Die Bildgebung ist bei den meisten Fällen von unspezifischen Rückenschmerzen wenig hilfreich. Die üblichen Verschleißerscheinungen der unteren LWS-Segmente werden bei fast allen Personen über 30 Jahren gefunden und spielen für die Therapie keine wesentliche Rolle. Bildgebende Verfahren sollten daher nur eingesetzt werden, wenn wichtige Indikationen vorliegen, die nachfolgend erläutert werden sollen.
In einem seiner letzten Interviews antwortete Prof. Alf Nachemson, der sein Leben der Rückenschmerzforschung gewidmet hat, auf die Frage, was die Ursache des Rückenschmerzes sei, sinngemäß: "In den meisten Fällen weiß ich es nicht" [1]. Fest steht, dass ungezielte Bildgebung bei unspezifischen Beschwerden oft Befunde zutage fördert, die nicht Ursache der Schmerzen sind. In einer Studie mit 67 asymptomatischen Freiwilligen wurden bei über 30 % der über 60-Jährigen sogar Bandscheibenvorfälle ohne klinisches Korrelat gefunden [2]. Eine exakte Anamnese und eventuell vorliegende neurologische Ausfälle sind dagegen oft hilfreicher für die Therapieplanung.
Leitlinien: Wann Bildgebung
Dem sinnvollen und somit zumeist protrahierten Einsatz der Bildgebung steht oft eine gewisse Erwartungshaltung der Patienten gegenüber. Daher ist die Kenntnis der aktuellen Leitlinien (Stand 2013, AWMF), die unter Mitwirkung aller relevanten Fachgesellschaften erstellt wurden, erforderlich [3]. Hier wird primär zwischen akuten, subakuten und chronischen Kreuzschmerzen unterschieden.
Bei akuten Kreuzschmerzen ist eine Bildgebung nur zu veranlassen, wenn Warnhinweise für gefährliche Verläufe (sogenannte "Red Flags") vorliegen. Dazu gehören akute Traumata mit Frakturverdacht, Tumorerkrankungen mit möglicher Knochenbeteiligung, gleichzeitig bestehende Infektionszeichen insbesondere bei Diabetespatienten (-> mögliche Spondylodiszitis) sowie der Hinweis auf einen komprimierenden Prozess mit radikulärer Ausstrahlung, insbesondere bei Lähmungen oder einem Kaudasyndrom.
Bei subakuten Verläufen ist eine Bildgebung dann indiziert, wenn nach sechswöchiger leitliniengerechter Therapie keine Besserung ausgeprägter und aktivitätseinschränkender Schmerzen vorliegt oder gar eine Verschlechterung eintritt.
Bei starken Rückenschmerzen, die länger als zwölf Wochen bestehen, sollte einmalig eine Bildgebung durchgeführt werden, falls keine psychosozialen Chronifizierungsfaktoren vorliegen oder zusätzliche Hinweise auf weitere diesbezüglich relevante Erkrankungen bestehen.
Welche Bildgebung wann: Röntgen, Myelographie, CT, MRT
Mittel der Wahl bei indizierter Bildgebung ist die Kernspintomographie. Vorteile dieser Methode sind ein allen anderen Methoden weit überlegener Weichteilkontrast, die fehlende Strahlenbelastung und die Möglichkeit, frische von alten Frakturen zu unterscheiden, was insbesondere bei osteoporotisch bedingten Frakturen wichtig ist (Abbildung). Was die MRT üblicherweise nicht leisten kann, sind Funktionsaufnahmen im Stehen, wie sie von Orthopäden zum Nachweis einer Instabilität gefordert werden. Dies ist weiterhin eine Domäne der herkömmlichen Röntgenaufnahme. Damit sind Funktionsaufnahmen ohne Probleme möglich.
Die CT als Einzelverfahren erlaubt eine hervorragende Darstellung der knöchernen Strukturen, auch die Bandscheiben können mit großer Sicherheit gut erkannt werden. Im Vergleich zur Kernspintomographie hat die Methode den Nachteil einer relativ hohen Strahlenbelastung und sollte daher nur bei MRT-Kontraindikationen oder beim akuten Trauma zum Einsatz kommen.
PRT: sinnvoll oder unsinnige "IGeL"?
Bandscheibenvorfälle werden heute nur noch selten operiert. Als zwingende Indikation gelten signifikante Paresen sowie eine Blasenentleerungsstörung. Die Schmerzen, die ein Prolaps verursacht, können aber sehr belastend sein. Daher spielt die Schmerztherapie eine entscheidende Rolle, um den Patienten ein halbwegs beschwerdearmes Leben und Arbeiten zu ermöglichen.
Die periradikuläre Therapie (PRT) ist ein Verfahren, bei dem unter Röntgen- oder CT-Kontrolle eine Medikamentenmischung aus Lokalanästhetikum und einem Kortisonpräparat direkt an die komprimierte Nervenwurzel gespritzt wird. Durch die oft sofortige Behebung der Schmerzen nach der Behandlung kann sich die verspannte Muskulatur beruhigen und die Schmerzen bessern sich bei etwa 70 % der Patienten so weit, dass weitere Injektionen nur selten erforderlich sind [4]. Die Injektion des Medikamentengemischs direkt an die Nervenwurzel ist auch bei vorsichtiger Injektion sehr unangenehm. Die von den betäubten Nervenwurzeln abhängigen Muskeln sind nach der Maßnahme häufig leicht gelähmt, so dass die Patienten bis zum Nachlassen der Lokalanästhesie sturzgefährdet sind. Daher sollte bei ambulanten PRTs wenn möglich immer eine Begleitperson mit dabei sein und auf das Autofahren verzichtet werden.
Nebenwirkungen sind bei der PRT zwar selten, aber durchaus möglich. Bei Diabetespatienten kann es zum Anstieg des Blutzuckerspiegels kommen, insbesondere bei wiederholten Injektionen. Infektionen bis hin zu epiduralen Abszessen sind selten, kommen aber vor und es wurden sogar schon Todesfälle bei Verwendung verunreinigten Kontrastmittels beschrieben. Daher sollten die Injektionen auf ein Minimum beschränkt werden.
Da die PRT ein invasives Verfahren ist, sollte die konservative Therapie aus genannten Gründen wenn immer möglich bevorzugt werden. Bei sehr starken Schmerzen kann diese Behandlung aber durch die direkt einsetzende Wirkung für die Patienten in vielen Fällen ein "Wunder" bewirken. Gleiches gilt für die Facettenblockade, bei der die kleinen Wirbelgelenke infiltriert werden [5]. Ein Facettensyndrom kann angenommen werden, wenn sich die Beschwerden beim Nach-vorne-Beugen bessern, keine eindeutige radikuläre Symptomatik besteht und ein umschriebener paravertebraler Druckschmerz über einem kleinen Wirbelgelenk nachweisbar ist.
Interessenskonflikte: Der Autor hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (15) Seite 38-40