Die Wertschätzung der Patienten für die niedergelassenen Ärzte in Deutschland ist unverändert hoch, das zeigt die aktuelle Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Daran hat auch die Corona-Pandemie nichts geändert, und hier schenkten die Versicherten vor allem den Hausärzten ihr Vertrauen. Gleichzeitig steigt die Sorge, dass es bald nicht mehr genügend Ärzte gibt.

91 % der von der KBV befragten Versicherten gaben an, ein gutes oder sehr gutes Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt zu haben. Dies verkündete der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen nicht ohne Stolz. Ein etwa gleich hoher Prozentsatz verleiht den Ärzten auch für ihre Fachkompetenz Bestnoten.

Gut geschlagen haben sich die niedergelassenen Ärzte in der Corona-Pandemie, meint die KBV. So sei der Löwenanteil von Corona-Patienten von niedergelassenen Ärzten versorgt worden, hob der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Stephan Hofmeister hervor. Das gelte sowohl für die Testungen als auch für die Behandlung. Konkret bedeute dies, dass 6 von 7 Patienten ambulant versorgt wurden.

Bei Corona-Verdacht zum Hausarzt

Im Vergleich zu früheren Befragungen ist die Zahl der Menschen, die überhaupt nicht beim Arzt waren, bei der diesjährigen Umfrage um 6 % gestiegen. Ein Zusammenhang mit coronabedingten Lockdown-Maßnahmen ist da zu vermuten. Wer aber zum Arzt ging, der wählte zumeist den Hausarzt. Hofmeister verwies in diesem Zusammenhang auf die Ergebnisse einer weiteren Online-Umfrage im Mai unter 2.500 Personen. Davon gaben drei Viertel an, dass der Hausarzt für sie erster Ansprechpartner bei Anzeichen einer Infektion mit dem Coronavirus sei. Über die Hälfte der Befragten zeigte sich mit der Arbeit der Ärzte während der Pandemie zufrieden. Nur knapp 8 % waren unzufrieden.

Ärztemangel bereitet Sorgen

So weit, so gut. Aber es gibt auch Probleme. So machten sich die Versicherten über die "Ressource Arzt" an sich große Sorgen, das heißt, sie fürchten einen Mangel an Ärzten und allgemein an medizinischem und pflegerischem Personal. Gassen bestätigte in diesem Zusammenhang, dass immer mehr ältere Kollegen ankündigen würden, sich in den Ruhestand zu verabschieden. Ein Grund dafür sei, dass sie die restriktiven Eingriffe der Politik in die Praxen, etwa bei der Digitalisierung, nicht länger hinnehmen wollten.

Apropos Digitalisierung: Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen sehen mit 51 % mehr als die Hälfte der Befragten zwar eher als Vorteil, aber zugleich befürchten 39 % eine Verschlechterung ihres Verhältnisses zum Arzt. Der persönliche Kontakt mit dem Arzt bleibe "der Goldstandard und wird von Patienten auch so gewünscht", ist sich Hofmeister sicher.

Entspannter zeigte sich KBV-Chef Gassen dagegen beim Thema Wartezeiten. Hier habe die Erhebung gezeigt, dass zu lange Wartezeiten auf einen Termin beim Arzt kaum noch ein Problem sind. 80 % der Befragten hat es demnach nicht zu lange gedauert, bis sie einen Termin bekamen. Bei der Frage nach den größten Herausforderungen der Zukunft im Gesundheitssystem spiele das Thema Wartezeiten und verfügbare Termine mit lediglich 3 % fast keine Rolle mehr, zeigt sich Gassen erleichtert. Zudem sei der Anteil der gesetzlich Versicherten, die ohne Wartezeit einen Termin bekamen, mit 31 % nahezu identisch mit dem Anteil der privat Versicherten mit 30 %. Auch bei dieser Diskussion um eine Zwei-Klassen-Medizin scheint es also Entwarnung zu geben.

Ärzte sollen impfen

Als erfreulich betrachtet KBV-Vize Hofmeister die Entwicklung beim Thema Impfen. Der Befragung zufolge befürworte die Mehrzahl einen umfassenden Impfschutz. Nur 7 % möchten sich gar nicht impfen lassen. Selbst für eine generelle Impfpflicht gibt es unter den Versicherten viel Zustimmung: Nach Ansicht von 75 % aller Befragten sollte es eine allgemeine Impfpflicht geben, 19 % sind dagegen. Das sei ein "wohltuendes Gegenbild zum lautstarken Erscheinungsbild sogenannter Impfgegner", so Hofmeister. Immerhin gaben 67 % aller Befragten an, dass ihr Impfschutz auf einem aktuellen Stand sei.

Die Befragung hat zudem ergeben, dass die Vertragsärzte auch beim Thema Impfen erste Ansprechpartner für die Versicherten bleiben. Ob sich das ändern wird, wenn auch in Apotheken geimpft werden darf, wie in einigen Modellprojekten schon angedacht, wird sich zeigen müssen.


Dr. Ingolf Dürr


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (15) Seite 26-27