Ist es Ihnen schon aufgefallen? Hat sich der bürokratische Aufwand auch in Ihrer Praxis im letzten Jahr verringert? Eigentlich sollte das so sein, wenn man den Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Glauben schenken möchte. Denn die hat wieder einmal den jährlichen Bürokratie-Index (BIX) erhoben, und der besagt, die Bürokratielast ist 2019 gesunken.

Um 1,93 % hat sich der Verwaltungsaufwand in deutschen Arztpraxen im letzten Jahr verringert, so steht es im KBV-Bericht. Dass der Bürokratie-Index geringer wird, passiert zum ersten Mal seit 2016. Die KBV wertet das als positives Zeichen, denn konkret bedeute dies, dass Ärzte und Psychotherapeuten rund 1 Million Stunden weniger damit verbringen mussten, sich mit bürokratischen Tätigkeiten aufzuhalten. Damit bleiben "nur" noch 55 Millionen Nettoarbeitsstunden für die Bürokratie übrig.

60 Tage für Dokumentationen

Umgerechnet sei dies ein Tag weniger Bürokratie pro Praxis, und diese gewonnene Zeit könne den Patienten zugutekommen, so die KBV. Gleichzeitig dämpft sie aber auch den Optimismus, denn noch immer müssten Ärzte rund 60 Tage im Jahr für die Erledigung von Dokumentationsaufgaben aufwenden. Und diese Arbeit bleibt zum größten Teil an den Ärzten selbst hängen. Laut BIX erbringen sie 63 % der Bürokratieleistungen selbst.

Wie auch in den Vorjahren machten wenige Informationspflichten einen Großteil der Belastung aus. In Zahlen bedeutet das: 91 % aller bürokratischen Belastungen werden durch nur 6 % der Pflichten ausgelöst. Den größten Anteil daran nehmen die 200 Millionen Überweisungen ein. Dafür gehen jährlich fast 6 Millionen Arbeitsstunden drauf. Auf Platz 2 folgen die Auskünfte an die Krankenkassen und den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) auf vereinbarten Vordrucken. Dafür wendeten niedergelassene Ärzte 2019 rund 5,8 Millionen Arbeitsstunden auf. Mit 5 Millionen Stunden schlagen die fast 81 Millionen AU-Bescheinigungen auf Muster 1 zu Buche.

Die größte Erleichterung beim Verwaltungsaufwand entstand durch den Wegfall sowohl des Ausfüllens als auch der Archivierung des Berichtsvordrucks Gesundheitsuntersuchung (Muster 30) aufgrund der Änderung der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie. Dadurch entfielen pro Jahr etwa 500.000 Stunden.

Zu mehr Aufwand von rund 32.000 Stunden führte wiederum die Dokumentation beim Hautkrebsscreening. Durch einen entsprechenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses müssen insbesondere Dermatologen mehr Parameter als früher dokumentieren.

Vorschläge zum Bürokratieabbau

Man habe also noch viel Wegstrecke vor sich, um den Bürokratieaufwand in den Praxen spürbar zu senken, gibt die KBV zu bedenken. Ihre Hoffnung setzt sie dabei auch auf die Digitalisierung. Doch viele Gesetze und Gesetzesvorhaben verursachten noch mehr Bürokratie. So verschaffe die elektronische AU-Bescheinigung zwar Zeit, aber auf der anderen Seite verschlinge sie welche, weil immer noch ein Papierausdruck der Bescheinigung vorgesehen ist.

Die KBV empfiehlt verschiedene Lösungsstrategien für einen weiteren Bürokratieabbau. Dazu zählen eine praxistaugliche Lösung für die digitale Arztsignatur, die Abschaffung des doppelten Antrags für die Kurzzeittherapie, die Verschlankung des Verfahrens zur Arztzulassung, der Verzicht auf die AU in Bagatellfällen und deren vollständige Digitalisierung sowie eine einfache Umsetzung des elektronischen Rezeptes.



Autor:
Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (4) Seite 28-30