In wenigen Wochen wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Im Vorfeld der Wahl hat der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa) von den Parteien ein eindeutiges Bekenntnis zur ärztlichen Freiberuflichkeit gefordert und ein 10-Punkte-Programm unter dem Titel „Facharzt 2025“ formuliert.

Der SpiFa unterstreicht in seinem neuen Programm zwei Faktoren, die das deutsche Gesundheitssystem zu einem der Weltspitzenreiter macht: zum einen die Philosophie des freien Berufes und zum anderen die hohe Verfügbarkeit fachärztlicher Medizin in Klinik und Praxis. „Um diese Leistungsfähigkeit auch in den nächsten Jahren erhalten und ausbauen zu können, ist es aus Sicht des SpiFa dringend notwendig, Veränderungsprozesse anzustoßen“, so Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzender des SpiFa.

Diagnostische und therapeutische Freiheit erhalten

„Der SpiFa steht für den freien Beruf Arzt und die freiberufliche ärztliche Tätigkeit“, heißt es gleich zu Beginn des Grundsatzprogramms. Fachärztinnen und Fachärzte in Klinik und Praxis würden das Patientenwohl über das politische Interesse einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik stellen. Die Strukturvielfalt in der medizinischen Versorgung in Deutschland sei Garant für Qualität und Effizienz. Das habe sich auch in Krisenzeiten bewährt. Wichtig sei dabei die fachärztliche Kompetenz, unabhängig davon, wo und in welcher organisatorischen Struktur sie wirke. Und dafür sei die diagnostische und therapeutische Freiheit von Fachärzten unabdingbar notwendig.

Gerade die zunehmende Ambulantisierung der fachärztlichen Medizin mache es notwendig, zu hinterfragen, ob alle medizinischen Leistungen einförmig im Kollektivvertrag abgebildet werden müssen oder ob es nicht neben der im Kollektivvertrag gemeinsam von Haus- und Fachärzten getragenen Primärversorgung einer zunehmenden wettbewerblich orientierten intersektoralen Vertragssituation bedürfe. Kollektivverträge würden nur einen begrenzten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen abdecken. Dieser stelle aber nur eine Teilmenge der wissenschaftlich gesicherten und medizinisch sinnvollen Leistungen dar, moniert der SpiFa. Dies erzwinge geradezu vom Kollektivvertrag unabhängige eigenständige Versorgungskonzepte, um Defizite des Kollektivvertrags auszugleichen.

Sektorengrenzen überwinden

Kritik übt der SpiFa auch an den starren Sektorengrenzen. Eine solche Trennung sei nicht mehr zeitgemäß und medizinisch nicht mehr sachgerecht. Denn der medizinische Fortschritt habe es möglich gemacht, dass heute eine Vielzahl von Eingriffen sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden kann. Durch die bisherige Sektoren­abschottung habe sich die notwendige Kommunikation zwischen Krankenhausärzten und niedergelassenen Ärzten in den letzten Jahrzehnten deutlich verschlechtert, beklagt der SpiFa. Dieser Prozess könne allein durch eine digitale Transformation nicht behoben werden, sondern nur durch eine echte rechtliche und strukturelle Überwindung der Sektorentrennung. Die Digitalisierung als solche sieht der SpiFa positiv, denn sie habe das Potenzial, die medizinische Versorgung nachhaltig zu verbessern.

Ärztliche Unabhängigkeit erhalten

Die Gesetzgebung der letzten 20 Jahre habe zu einer Wandlung der ärztlichen Selbstverwaltung hin zu einer behördenähnlichen Funktion und Struktur geführt, die Gesetze und Verordnungen nur noch umsetze, so der SpiFa weiter. Demgegenüber sehen der SpiFa und die ihm angeschlossenen Berufsverbände den Erhalt der ärztlichen Unabhängigkeit als ihr Hauptziel an. Dabei werde der SpiFa darauf achten, dass die wissenschaftlich gesicherte und medizinisch gebotene Diagnostik und Therapie Richtschnur des Handelns bleiben und administrative Eingriffe hier unterbunden werden.

Darüber hinaus habe der freie Beruf des Arztes Anspruch auf eine eigenständige Gebührenordnung, die die Verantwortung und Leistungsfähigkeit des Berufsstandes widerspiegelt. Diese werde nicht mit Kostenträgern abgestimmt und sei auch kein Leistungskatalog. Auch die Förderung und Motivierung des ärztlichen Nachwuchses steht im Fokus des SpiFa. Hier müssten vorrangig die wichtigsten Niederlassungshemmnisse beseitigt werden. Als wachsendes Problem habe sich hier die Budgetierung in der ambulanten Versorgung herausgestellt. Die Budgetierung müsse daher beendet werden. Gleiches gelte für Regresse.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (9) Seite 2