Akute Infekte der oberen Atemwege verlaufen in der Regel unkompliziert. Dennoch sind die Betroffenen durch typische Symptome teilweise erheblich in ihrem Allgemeinbefinden eingeschränkt. Welche Maßnahmen zur Symptomlinderung sind sinnvoll, was ist zur Selbsthilfe empfehlenswert, was kann die Naturheilkunde bei diesen Beschwerdebildern leisten?

Infekte der oberen Atemwege zeigen sich als Entzündungen der Nase (Rhinitis), des Rachens (Pharyngitis) und des Kehlkopfes (Laryngitis). Unkomplizierte re­spiratorische Infekte (common cold) sind die häufigsten Infekte des Menschen und in der überwiegenden Zahl viral bedingt. Der Anteil rein bakteriell bedingter unkomplizierter respiratorischer Infekte liegt bei unter 10 %.

In der Regel heilt ein unkomplizierter Infekt der oberen Atemwege im Lauf von einer Woche aus, eine Erregerausscheidung ist bis zu zehn Tage lang möglich. Von einer erhöhten Infektanfälligkeit spricht man, wenn mehr als sechs Infektionen pro Jahr auftreten, ein chronischer Infekt der oberen Atemwege muss angenommen werden, wenn die typischen Symptome über mehrere Wochen bestehen.

Die allzu großzügige – und nicht leitliniengerechte – Verordnung von Antibiotika beim unkomplizierten Infekt der oberen Atemwege in der Praxis ist in der Mehrzahl der Fälle sinnlos aufgrund der viralen Genese des Infekts. Im Falle von unkomplizierten bakteriell bedingten Infekten sind zudem langfristig Resistenzentwicklungen problematisch. Dem steht der häufig anzutreffende Patientenwunsch nach einer schnell wirksamen Behandlung gegenüber, der den Verordnungsdruck auf die niedergelassenen Ärzte erhöht.

Dennoch zeigt sich gerade am Beispiel der unkomplizierten Atemwegsinfekte, was ein gesundheitsfördernder Lebensstil zum einen und naturheilkundlich ergänzende Selbsthilfetechniken zum anderen leisten können. Gleichwohl ist beides mit einem gewissen Aufwand verbunden, sowohl was die ärztliche Vermittlung der sinnvollen Maßnahmen wie auch deren praktische Umsetzung durch die Patienten betrifft.

Diesbezüglich haben sich in unserer Institution sogenannte Infozepte zur einfachen und prägnanten Instruktion der Patienten bewährt.

Verminderung der Infektanfälligkeit

Ein gesundheitsfördernder Lebensstil vermindert höchstwahrscheinlich auch die Anfälligkeit für grippale Infekte. Hierzu zählen:

  • Regelmäßige Alltags- und Ausdauerbewegung möglichst an frischer Luft. Die Intensität der Bewegung ist dabei an die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit anzupassen. Zudem kann eine zu hohe Trainingsintensität die Infektanfälligkeit erhöhen und eine chronische Erschöpfung vergrößern. Sinnvoll und in Studien als wirksam zeigten sich fünfmal 45 Minuten Ausdauerbewegung pro Woche [1].
  • Eine ausgewogene vollwertige, vorwiegend laktovegetabile Ernährung, die sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) orientiert.
  • Eine Trinkmenge von 1,5 bis 2 Liter dünnflüssiger, kalorienarmer Getränke (Mineralwasser, Tee) täglich.
  • Optimierung des Schlafs: Für die meisten Menschen sollte eine Schlafdauer von mindestens sieben Stunden nicht unterschritten werden.
  • Stressreduktion bzw. eine adäquate Stressverarbeitung.
  • Hydrotherapie wie Kneipp’sche Güsse, Fußbäder, Armbäder, Trockenbürsten, Sauna. Bei den roborierenden hydrotherapeutischen Verfahren ist auf die Reaktionsfähigkeit des Betroffenen zu achten. Kälteanwendungen müssen immer mit einer entsprechenden Wärmeproduktion des Körpers beantwortet werden können, sonst verfehlen sie den gewünschten Effekt. So können bei guter Regulationsfähigkeit beispielsweise wechselwarme Fußbäder zur Stärkung der Abwehrkraft zum Einsatz kommen. Bei ausgeprägter Kälteempfindlichkeit und fehlender Wärmeregulation auf Kaltreize sind warme oder ansteigende Fußbäder zu bevorzugen.
  • Nikotinkarenz, falls möglich Tabakentwöhnung.
  • Ob die Einnahme von Sonnenhutpräparaten (Echinacea) zur Vorbeugung von grippalen Infekten sinnvoll ist, bleibt auch nach der aktuellen Studienlage immer noch unklar [2].
  • Nahrungsergänzungen: Die Wirksamkeit von Vitamin C und Zink wird nach wie vor kontrovers diskutiert. Für Vitamin C lässt sich kein protektiver Effekt, möglicherweise aber eine Verkürzung der Symptomdauer erkennen. Zink könnte möglicherweise sowohl die Inzidenz als auch die Symptomdauer verringern, scheint allerdings nebenwirkungsbelastet (Übelkeit). Derzeit kann daher nicht zu einer vorbeugenden Einnahme geraten werden [7, 8, 9].

