Um Hautsymptome auf den ersten Blick einordnen zu können, sollte man sich zunächst fragen: Ist es infektiös oder nicht und welche Leiteffloreszenzen bestehen? Der Berliner Hautarzt und Internist Dr. med. Viktor Czaika präsentierte auf dem Allgemeinmedizin Refresher Frankfurt des Forums für Medizinische Fortbildung (FOMF) lehrreiche Kasuistiken häufiger Hauterkrankungen.

1. Fall: Furunkel mit kritischer Lage

Bei einem solchen Befund (Abb. 1) sollten sämtliche Alarmglocken klingeln. Der Patient muss eigentlich stationär überwacht werden. Denn er darf auf keinen Fallan diesem Furunkel herumdrücken. In diesem Fall platzte er zum Glück von selbst nach außen auf (Abb. 2). Es ist aber auch möglich, dass er sich nach innen öffnet und sich der Eiter dann über die Vena angularis entleert, so in den Sinus cavernosus gelangt und schlimmstenfalls eine Sinus-cavernosus-Thrombose bewirkt. Ganz klar ein dermatologischer Notfall.

2. Fall: Insektenstiche nach der Reise

Eine 23-jährige Studentin ist bei einer Reise durch Vietnam mit dem Moped gestürzt und hatte sich den Fuß verstaucht. Drei Tage später bemerkte sie Hauterscheinungen an den Extremitäten, die auch unter antibiotischer Behandlung nicht verschwanden (Abb. 3). Differenzialdiagnostisch kommen hier u.a. Insektenstiche, eine multilokuläre Leishmaniose, eine Pilzinfektion oder eine Pyodermie infrage.

Letztlich stellte sich heraus, dass es sich um ein Gemisch aus eigentlich altbekannten Bakterien (Staphylococcus aureus, Streptococcus pyogenes, Enterobacter cloacae und Pseudomonas aeruginosa) handelte, die aber in solch feucht-warmen Ländern deutlich aggressiver sein können. Diagnose: Reise-Pyodermie. Daher sollte man in einem solchen Fall immer breit antibiotisch behandeln. Dr. Czaika rät zu einer Kombination aus einer systemischen Therapie mit Clindamycin und Ciprofloxacin sowie einer Lokalbehandlung mit Fusidinsäure.

3. Fall: Knallrotes Bein

Das klassische Erysipel, hervorgerufen durch Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus (Abb. 4a), muss abgegrenzt werden von einer gramnegativen Infektion durch Pseudomonas aeruginosa (Abb. 4b), vgl. Tabelle 1. Was den Einsatz von Antibiotika angeht, plädierte Dr. Czaika für eine breitere Herangehensweise, da oft Mischinfektionen vorliegen, z.B. mit Moxifloxacin, das wirksam ist gegen grampositive Kokken (80%) sowie gegen gramnegative Stäbchen und Anaerobier.

4. Fall: Großflächige rundliche Rötung

Die Patientin stellt sich im Frühsommer vor mit einer großflächigen Rötung im Bereich der Rückseite des rechten Oberschenkels (Abb. 5). Aufgrund der Klinik kommen infrage:

  1. Verbrühung/Verbrennung
  2. Erythema chronicum migrans
  3. Erysipel
  4. Wespenstich – Wespengiftallergie
  5. Toxisches Kontaktekzem

In diesem Fall handelte es sich um ein Erythema chronicum migrans nach Zeckenstich. Ist die Zecke noch auffindbar, muss sie entfernt werden. Dabei gilt aber: nicht drehen, nicht quetschen, sondern durch sanften, gleichmäßigen Zug mit der Pinzette herausziehen, ohne das Spinnentier unnötig zu ärgern. Bekanntlich neigt eine Zecke unter Stress dazu, ihren Darminhalt und damit eventuell auch Erreger in die Wunde zu erbrechen. Die Therapie der Wahl bei V.a. Borreliose ist immer noch das Doxycyclin (2-mal 100 mg) über 14 bis 21 Tage. Die Serologie sollte man nach einer Woche, dann nach sechs Wochen und nochmals nach 6 Monaten kontrollieren, um aus der Dynamik Schlüsse ziehen zu können.

