An dieser Stelle präsentieren wir Erfahrungsberichte, und Interviews von und mit Alumni der Nachwuchsakademie der Deutschen Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM). Wir wollen wissen, warum sie den Weg in die Allgemeinmedizin eingeschlagen haben, was sie an diesem Fach fasziniert und wie sie sich ihre Zukunft vorstellen. Im Interview berichtet dieses Mal Irene Eckert.

Nach dem Abschluss des Medizinstudiums im Jahr 2013 war Irene Eckert zunächst an einer kleinen Klinik im Engadin in der Schweiz auf der chirurgischen und internistischen Abteilung tätig. Anschließend folgten Weiterbildungsabschnitte in Deutschland in einer internistischen Akutabteilung sowie einer geriatrischen Rehabilitationseinrichtung. Den letzten Weiterbildungsabschnitt absolvierte sie in einer allgemeinmedizinischen Praxis; diese konnte sie zum 01. Juli 2020 von ihrem Weiterbildner übernehmen.


© DEGAM - Leson
Dr. med. Irene Eckert

»Für die Tätigkeit in der eigenen Praxis – vor allem in einer eher ländlichen Gegend – ist es sehr hilfreich, in verschiedenen Fachbereichen Erfahrungen zu sammeln, und damit kann man bereits im Praktischen Jahr beginnen.«
Dr. med. Irene Eckert

doctors|today: Frau Eckert, Sie haben sich kürzlich als Hausärztin in einer ländlichen Praxisgemeinschaft niedergelassen. Was hat Sie hierzu bewogen?

Irene Eckert: Die Tätigkeit als Hausärztin in eigener Praxis war für mich seit Beginn des Studiums das Ziel. Die vielseitige Tätigkeit, die enge Arzt-Patienten-Beziehung und die Möglichkeit, den Arbeitsalltag selbst gestalten zu können, sind für mich die großen Pluspunkte der Tätigkeit als Hausärztin. Prägend war sicher auch das Vorbild meiner Mutter, die in der gleichen Praxisgemeinschaft bereits seit über 30 Jahren als Hausärztin tätig ist.

Aufgrund der Konstellation der Praxisgemeinschaft besteht trotz der Tätigkeit in eigener Praxis die Möglichkeit für den kollegialen Austausch und für die Aufteilung der notwendigen administrativen Aufgaben. Von meinen Kolleg:innen erfahre ich gerade jetzt in der Anfangszeit viel Unterstützung sowohl bei fachlichen als auch bei administrativen Fragen.

Durch die Tätigkeit in ländlicher Gegend erleben wir ein großes Spektrum an verschiedenen Krankheitsbildern quer durch alle Fachdisziplinen. Das ist herausfordernd, macht aber auch Freude und lässt den Arbeitsalltag nie langweilig werden.

Wichtig war mir auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die in den meisten Fällen in der Praxis eher gegeben sein dürfte als in der Klinik. Auch wenn es selbstverständlich in der Praxis ebenfalls Notfälle und Dienste gibt, lässt sich doch vieles besser planen als in der Klinik.

doctors|today: Gab es dabei besondere Hürden?

Irene Eckert: Die größte Hürde nach der Tätigkeit im stationären Bereich war sicherlich die Einarbeitung in die Besonderheiten der ambulanten kassenärztlichen Versorgung, also beispielsweise die korrekte Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln. Dank der Unterstützung durch meinen Weiterbildner und die weiteren Kolleg:innen in der Praxisgemeinschaft konnte ich mich hier aber rasch einarbeiten. Die Planung der eigenen Niederlassung und Praxisübernahme erfordert zudem viel administrative Tätigkeiten. Durch die Unterstützung und Beratung von Ärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung und Hausärzteverband ließ sich aber auch das gut bewältigen.

doctors|today: Welche Tipps möchten Sie Kolleg:innen, die ebenfalls eine Niederlassung in Erwägung ziehen, mit auf den Weg geben?

Irene Eckert: In meiner Weiterbildung habe ich von den verschiedenen Stationen, in denen ich mehrere Fachdisziplinen näher kennenlernen durfte, sehr profitiert (Gynäkologie im Praktischen Jahr, Innere Medizin, Chirurgie und Geriatrie in der Weiterbildung). Für die Tätigkeit in der eigenen Praxis – vor allem in einer eher ländlichen Gegend – ist es sehr hilfreich, in verschiedenen Fachbereichen Erfahrungen zu sammeln, und damit kann man bereits im Praktischen Jahr beginnen. Eine Praxisübernahme sollte rechtzeitig im Vorfeld gut geplant und mit den dafür zuständigen Institutionen abgestimmt werden. Hausärzteverband und Kassenärztliche Vereinigung haben hierfür gute Beratungsangebote.

doctors|today: Was zeichnet für Sie eine ideale Landärzt:in aus?

Irene Eckert: Wichtige Eigenschaften für eine Landärzt:in sind für mich die Freude an der Arbeit mit anderen Menschen, Empathie, ein breites medizinisches Fachwissen, das Kennen der eigenen Kompetenzen und vor allem auch deren Grenzen sowie die Bereitschaft, auch unkonventionelle Wege zu gehen, wo dies notwendig ist. Zudem muss man bereit sein zu akzeptieren, dass es Überschneidungen von Berufs- und Privatleben gibt. Die "Konsultation" an der Supermarktkasse oder auf dem Wanderweg ist nicht ungewöhnlich.

doctors|today: Was haben Sie aus der Zeit bei der Nachwuchsakademie mit in den Berufsalltag genommen?

Irene Eckert: Vor allem den Austausch mit anderen Allgemeinmedizin-begeisterten Medizinstudierenden: Das hat mich darin bestärkt, die Allgemeinmedizin zu wählen. Auch der fachliche Austausch mit den Nachwuchsakademie-Teilnehmer:innen bei den Klausurwochenenden und im Rahmen der DEGAM-Kongresse waren tolle Optionen, um die Allgemeinmedizin noch näher kennenzulernen.

Info: Was ist die DESAM?
Die Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DESAM) unterstützt den allgemeinmedizinischen Nachwuchs sowie die allgemeinmedizinische Forschung. Mit ihren Förderprogrammen möchte die Stiftung mehr Medizinstudierende für den Hausarztberuf begeistern. Jedes Jahr werden 15 Medizinstudierende neu aufgenommen und über drei Jahre individuell gefördert. Die Stiftung wurde 1973 von der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, der wissenschaftlichen Fachgesellschaft der Hausärzteschaft, gegründet. Die Stiftung hat ihre Geschäftsstelle in Berlin und fördert Medizinstudierende aus dem kompletten Bundesgebiet.


Erschienen in: doctors|today, 2020; 1 (1) Seite 30-31