Weiterhin werden zur Verminderung der Infektanfälligkeit im naturheilkundlichen Bereich eine ganze Reihe unkonventioneller Therapieverfahren eingesetzt, für die es bislang keine ausreichende Evidenzbasis, wohl aber eine erfahrungsheilkundliche Grundlage gibt. Wenn diese Verfahren unter ärztlicher Kontrolle, zeitlich begrenzt und erfolgskontrolliert eingesetzt werden, sind sie akzeptabel und häufig hilfreich. Beispielhaft seien hier erwähnt das Heilfasten, die Behandlung mittels präbiotischer Nahrungsergänzungen und die Gabe von physiologischen Darmbakterien (z.B. E.coli-Stamm Nissle 1917, Lactobacillus ssp., Bifidobacterium ssp.).

Beispiel für eine schweißtreibende ­Teerezeptur:

Holunderblüten (Sambuci flos tot.)
Lindenblüten (Tiliae flos conc.) aa ad 25,0 g
M.f.spec. diaphoreticae

Dosierung: 1 Esslöffel mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen, mehrmals täglich eine Tasse möglichst heiß trinken.


Sinnvolle Allgemeinmaßnahmen

  • Körperliche Schonung: Im Gegensatz zu den Empfehlungen zur Vorbeugung sollte beim Infekt eine körperliche Schonung erfolgen. Eine Krankschreibung ist in Abhängigkeit vom Grad der körperlichen Einschränkung und der Schwere der beruflichen Tätigkeit zu erwägen.
  • Hydrotherapie: Bei den ersten Symptomen eines grippalen Infektes sollten ansteigende Fußbäder zur Anwendung kommen. Diese führen zu einer vermehrten Durchblutung der Schleimhäute im Kopf-Halsbereich und unterstützen damit die Infektabwehr im Schleimhautniveau. Zudem wirken sie häufig schmerzlindernd (vgl. Kasten).

© Mauritius
Hydrotherapie als sinnvolle Allgemeinmaßnahme

Hydrotherapie: Tipp für die praktische Durchführung

Beide Füße – falls keine Venenprobleme bestehen auch die Unterschenkel ­– sollten in einem Gefäß mit zunächst angenehm temperiertem Wasser (ca. 36 Grad) gebadet werden. Dann wird schrittweise heißes Wasser hinzugegeben, bis entweder die individuelle Verträglichkeitsgrenze erreicht wird oder bis maximal 40 Grad Wassertemperatur erreicht werden. Patienten mit einem reduzierten Temperaturempfinden (z. B. Diabetiker) müssen obligat ein Wasserthermometer benutzen, um Verbrennungen zu vermeiden. Die Dauer der Anwendung beträgt ca. 10 bis 15 Minuten.

Bei richtiger Anwendung kommt es zur deutlichen Schweißbildung auf der Stirn. Bei Fieber ist die Anwendung kontraindiziert.


