu kennen. Es reicht, wenn er mit einigen der Substanzen Erfahrungen
sammelt.

Was Biosimilars bringen, werden die nächsten Jahre zeigen. Sie sind jedenfalls deutlich günstiger. Die Jahrestherapiekosten liegen nicht bei 20.000, sondern nur noch bei 12.000 Euro.



Autorin:
Dr. Vera Seifert

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (12) Seite 21