5. Fall: Handelsreisender mit Exanthem

Der 53-Jährige war in Russland unterwegs und entwickelte dort ein unklares Exanthem im Stammbereich (Abb. 6a), schmerzlose Lymphknotenschwellungen und einen Leistungsknick. Im Labor fielen unspezifisch erhöhte Leberwerte und im Sonogramm eine Hepatosplenomegalie auf. Zunächst vermutete man eine Arzneimittelreaktion, allerdings hatte der Mann gar keine Medikamente eingenommen. Die braunroten Effloreszenzen waren auch palmoplantar zu erkennen (Abb. 6 b). Dies war ein wichtiger Hinweis, so dass letztlich die Diagnose Syphilis im Stadium II (Frühsyphilis) gestellt werden konnte. Die Frühsyphilis kann sich bis zu zwei Jahre nach der Infektion ausbilden. In diesem Fall lagen ein makulopapulöses Syphilid und eine Begleithepatitis vor. Im Vergleich dazu zeigt Abb. 7 das Bild einer Syphilis I: einen "Glockenschwengelpenis" oder Ulcus durum – ein recht hartes schmerzfreies Ulkus, auch "harter Schanker" genannt. Die Standardtherapie bei einer Lues-Infektion besteht aus Injektion von Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. einmalig bei Frühsyphilis oder 3-mal im wöchentlichen Abstand bei einer Spätsyphilis, oder alternativ Doxycyclin 2 x 100mg/d p.o. über 14 bzw. 28 Tage oder Erythromycin 4 x 500mg/d p.o. über 14 bzw. 28 Tage.

6. Fall: Bankkauffrau mit Masern?

Die 34-jährige Frau stellte sich vor mit einem intensiven morbilliformen Exanthem (Abb. 8), das aufgetreten war im Rahmen einer Erkältung mit ausgeprägter Halslymphknotenschwellung unter Antibiotikatherapie. Es handelte sich um ein klassisches Ampicillinexanthem, eine Sonderform des toxischen Arzneimittelexanthems, das obligatorisch nach Gabe von Ampicillin bei gleichzeitig bestehender oder gerade abgelaufener infektiöser Mononukleose auftritt. Mit einem Steroid und einem Antihistaminikum lässt es sich gut behandeln. Wichtig: Es handelt sich dabei NICHT um eine Penicillinallergie.

Natürlich gibt es auch vereinzelt noch Masernfälle bei Erwachsenen (Abb. 9a). Typisch istein braun-rot-fleckiges Exanthem am ganzen Körper mit palmoplantarer Beteiligung. Bei Masern bestehen insbesondere bei Erwachsenen zudem hohes Fieber und ein reduzierter Allgemeinzustand. Es besteht außerdem die Gefahr einer Pneumonie, Otitis media oder Panenzephalitis. Pathognomonisch für Masern sind neben dem charakteristischen Exanthem die sogenannten Koplikschen Flecken – weißliche Veränderungen im Bereich des harten Gaumens (Abb. 9b).

7. Fall: Herpes labialis

Die ausgeprägten Herpesbläschen in loco typico (Abb. 10) entsprechen der Zweitmanifestation des Herpes-simplex-Virus (HSV), meist ausgelöst durch UV-Bestrahlung ("Gletscherbläschen") oder Infekte ("Fieberbläschen"). Differenzialdiagnostisch muss man auch an eine Impetigo oder ein Kontaktekzem denken.

Ein 18-jähriger Abiturient stellte sich vor mit einer Bläschen-Eruption in Gesicht und Dekolleté. Hierbei handelt es sich um ein Eczema herpeticatum (Abb. 11), die Maximalvariante einer Herpesinfektion. Die Gefahr: Wenn man hier systemisch mit Kortison behandelt, kann es sein, dass das Virus ungebremst über die Fila olfactoria in das Gehirn eindringen kann und eine Herpes-Enzephalitis hervorruft. Diese Erkrankung muss auf jeden Fall stationär behandelt werden mit Aciclovir i.v. 3 x 5 bis 10 mg/kg KG über fünf bis sieben (maximal zehn) Tage.

Den Herpes simplex multilocularis oder recidivans sollte man ebenfalls systemisch behandeln, z.B. mit Aciclovir 5 x 200 mg über 5 Tage, immer bei Beginn des Schubs. Damit kann man erreichen, dass die Schübe kürzer und seltener werden.

8. Fall: Heubnersche Sternenkarte

Bei der sogenannten Heubnerschen Sternenkarte (Abb. 12a) findet man mehrere Arten von Effloreszenzen (Maculae, Papeln, Vesikel, Krusten) nebeneinander, ein typischer Befund ist der sogenannte "Tautropfen auf einem Rosenblatt" (Abb. 12b) – es handelt sich um die Primärinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), kurz um die Varizellen (Synonym: Windpocken). Die meisten Menschen in Deutschland haben Windpocken in der Kindheit durchgemacht, oft auch inapparent. Dennoch gibt es Erkrankungen im Erwachsenenalter, die dann meist deutlich schwerer ausgeprägt sind mit massiver Verschlechterung des AZ, manchmal auch mit Komplikationen wie Pyodermien, Otitis media oder Pneumonie. Die STIKO empfiehlt daher die Vierfachimpfung zusammen mit Masern, Mumps und Röteln im Alter von 11 bis 14 sowie 15 bis 23 Monaten.