  • Sofern noch kein hohes Fieber besteht, kann die Anwendung schweißtreibender Tees sinnvoll sein. In der Erfahrungsheilkunde bewährt sind Holunderblüten (Sambuci flos) und Lindenblüten (Tiliae flos).
  • Extrakte aus dem roten Sonnenhutkraut (Echinaceae purpurea herba) scheinen nach derzeitiger Datenlage Dauer und Intensität der Symptomatik um einen halben bis ganzen Tag verkürzen zu können. Eine Wirksamkeit bei Kindern ist nicht belegt [3]. Eine Dauereinnahme kann möglicherweise zu einer Suppression des Immunsystems führen, daher wird derzeit empfohlen, nach einer Einnahmezeit von zwei Wochen eine zweiwöchige Pause einzulegen [16].
  • Empfehlenswert im Anfangsstadium bzw. bei ausgeprägtem Kältegefühl ist die innerliche Anwendung von Ingwerwurzel (Zingiberis Rhizoma) als Dekokt. Ingwer steigert die Durchblutung im Magen und in der Körperperipherie und führt zu einem allgemein verbesserten Wärmegefühl. Patienten mit Hämorrhoiden sollten allerdings wissen, dass Ingwer vorsichtig dosiert werden muss, weil Blutungen der Hämorrhoiden ausgelöst werden können. Bei Fieber ist die Anwendung von Ingwer nicht mehr sinnvoll.

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Ingwerknolle (Zingiberis Rhizoma)

Praxistipp – Ingwerdekokt:
Von einer Ingwerknolle ein ca. 1 cm großes Stück abschneiden, zerkleinern und in einem halben Liter Wasser für 20 Minuten zugedeckt leicht kochen lassen. Täglich drei Tassen trinken. Bei Bedarf etwas Honig hinzugeben.

  • Ausreichende Trinkmenge: Bei Fieber sollte die Flüssigkeitsaufnahme beachtet werden, bei bestehender Herz- und/oder Niereninsuffizienz – insbesondere bei älteren Menschen –  sind Elektrolytschwankungen zu berücksichtigen. Anfeuchten der Raumluft: Ideal ist eine Luftfeuchtigkeit von 45 – 65 %. Eine Luftfeuchtigkeit von unter 30 % führt zur Austrocknung von Schleimhäuten und erhöht das Risiko für grippale Infekte. Wenn keine Geräte zur Befeuchtung der Raumluft vorhanden sind, kann mit großflächigen feuchten Tüchern Abhilfe geschaffen werden.
  • Nikotinkarenz: Raucher sollten spätestens bei Vorliegen eines grippalen Infektes das Rauchen möglichst dauerhaft einstellen.
  • Möglicherweise verkürzt die hochdosierte Einnahme von Vitamin C (> 1 g pro Tag) die Symptomdauer um einen halben Tag. Eine allgemeine Einnahmeempfehlung kann daher nicht gegeben werden.
  • Zur Linderung von Halsschmerzen ist zudem ein Behandlungsversuch mit homöopathisch-anthroposophischen Mitteln gerechtfertigt. Eine qualitativ hochwertige Studie zeigte, dass Patienten, die bei grippalem Infekt individuell anthroposophisch behandelt wurden, eine schnellere Symptomlinderung erfuhren als die schulmedizinisch behandelte Kontrollgruppe. Zudem war der Antibiotikaverbrauch bei den anthroposophisch behandelten Patienten deutlich geringer [12].

Symptomorientierte Therapie

Typische Symptome bei unkomplizierten Infekten der oberen Luftwege sind

  • Schnupfen, zunächst wässrig, nach drei Tagen purulent
  • Behinderte Nasenatmung
  • Halsschmerzen
  • Husten
  • Allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit
  • Kopf- und Gliederschmerzen

Im Gegensatz zur Virusgrippe (Influenza) tritt Fieber beim unkomplizierten grippalen Infekt nur sehr selten und in mäßiger Intensität auf (< 38,5 oC).

Schnupfen und behinderte Nasenatmung

Der wässrige Schnupfen zu Beginn eines grippalen Infektes kann als normale Reaktion der Schleimhaut auf die Infektion gewertet werden, mit der Schleim, Bakterien und Viren aus dem Organismus befördert werden. In dieser Phase ist es wichtig, ausreichend Flüssigkeit aufzunehmen und einen Sekretstau zu verhindern. Spätestens sobald der Schnupfen purulent wird, eignen sich Substanzen oder Drogen, die sekretolytisch und antibakteriell wirken wie „Myrtol“, ein Gemisch aus ätherischem Eukalyptus- und Citrus-Öl (Gelomyrtol®), oder – insbesondere bei Mitbeteiligung der Nasennebenhöhlen – eine Mischung aus Enzianwurzel, Primelblüten, Sauerampferkraut, Holunderblüten und Eisenkraut (z. B. Sinupret®). Zu den beispielhaft genannten Fertigpräparaten liegen seit langem qualitativ akzeptable Studien vor [4, 5, 6].

