In der hausärztlichen Praxis, in der ich vertretungsweise ausgeholfen habe, wurde mir eine Teilhaberschaft angeboten. In dem mir vorgelegten Gesellschaftsvertrag ist eine Klausel zu finden, wonach ich verpflichtet sein soll, mit meinem Ehepartner einen Ehevertrag abzuschließen. Was ist der Sinn dahinter und sollte ich hier zustimmen?

Antwort von Rechtsanwalt Stäwen:

Vor dem Einstieg in eine Gemeinschaftspraxis steht für jede Ärzt:in der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags an. Häufig finden sich in solchen Verträgen Regelungen, die den Gesellschaftern vorschreiben, mit ihrer Ehepartner:in entweder Gütertrennung zu vereinbaren oder einen Ehevertrag zu schließen. Durch solche Regelungen soll sichergestellt werden, dass die Gesellschaftsanteile im Falle einer Scheidung nicht unter Kontrolle eines Dritten gelangen.

Grundsätzlich gibt es drei Arten des Güterstandes in einer Ehe: die Gütergemeinschaft (bei der sämtliches Vermögen beiden Eheleuten gemeinsam gehört), die Gütertrennung (bei der kein gemeinsames Vermögen und auch keine Ausgleichsansprüche begründet werden) und – die weitaus verbreitetste Form – die Zugewinngemeinschaft: Hier werden im Trennungsfall die Vermögenslagen der Eheleute zu Beginn und am Ende der Ehe miteinander verglichen. Der sogenannte "Zugewinn" ist dann so auszugleichen, dass beide in gleichem Maße an etwaigen Vermögenszuwächsen oder -abgängen partizipiert haben.

In die Berechnung des Zugewinns würden auch der Wert des Gesellschaftsanteils plus ggf. Gewinnansprüche fallen, was – bei guter Geschäftsentwicklung – zu einem erheblichen Ausgleichsanspruch führen kann. Nicht selten tritt dann der Fall ein, dass der Gesellschafter, da sein diesbezügliches Vermögen in der Gesellschaft gebunden ist, nicht über ausreichend liquide Mittel verfügt, um den Zugewinnausgleichsanspruch bedienen zu können. Derausgleichsberechtigte Ehepartner könnte diesen Anspruch dann gerichtlich titulieren und den Geschäftsanteil pfänden lassen. Die Mitgesellschafter müssten sich plötzlich mit dem ehemaligen Ehepartner ihres Teilhabers auseinandersetzen und könnten wesentliche Verfügungen nicht mehr ohne dessen Zustimmung vornehmen. Die güterrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ehegatten würde also die Gesellschaft selbst in Nöte bringen.

Sofern grundsätzlich keine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen des Zugewinnausgleichs gewünscht ist, also durch den Ehevertrag keine finanzielle Schlechterstellung des Ehegatten erfolgen soll, kann sich ein solcher Ehevertrag auch auf einen reinen Vollstreckungsschutz beschränken. Der Wert des Gesellschaftsanteils würde in der Berechnung des Zugewinns dann zwar mitzählen, zur Durchsetzung der Ansprüche – und darauf kommt es für die Gesellschaft an – könnte der Ehepartner aber gerade nicht in den Gesellschaftsanteil vollstrecken.

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Autor

© privat
Björn Stäwen, LL. M.

Fachanwalt für Medizinrecht bei KWM LAW PartG mbB,
Lehrbeauftragter der Universität Münster
im Masterstudiengang Medizinrecht für den Bereich Vertragsarztrecht

Erschienen in: doctors|today, 2022; 2 (12) Seite 56