Pilzerreger sind vielfältig und gut an die Zivilisation angepasst. Sie befallen den Menschen von Kopf bis Fuß. Am weitesten verbreitet sind die Mykosen der Füße und der Nägel. Es erkranken zunehmend auch Kinder, was vor Jahren selten war. Der Leidensdruck der Patienten, die zum Arzt gehen, ist hoch. Es ist jedoch nicht nur ein optisches Problem, sondern vor allem eine Infektion, die übertragbar ist. Die Erreger sind nachweisbar. Ebenso beeindruckend ist, dass man jede Pilzinfektion heilen kann, auch wenn sie noch so hartnäckig ist. Die vorliegende Arbeit möchte Mut machen, dass dies auch in der hausärztlichen Praxis gelingt.

Die Onychomykose ist eine ernst zu nehmende und therapiebedürftige Krankheit. Mitnichten ist sie ein "Spiel mit der Angst, zum Wohle der Pharmaindustrie", wie dies einige Medien behaupten [1]. Abb. 1 zeigt einen schweren Befall der Fußnägel bei einem 15-jährigen Schüler. Das Bild illustriert, dass Fuß- und Nagelpilz zusammengehören. Es sind zwei Stadien der gleichen Infektion. Unbehandelt breitet sich die Infektion noch weiter aus.

Der Erreger kommt meist aus der Familie

Die Gründe für das Zustandekommen einer Onychomykose sind heute vielfältiger und günstiger denn je. Bei älteren Patienten – etwa jeder zweite 65-Jährige ist betroffen [2] – sind die Füße kälter und die Nägel wachsen auch langsamer. Der häufigste Erreger, Trichophyton rubrum, bevorzugt solche Umstände. Andererseits kann er dadurch niemals eine innere Mykose hervorrufen. Eine große Rolle spielt die genetische Veranlagung, speziell die Frage, ob Rezeptoren für die Erreger auf der Haut vorhanden sind. Bei jungen Menschen sind Faktoren wie Plastikschuhe und Belastungen bei Spiel und Sport am bedeutendsten. Die Druckkräfte auf die Nägel sind beim Tanzen, Tennis oder Fußball enorm, zudem ist die Feuchtigkeit hoch. Vor allem Fußballer sind nicht selten schwer betroffen. Neben diesen Umständen muss es auch zur Ansteckung kommen. Erst das Aufeinandertreffen beider Faktoren, der Disposition und des Erregers, führt zur Mykose. Am häufigsten stammen die Erreger aus dem familiären Umfeld. Meist von Großeltern oder Eltern, die sich nicht behandeln. Da die meisten lokalen Medikamente der Selbstzahlung überlassen wurden, hat auch die Politik ihren Anteil daran, dass Mykosen zunehmen und Nagelpilz nunmehr auch bei Kindern auftritt. Vor allem ältere Menschen behandeln sich aus Kostengründen nicht.

Was, wenn es kein Pilz ist?

Der vom Pilz befallene Nagel ist entweder verdickt oder atrophisch zerstört. Einzelne Nägel widerstehen der Erkrankung, was charakteristisch ist (Abb. 2). Die häufigste nichtinfektiöse Erkrankung ist die Nagel-Psoriasis (Abb. 3). Bei Blutdruckpatienten kann sie durch ß-Blocker, ACE-Hemmer oder AT1-Antagonisten ausgelöst werden. Ein solcher Nagel sieht einem Pilzbefall oft ähnlich (Abb. 4). Das gilt auch für angeborene Nagelveränderungen wie die sogenannten Holz-, Krallen- oder Gletschernägel (Abb. 5). Eine solche Onychogrypose ist im Unterschied zum Pilznagel stets "knüppelhart". Bestehen Zweifel an der klinischen Diagnose, sollte eine Probe entnommen werden. Hierzu genügt es, mit Hilfe einer stumpfen Schere möglichst viele feine Späne von verschiedenen verdächtigen Stellen auf ein Stück Papier zu schaben und an ein Labor zu schicken. Bitte keine großen Stücke abschneiden, keine vorherige Desinfektion durchführen und den Patienten vor der Probenentnahme etwa 4 bzw. 8 Wochen mit einer topischen bzw. systemischen Therapie pausieren lassen.