Einfache, aber in der Erfahrungsheilkunde häufig sehr wirksame Hausmittel sind Auflagen (Kataplasmen) mit Meerrettich oder Senfmehl auf den Nasennebenhöhlen. Meerrettichwurzel (Armoraciae rusticanae radix) hat antimikrobielle und hyperämisierende, Senfsamen (Sinapis albae semen) hat bakteriostatische und antiphlogistische Wirkungen.

Praxistipp – Kataplasmen ­(Auflagen)

Meerrettich-Auflagen: Meerrettichwurzel frisch reiben (Alternative: Konserve im Glas verwenden), im Wasserbad erwärmen, einen Esslöffel in ein dünnes Baumwolltuch einschlagen und auf das Gesicht legen.

Praxistipp – Senfmehl-Auflagen: Einen Esslöffel Senfmehl mit heißem Wasser zu einem dicken Brei verrühren, in ein dünnes Baumwolltuch einschlagen und auf das Gesicht legen.

Wichtiger Hinweis: Haut vorher eincremen. Augenkontakt – auch mit den Dämpfen – ist zu vermeiden. Am besten einen feuchten Waschlappen als Schutz auf die Augen legen.


Wichtig ist die genaue Instruktion der Patienten bezüglich Aufliegedauer des Kataplasmas und Hautschutz (Fett-Creme oder Salbe). Bei zu langer Anwendung können Verbrennungen im Gesicht resultieren. Bei Senfmehl ist zudem eine hautreizende Wirkung zu beachten.

Für Nasenspülungen mit hypertonen oder isotonen Kochsalzlösungen liegen insbesondere für die chronisch-rezidivierende Rhinosinusitis Hinweise für eine Wirksamkeit vor. Weniger klar ist die Datenlage bei der Rhinitis-Symptomatik eines akuten unkomplizierten Infektes. Die vermuteten Mechanismen (Verflüssigung und Spülen des Nasensekrets, Abschwellen der Nasenschleimhaut) lassen jedoch auch hier einen Einsatz zur Besserung der Symptomatik sinnvoll erscheinen [10].

Wasserdampfinhalationen bei 43 Grad über 20 Minuten können ebenfalls zu einer Symptomlinderung führen. Ob der Zusatz von Phytotherapeutika in Form von Teedrogen oder ätherischen Ölen die Wirkung entscheidend verbessert, ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht geklärt (z. B. Kamillenblüten).

In der Erfahrungsheilkunde gilt die äußerliche Anwendung der ätherischen Öle von Campher, Pfefferminz, Menthol, Eukalyptus, Minze, Cineol, Latschenkiefer und Fichtennadel als sinnvoll zur Verbesserung der Nasenatmung. Die Wirkung besteht in einer verbesserten Durchblutung der Schleimhaut und Anregung des Sekretflusses.

Bei Kleinkindern sollten ätherische Öle nicht im Gesicht zur Anwendung kommen, weil sie die Schleimhäute stark reizen und bei versehentlichem Verschlucken einen Glottiskrampf mit Atemdepression bis hin zur Erstickung auslösen können. Ein für Kleinkinder geeignetes Präparat, das Eukalyptusöl und Fichtennadelöl enthält (Babix® Inhalat), ist verfügbar.

Halsschmerzen

Als erfahrungsheilkundliches Hausmittel gegen Halsschmerzen haben sich Quark-Halswickel bewährt. Sie wirken kühlend, entzündungshemmend und abschwellend. Die Anlegedauer beträgt in der Regel 15 bis 20 Minuten oder so lange, bis sich der Wickel erwärmt hat. Geeignet ist handelsüblicher Quark, der kühl, jedoch nicht zu kalt sein sollte. Angelegt wird der Wickel mit Hilfe eines Leintuchs. Vorsicht: Der Wickel sollte nicht zu kalt angelegt werden und nur, falls dem Betroffenen eine leichte Kühlung angenehm ist.

Zwiebelwickel werden warm angelegt. Zerkleinerte Zwiebeln werden über Wasserdampf erhitzt, in ein Gaze- oder Baumwolltuch eingeschlagen und für ca. 15 Minuten angelegt. Hautverbrennungen sind zu vermeiden.