Die Zweitmanifestation des Varizella-zoster-Virus ist die Gürtelrose. Leitsymptome sind gruppierte Bläschen im Dermatom, Halbseitigkeit und lanzinierende Schmerzen. Cave: Beim Zoster im Bereich C3 liegt oft auch ein Zoster oticus vor (Abb. 13), in diesem Fall droht eine Fazialisparese. Klinisch imponiert dabei die Trias aus:

  1. Schmerzen und Bläschen im äußeren Gehörgang
  2. Verlust des Geschmackssinns der vorderen zwei Zungendrittel
  3. Ipsilaterale periphere Fazialisparese

Die Therapie eines Herpes zoster besteht aus der antiviralen Behandlung mit Aciclovir p.o. oder i.v. oder Brivudin p.o. sowie einer analgetischen Stufentherapie mit Ibuprofen, zusätzlich mit Pregabalin oder Gabapentin und ggf. zusätzlich mit Opiaten. Lokal empfiehlt sich Franzbranntwein. Wichtig ist es, so effektiv zu behandeln, dass die Schmerzen verschwinden, ansonsten droht eine Postzosterneuralgie. Gegen den Juckreiz kann man Antihistaminika wie z.B. Cetirizin oder Levocetirizin empfehlen, gerade bei älteren Menschen ist auch ein Versuch mit Gabapentin oder Pregabalin gerechtfertigt. Lokal helfen Zinkzubereitungen.

Die Impfung mit dem Totimpfstoff Shingrix® wird empfohlen ab 60 Jahren und hat eine hohe Schutzwirkung von 95 %.

9. Fall: Warzen

Warzen sind weit verbreitete, durch humane Papillomviren erregte Akanthome (gutartige Neubildungen) der Haut, hervorgerufen durch HPV 1 bis 4. Sie können exophytisch (Verrucae vulgares) und endophytisch (Verrucae plantares) wachsen (Abb. 14). Therapeutisch empfiehlt Dr. Czaika eine Therapie mit Salicylsäure plus 5-Fluoruracil bei geringer Ausprägung, eine zusätzliche Kürettage bzw. Exkochleation bei mäßiger oder stärkerer Ausprägung.

10. Fall: Leishmaniose

Ein 54-jähriger Patient stellt sich nach einem Arbeitsaufenthalt in Spanien mit geschwürigen Veränderungen am Arm vor (Abb. 15). Der Befund war seit acht Wochen progredient. Auch hier handelt es sich um eine Blickdiagnose: Kutane Leishmaniose. Leishmanien sind Protozoen, die hauptsächlich in Mittel- und Südamerika (L. mexicana- bzw. viannia-Komplex), in Afrika sowie im Nahen Osten und im Mittelmeerraum (L. tropica) vorkommen. Über die Sandmücke gelangen sie in den Körper und machen dann in der Haut einen halben Entwicklungszyklus durch. Bei der Therapie muss man zwischen den verschiedenen Leishmanien-Arten unterscheiden. Bei der häufigsten L. tropica (typisches "Urlaubsmitbringsel") ist eine Spontanheilung möglich, ansonsten genügt eine topische Therapie (z. B. Natriumstibogluconat intraläsional 1:3 mit Scandicain®oder Paromomycin 15 – 30 % oder Ketoconazol, Itraconazol oder Allopurinol. Gefährlich ist die viszerale Leishmaniose, die auch als "schwarzer Tod" (Kala Azar) bezeichnet wird, eine Systemerkrankung mit Fieber, Schwäche, Graufärbung der Haut, die nach 1 bis 2 Jahren unbehandelt tödlich endet. Therapeutisch werden liposomales Amphotericin B und Antimonpräparate empfohlen.

11. Bullöses Pemphigoid

Diese Erkrankung findet man hauptsächlich bei älteren Menschen über 70 Jahre. Sie wird ausgelöst durch Antikörper gegen hemidesmosomale Strukturen im Bereich der Basalmembran und äußert sich in Form von Spannungsblasen auf teils lange vorbestehenden prämonitorischen ekzemähnlichen Läsionen (Abb. 16). Das Problem: Die urtikariell-ekzematös anmutenden Läsionen können den Blasen um Jahre vorausgehen. Daher wird die Diagnose oft verzögert gestellt. Wegweisend sind Antikörperserologie und Biopsie. Die Therapie besteht aus systemischen Steroiden (Prednisolon 0,5 bis 1,0 mg/kg KG). Langfristig können Azathioprin, Dapson oder MTX versucht werden.

Wichtig für die Sprechstunde
  • Bei einem Erythema chronicum migrans (V.a. Borreliose) ist immer noch Doxycyclin die erste Wahl.
  • Bei einem morbilliformen Exanthem sollte man u.a. auch an ein Arzneimittelexanthem nach Ampicillin denken.
  • Cave: Keine Kortisontherapie bei Eczema herpeticatum!



Autorin
Dr. Vera Seifert



Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (6) Seite 14-18