Jede Onychomykose ist heilbar

Die Therapie ist zwar immer noch schwierig, die Chancen auf Heilung sind jedoch besser denn je. Bei Kindern heilen die Nägel immer. Der Hausarzt sollte sich dieses Erfolgserlebnis nicht nehmen lassen und jeden Onychomykose-Patienten selbst behandeln. Die Notwendigkeit der Therapie ergibt sich aus dem Charakter der Infektion, die übertragbar ist. Der Schlüssel zum Heilerfolg liegt häufig im Zusammenspiel von äußeren und inneren Therapien. Grundsätzlich gilt: Die topische Therapie ist Pflicht, die innere kommt hinzu. Die lokale Behandlung ist wichtig, da kein inneres Medikament in der Lage ist, die Erreger von innen her in den peripheren Infektionsherden zu erreichen. Ist der Nagel verdickt, sollte die infizierte Nagelmasse unbedingt entfernt werden. Die Keime müssen vor allem deshalb gründlich beseitigt werden, da gegen Pilzerreger keine Immunität entsteht und die Infektion aus diesem Grund jederzeit wiederkehren kann. Die Therapie erfolgt in 3 Schritten.

1. Entfernen der infizierten Nagelmasse

Die einzige Methode, die mit hoher Effizienz, schmerzfrei und in Eigenregie erfolgen kann, ist die Anwendung einer 40%igen Harnstoffsalbe mit Bifonazol, bis der kranke Nagel abgetragen ist, über etwa 1 – 2 Wochen. Bifonazol hat den Vorteil, dass das vom Harnstoff abgetragene Nagelmaterial nicht mehr infektiös ist – im Unterschied zur Feile mancher Nagellacke. Der Harnstoff trägt die befallene Nagelmasse, einem Skalpell gleich, innerhalb weniger Tage ab. Der gesunde Nagelanteil bleibt erhalten wie eine Bordsteinkante.

Nicht mehr zeitgemäß ist die chirurgische Nagel-Extraktion. Alternativ kann gefräst werden. Grundsätzlich ersetzt der Harnstoff die Fräse und den Chirurgen. Die Therapie erfolgt so lange, bis keine sichtbar erkrankte Nagelsubstanz mehr vorhanden ist, was häufig bereits nach wenigen Anwendungen der Fall ist. Ausreichend ist eine Behandlung über Nacht. Der mit Harnstoffsalbe versorgte Nagel wird mit einem Pflaster abgedeckt, damit diese nicht in die Bettwäsche geht. Die Harnstoff-Methode ist wegen der schmerzfreien Behandlung insbesondere auch bei Kindern geeignet und ab dem 2. Lebensjahr zugelassen. Bei Bedarf kann und soll die lokale Therapie jederzeit wiederholt werden. Es ist daher ratsam, die lokalen Medikamente bis zur vollständigen Heilung aufzubewahren. Wirkt der Harnstoff nicht, ist es keine Mykose. Er ist somit auch ein wichtiges Differenzialdiagnostikum.

Laser statt Pharma?

Die mit hohen Erwartungen eingeführte Licht- und Lasertherapie ist kritisch zu beurteilen. Der anfänglichen Euphorie ist Ernüchterung gewichen. Es fehlt an klinischer Evidenz. Die Methode ist noch immer teuer und sie wird auch nicht von den Krankenkassen übernommen.

2. Lokale Langzeittherapie

Die durch den Harnstoff freigelegte "Nagelwunde" muss im weiteren Verlauf konsequent täglich mit topischen Antimykotika weiterbehandelt werden. Hierzu sind Präparate mit breiten Wirkstoffen wie Bifonazol und Ciclopirox geeignet, um alle infrage kommenden Erreger zu erfassen. Dies sollte über möglichst lange Zeit erfolgen, bis alle Pilzsporen beseitigt sind und der Nagel komplett gesund herausgewachsen ist. Bifonazol kann zielgenau auf den Nagel gesprüht werden und bindet sich gut. Ein weiterer Fortschritt in der Lokalbehandlung der Onychomykose ist ein wasserlöslicher Lack mit dem direkt sporozid wirkenden Ciclopirox [3]. Er kann im Unterschied zu allen anderen Lacken ebenfalls direkt auf die vom Harnstoff freigelegte Nagelfläche aufgetragen werden. Am besten auch über den Heilerfolg hinaus als Dauerprophylaktikum, um den vom Patienten erhofften nachhaltigen Heilerfolg zu erreichen. Dann einmal pro Woche, "damit der Pilz nicht wiederkommt".

3. Systemische Therapie

Die innere Therapie kommt hinzu, wenn ein Nagel über zwei Drittel bzw. mehr als 3 Nägel gleichzeitig betroffen sind [4]. Erst die Kombination beider Therapieformen, die lokale und die innere, ermöglicht bei vielen Patienten einen 100%igen Heilerfolg, was auch für große Infektionen an den Füßen und Händen sowie die Tinea corporis generalisata gilt. Der Erreger wird in dieser Form von 2 Seiten aus "in die Zange" genommen. Da die Heilungsraten der systemischen Therapie bei ca. 60 % liegen, sollte keine systemische Therapie ohne Lokalbehandlung erfolgen.