Zur Linderung von Halsschmerzen eignen sich unterschiedliche Phytotherapeutika wie beispielsweise Salbei (Salvia officinalis), dessen Inhaltsstoffe antibakteriell und virustatisch wirken. Geeignet sind Bonbons zum Lutschen, Lösungen zum Gurgeln oder Teezubereitungen.

Für Propolis – das Kittharz der Honigbienen – sind entzündungshemmende, antimikrobielle, antivirale und immunstimulierende Eigenschaften beschrieben. Zur Verfügung stehen Lösungen zur Mundspülung oder Gurgellösung sowie Tabletten, Lutschpastillen oder Dragees. Eine Kontraindikation besteht für Atopiker. Propolis spielt in der Erfahrungsheilkunde und Volksmedizin eine vergleichsweise große Rolle.

Auch für homöopathische Kombinationspräparate, die schmerzlindernde pflanzliche Ausgangssubstanzen enthalten, liegen Wirksamkeitsnachweise vor. Beispielhaft sei hier eine Kombination aus Phytolacca-Urtinktur, Capsicum annuum D3 und Guaiacum D3 (Tonsipret®) erwähnt, die bei Halsschmerzen eine Verkürzung der Symptomdauer bewirken kann [13].

Husten

Für Husten als Begleitsymptom eines unkomplizierten grippalen Infektes stellt die Naturheilkunde – insbesondere die Phytotherapie – eine akzeptable Option dar. Bei chronischem oder sich verschlechterndem Husten kann die Naturheilkunde allenfalls ergänzend zu konventionellen Mitteln eingesetzt werden. Bei länger als 14 Tage bestehendem Husten sind eine Pneumonie oder andere schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen. Die Phytotherapie des Hustens sollte – soweit möglich – differenziert erfolgen und sich an den Leitsymptomen „Trockenheit“ und „Auswurf“ orientieren. Unter den zeitlichen Zwängen der Praxis kommen hingegen häufig Kombinationspräparate zum Einsatz, die sowohl bei trockenem wie auch bei produktivem Husten ihre Wirkung entfalten. Die Art der Anwendung kann als Frischpflanzensaft, Tee, Hustensaft, Lutschpastillen oder auch in Form von ätherischen Ölen erfolgen.

Bei der Teeverordnung und den ätherischen Ölen ist Wert auf die korrekte Zubereitung und Anwendung zu legen – möglichst in Form einer schriftlichen Information.

Behandlung des trockenen Reizhustens

Gegen trockenen Reizhusten eignen sich insbesondere sogenannte Schleimstoffdrogen wie Eibischwurzel und -blätter (Althaeae radix, folium), Huflattichblätter (Farfarae folium), Isländisches Moos (Lichen islandicus), Spitzwegerichkraut (Plantaginis lanceolatae herba) und Malvenblätter und -blüten (Malvae folium, flos).

Beispiel für eine erfahrungsheilkundlich bewährte Kombinationsrezeptur bei trockenem Husten:

Rp.:
Huflattichblätter (Farfarae folium conc.) 50,0 g
Eibischwurzel (Althaeae radix conc.) 30,0 g
Malvenblüten (Malvae flos. conc.) 20,0 g
M.f.spec. pectorales

Dosierung: 1 gehäuften Teelöffel in ¼ Liter kaltem Wasser für eine Stunde stehen lassen, abseihen, den Auszug auf ca. 70 Grad erhitzen, langsam schluckweise trinken. Dreimal eine Tasse (150 ml) täglich trinken. Bei Bedarf mit Honig süßen [16].


Zudem kann bei trockenem Husten eine Kombination aus Schleimstoffdrogen mit bronchospasmolytisch wirkenden Heilkräutern, z. B. Efeublätter (Hederae helicis folium), Süßholzwurzel (Liquiritiae radix), Primelwurzel (Primulae radix) und Thymiankraut (Thymi herba), sinnvoll sein.

Beispiel für eine erfahrungsheilkundliche Kombinations­rezeptur bei produktivem oder trockenem Husten:

Rp.:
Isländisches Moos (Lichen islandicus) 10,0 g
Eibischwurzel (Althaeae radix conc.) 25,0 g
Fenchelfrüchte (Foeniculi fructus conc.) 10,0 g
Spitzwegerichkraut (Plantaginis lanceolatae herba conc.) 15,0 g
Süßholzwurzel (Liquiritiae radix conc.) 10,0 g
Thymiankraut (Thymi herba conc.) 30,0 g
M.f.spec. pectorales

Dosierung: 1 Esslöffel mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen, abseihen, mehrmals täglich eine Tasse trinken (Schilcher et al.).


