Die Digitalisierung der Medizin lässt sich wohl kaum noch aufhalten, auch wenn immer wieder technische Probleme auftreten oder der Datenschutz in Gefahr sein sollte. So scheint sich im Zuge der Corona-Pandemie die Videosprechstunde mehr und mehr zu etablieren. Und in Hessen gibt es jetzt ein neues Versorgungsmodell, das auch den digitalen Hausbesuch ermöglicht – zumindest im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV).

Seit dem 1. April 2020 können alle hessischen Hausarztpraxen, die an der Hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen, den dort eingeschriebenen Versicherten der AOK, DAK, TK, GWQ ServicePlus AG und der Betriebskrankenkassen der BKK VAG Hessen eine telemedizinische Betreuung anbieten und die Versorgung somit im Idealfall noch effizienter gestalten.

So kann der digitale Hausbesuch abgerechnet werden
  • 0060: Hausbesuch durch VERAH mit telemedizinischer Weiterbildung, maximal achtmal im Quartal (ab 2/21 viermal pro Quartal), nicht neben dem Hausbesuch VERAH nach Nr. 1417, 20 €.
  • 0061: Telemedizinische Betreuung durch den Hausarzt, bis zu einmal im Quartal, bei hergestellter telemedizinischer Verbindung während des Hausbesuchs der VERAH, 15 €.
  • 0062: Sturzrisikoanalyse, bis zu einmal pro Kalenderjahr, 13 €.
  • 0064: Wundanalyse mit Begutachtung, Wundversorgung, Fotodokumentation, Wundstatus nach PWAT-Score, Datenübertragung in die Arztpraxis, bis zu viermal im Quartal, 13 €.

Kontakt zu Patienten intensivieren

Durch das "Telemedizinische Versorgungsmodul" können Patienten mit Mobilitätseinschränkungen und solche mit chronischen Wunden oder einem chronischen Leiden leichter zu Hause versorgt werden. Somit geht es um Erkrankungen, die durch diese telemedizinische Versorgungslösung besser begleitet überwacht werden können. Der Kontakt zu den Patientinnen und Patienten kann dadurch intensiviert und das Vertrauensverhältnis gestärkt werden.

VERAH erhebt Vitaldaten vor Ort

Das Telemedizinische Versorgungsmodul basiert auf einer geschulten Versorgungsassistentin (VERAH) und dem sogenannten TeleArzt, einem speziellen telemedizinischen Versorgungssystem. Neben der entsprechenden Software beinhaltet der TeleArzt einen sogenannten TeleArzt-Rucksack mit telemedizinischen Endgeräten. Damit erhebt die VERAH die Vitaldaten der Patienten vor Ort, welche dann direkt in die Hausarztpraxis übertragen und in der Patientenakte gespeichert werden. Die Hausärztin oder der Hausarzt kann darüber auch jederzeit per Video konsultiert werden.

Abb. 1: Die VERAH kommt mit dem TeleArzt-Rucksack

Mehr Zeit für Patienten in der Praxis

Mit dem Telemedizinischen Versorgungsmodul entfallen insbesondere in ländlichen Regionen längere Anfahrtswege für die Hausärzte, die dadurch mehr Zeit für ihre Patienten im Wartezimmer haben. Vor Ort können die ärztlichen Mitarbeiterinnen zudem weitere Analysen durchführen, beispielsweise eine Sturzrisikoanalyse, eine Befragung zum Thema Depression oder eine regelmäßige Wundanalyse. Die hausärztliche Betreuung immobiler Patienten kann so verbessert und Klinikaufenthalte vermieden werden. Die Patienten benötigen hierfür keine eigene Hardware und auch keine Vorkenntnisse von digitaler Kommunikation.

Förderung durch das Land Hessen

Das Land Hessen unterstützt das Projekt mit einer Fördersumme von knapp 397.000 Euro für insgesamt 25 Monate im Rahmen seiner eHealth-Förderung. Die teilnehmenden Praxen bekommen 50 % der Netto-Kosten des hierzu erforderlichen TeleArzt-Rucksacks gefördert und können die erbrachten Leistungen der telemedizinischen Versorgung im Rahmen des bestehenden HzV-Vertrages abrechnen.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (16) Seite 26-27