Rasante Fortschritte

Die moderne innere Therapie der Onychomykose hat sich radikal verändert und ist besser verträglich denn je [5]. Sie erfolgt nach wenigen Tagen nur noch mit einer Dosis pro Woche (Tabelle 1).

Eine weitere revolutionäre Neuerung betrifft das bekannte, breit wirksame und erste systemische Antimykotikum zur Therapie der Onychomykose, das Itraconazol. Es wurde aufgrund seiner erst kürzlich entdeckten Anti-Tumor-Wirkung als erste systemische Substanz in ein Polymer eingebettet. Diese als SUBA (super bioavailability)-Technologie bezeichnete Methodik steigert die Löslichkeit, Bioverfügbarkeit und Resorption des Antimykotikums dermaßen, dass die Dosis in der Onychomykose-Therapie von 400 auf 200 mg/d, bei Kindern sogar auf 100 mg/d gesenkt werden konnte, was die Akzeptanz der systemischen Therapie weiter erhöht [6]. Diese hat noch immer einen unbegründet schlechten Ruf. Die Azole sind auch in höherer Dosierung ausgezeichnet verträglich und bei Kindern mit der durch Zuwanderung bedingten Zunahme der Tinea capitis Pflichtteil der Therapie [7].

Die innere Therapie erfolgt heute nicht nur sanft dosiert, sondern auch bis zur völligen klinischen Heilung des Nagels, unter Beibehaltung der lokalen Therapie. Bei Kindern tritt der vollständige klinische Erfolg nach etwa 6 Monaten ein, bei Erwachsenen nicht selten erst nach mehr als einem Jahr. Die Patienten sollten wissen, dass die Geschwindigkeit des Wachstums der Nägel nicht beschleunigt werden kann. Um einen nachhaltigen Heilerfolg zu erreichen, ist es ratsam, die Schuhe mit einem Spray aus der Apotheke zu behandeln. Gleichzeitiger Fußpilz sollte über 2 Wochen täglich mit einem der genannten Wirkstoffe als Creme, Lösung oder Spray anfangs mitbehandelt werden. Ebenso alle mitbetroffenen Familienmitglieder (Abb. 6).

Fazit
Die Onychomykose ist weit verbreitet und nicht immer einfach zu behandeln. Es kommt darauf an, den Erreger gründlich zu beseitigen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in schwierigen Fällen im Zusammenspiel von topischer und systemischer Therapie. Letztere ist dank sanfter Dosierung und moderner Galenik sehr gut verträglich und damit noch viel besser als ihr Ruf.


Literatur:
(1) Hackenbroch V.: Spiel mit der Angst. Der Spiegel 2002, 36: 154
(2) Abeck D, Haneke E, Nolting S, Reinel D, Seebacher C. Onychomykose. Aktuelle Daten zu Epidemiologie, Erregerspektrum, Risikofaktoren sowie Beeinflussung der Lebensqualität. Dtsch Ärztebl 2000, 97: 1984-1986
(3) Baran R, Tosti A, Hartmane I, Altmeyer P, Hercogova J, Koudelkova V, Ruzicka T, Combemale P, Mikazans I: An innovative water-soluble biopolymer improves efficacy of ciclopirox nail lacquer in the management of onychomycosis. J Eur Acad Dermatol Venerol 2009, 23: 773-781.
(4) Seebacher C, Brasch J, Abeck D, Cornely O, Effendy I, Ginter-Hanselmayer G, Haake N, Hamm G, Hipler UC, Hof H, Korting HC, Mayser P, Ruhnke M, Schlacke KH, Tietz HJ (2007): Onychomycosis. Mycoses 2007, 50: 321-7
(5) Tietz, HJ. Antimykotika von A-Z. 5., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Ligatur Verlag für Klinik und Praxis, Stuttgart 2011
(6) Tietz H-J: Moderne Onychomykose-Therapie mit SUBA-Itraconazol und Ciclopirox: Fortschritte in der Galenik führen zu nachhaltigen Heilerfolgen. 2016, derm 4: 300-08
(7) Tietz H-J: Mykosen der Haut. Neue Erreger und Fortschritte in der Therapie. MMW 2017, 236: 50-55
Nicht verwenden, da gestrichen:
(2) Meissner G.: Pilzbildung in den Nägeln. Arch Physiol Heilkunde 1853, 12:193–196.
(3) Virchow R. Zur normalen und pathologischen Anatomie der Nägel und der Oberhaut.
Verhandl Physikal Med Gesellsch Würzburg. 1854; 5: 83-105



Autor:

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz

Institut für Pilzkrankheiten und Mikrobiologie
10117 Berlin

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (7) Seite 42-47