Diverse Tee-Fertigpräparate sind verfügbar. Beispielhaft seien genannt: Heumann Bronchialtee Solubifix®, Em-eukal Hustentee®, Hevert Husten-Bronchial-Tee®, Brust-Husten-Tee Stada® N, Kneipp® Husten- und Bronchial-Tee.

Behandlung des produktiven Hustens

Hier sollten sinnvollerweise mukolytisch, sekretolytisch und sekretomotorisch wirkende Drogen wie z. B. Süßholzwurzel (Liquiritiae radix), Thymiankraut (Thymi herba) und Fenchelfrüchte (Foeniculi fructus) zum Einsatz kommen.

Für einige Fertigpräparate liegen durchaus interessante Hinweise zur Wirksamkeit vor. Beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige Präparate aufgeführt.

Ein standardisiertes Gemisch aus Cineol, Limonen und alpha-Pinen (Gelomyrtol®, -forte®), das entweder in Kapselform eingenommen oder auch (nach Öffnen der Kapsel) inhaliert werden kann, zeigte bei akuter Bronchitis eine signifikant schnellere Rückbildung der Symptomatik als in einer Vergleichsgruppe [14].

Ein Kombinationspräparat aus Efeublättern, Primelwurzeln und Thymiankraut (Bronchipret® Saft) zeigte in einer doppelblinden, randomisierten und plazebokontrollierten Studie eine signifikant bessere Beschwerdelinderung in der Verumgruppe [15].

Phytopharmaka zur äußeren Selbstanwendung sind beispielsweise Campher (Camphora), Eukalyptus-Öl (Eucalypti aetheroleum) und Kiefernnadel-Öl (Pini aetheroleum), die zu einer Linderung der Symptome (durch Unterstützung der Expektoration) bei produktivem Husten beitragen können.

Honig als abendliche Einmalgabe (2,5 ml) zeigte bei Kindern eine bessere Linderung von nächtlichem Husten und eine bessere Schlafqualität bei grippalem Infekt als eine konventionelle Medikation mit Diphenhydramin oder Dextromethorphan [11].

Fazit

  • Eine gesundheitsfördernde Lebensweise, insbesondere eine regelmäßige Ausdauerbewegung, reduziert höchstwahrscheinlich die Infektanfälligkeit. Roborierende Maßnahmen zur Verbesserung der Thermoregulation (Kneipp-Therapie, wechselwarme Fußbäder) sind aus erfahrungsheilkundlicher Sicht empfehlenswert.
  • Die vorbeugende Einnahme von Zink und Vitamin C oder von Echinacea-Präparaten ist höchstwahrscheinlich nicht sinnvoll.
  • Sinnvolle Allgemeinmaßnahmen beim unkomplizierten Infekt sind körperliche Schonung und die Anregung der Wärmereaktion des Körpers durch ansteigende Fußbäder oder Phytopharmaka (z. B. Holunderblüten, Lindenblüten, Ingwerwurzel).
  • Eine Verkürzung der Symptomdauer kann durch Echinacea purpurea-Extrakte erreicht werden. Eine Wirksamkeit bei Kindern ist nicht belegt.
  • Homöopathische oder anthroposophische Präparate können ebenfalls zur Symptomlinderung und -verkürzung sinnvoll sein und zeigten sich auch bei Kindern als wirksam.
  • Schnupfensymptome können durch einfache Selbstbehandlungen wie Nasenspülungen und Phytotherapeutika (Meerrettich, Senfsamen) vermindert werden.
  • Einfache Hausmittel bei Halsschmerzen sind Wickel mit Quark oder Zwiebeln, möglicherweise sinnvoll sind Salbei und Propolis.
  • Husten kann durch eine Kombination aus Schleimstoffdrogen, bronchospasmolytisch und sekretolytisch wirkenden Kräutern gelindert werden.


Interessenkonflikte:
keine deklariert

Dr. med. Axel Eustachi


Kontakt:
Dr. med. Axel Eustachi
Kompetenzzentrum für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat)
Klinikum rechts der Isar, Technische Universität
80801 München

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2012; (14) Seite 39-44