Die Kosten in den Praxen der niedergelassenen Ärzt:innen sind in den Jahren 2019 und 2020 erheblich gestiegen. Das hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) berechnet. Ein gewichtiger Grund ist der Mehraufwand für die Bewältigung der Corona-Pandemie. Das Virus ist aber nur ein – neuer – Kostentreiber. Denn auch das Terminmanagement sowie die Praxis-IT und der Datenschutz schlagen kräftig zu Buche.

1.300 Euro hat jede Praxis im Mittel bis Ende August 2020 für persönliche Schutzausrüstung und weitere Hygienemaßnahmen wie Plexiglastrennwände zum Infektionsschutz gegen die COVID-19-Pandemie aufgewendet. In Anbetracht der im Herbst rasant angestiegenen Infektionszahlen ist zu erwarten, dass bis zum Jahresende noch ein dicker Batzen dazukommen dürfte. Neben den erhöhten Materialkosten haben die erweiterten Hygienemaßnahmen aber auch die gewohnten Arbeitsabläufe im Praxisalltag in knapp 90 % aller Praxen verändert. Laut Zi war das insgesamt mit über 6 Stunden durchschnittlicher wöchentlicher Mehrarbeit verbunden. Auch hier dürften Hausärzt:innen im Herbst und Winter noch die eine oder andere Stunde länger in der Praxis verbracht haben bzw. verbringen.

Verordnungen belasten die Praxen

Während SARS-CoV-2 überraschend über die Praxen kam, sind andere Kosten eher systemimmanent durch Gesetze und Verordnungen bedingt. Ein Beispiel ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Zu deren Umsetzung mussten Praxen bereits im Jahr 2018 im Schnitt insgesamt 2.487 Euro für entsprechende Maßnahmen aufwenden. 2019 sind diese Aufwendungen noch einmal um rund 18 % auf 2.932 Euro gestiegen. Insgesamt schlugen die Kosten für die Informationstechnologie (IT) in den Praxen 2019 mit rund 6.000 Euro pro Jahr zu Buche, die Steigerung betrug hier 60 % gegenüber 2017, so das Zi. Spuren hinterlassen hat auch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Für das Terminmanagement sind den Praxen Aufwendungen für IT und Mitarbeiterschulung zur Terminvergabe in Höhe von 885 Euro entstanden. Dabei verursachten kurzfristig nicht wahrgenommene Termine Ausfälle und dadurch entgangene Honorare in Höhe von durchschnittlich rund 3.500 Euro im Jahr 2019. Davon betroffen dürften allerdings eher spezialistische Praxen und Psychotherapeut:innen gewesen sein.

Lieferengpässe machen vor allem Hausärzt:innen zu schaffen

Und auch an anderer, vielleicht eher weniger ins Auge fallender Stelle hat das Zi eine Ursache für einen Mehraufwand in den Praxen ausgemacht: beim Arzneimittel-Management. Die Ergebnisse der Zi-Erhebung zeigen, dass über 80 % der befragten Praxen von Lieferengpässen von Arzneimitteln betroffen waren, besonders in der hausärztlichen Versorgung. Im Durchschnitt hätten bei 138 Patient:innen im ersten Quartal 2020 Arzneimittelverordnungen aufgrund von Lieferengpässen geändert oder neu ausgestellt werden müssen. Lieferengpässe bei Arzneimitteln betreffen demnach fast ein Viertel der Patient:innen mit einer Verordnung in den Hausarztpraxen. Für die Praxen bedeute das einen Mehraufwand von rund 4 Stunden pro Woche für die Suche nach geeigneten Alternativpräparaten oder die Medikationsumstellung. Aber auch für Patient:innen kann dies unerfreuliche Konsequenzen haben. Die teilnehmenden Praxen berichten, dass in etwa 10 % der Lieferengpässe das Therapieziel nicht erreicht werden konnte, so das ZI. Über 90 % der an der Zi-Erhebung teilnehmenden Hausärzt:innen hätten zudem über Lieferengpässe bei Impfstoffen und in diesem Zusammenhang über einen zusätzlichen Zeitaufwand von 2,3 Stunden pro Woche berichtet.

Der ambulante Bereich zahlt drauf

Die Zi-Erhebung wirft noch einmal ein Schlaglicht auf die angespannte Situation der Vertragsarztpraxen. In einer Zeit, in der viele Praxen am Anschlag arbeiten und die Budgets auf Kante genäht sind, belasten die deutlichen Mehrkosten, die die Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen durch das COVID-19-Pandemiemanagement sowie die Umsetzung von TSVG, DSGVO und anderen gesetzlichen Vorgaben schultern müssen, den ambulanten Bereich in hohem Maße. Alleine diese zusätzlichen Kostenbelastungen seien geeignet, die für 2020 vereinbarte Preisanpassung für ärztliche Leistungen von 1,5 % oder rechnerisch 3.900 Euro pro Praxis weitestgehend zu absorbieren, befürchtet das Zi – sofern diese Zahlungen bei pandemiebedingt rückläufigen Fallzahlen in den Praxen überhaupt ankommen. Dabei seien etwa steigende Personalkosten der Praxen noch gar nicht berücksichtigt. Da ist es natürlich besonders frustrierend, wenn die Kliniken kürzlich ein 4 Milliarden schweres Gesetzespaket zur Finanzierung von IT-Kosten zugestellt bekommen, obwohl die Niedergelassenen die Hauptlast der Versorgung während der Corona-Pandemie tragen. "Wer den ambulanten Schutzwall lobt, sollte die Mehraufwendungen der Praxen auch vollständig vergüten", forderte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.



Autor
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (1) Seite 24-25