Dass Asthma eine sehr heterogene Krankheit ist, trifft ganz besonders auf Patienten mit schwerem Asthma zu. Zusätzliche neue Medikamente werden hauptsächlich für Patienten benötigt, deren schweres Asthma trotz Standardtherapie nicht gut kontrolliert ist.

Immer mehr Biologika werden für Patienten mit schwerem Asthma entwickelt, erklärte Prof. Ian Pavord, University of Oxford, UK, im Rahmen des Joint SGORL/SGAI Meetings 2016 in Montreux. Sie sollten als Zusatzbehandlungen jedoch sehr gezielt eingesetzt werden. Dies illustrieren die enttäuschenden Resultate der ersten klinischen Studien, die mit dem monoklonalen, gegen Interleukin 5 (IL-5) gerichteten Antikörper Mepolizumab durchgeführt wurden.

Das Zytokin IL-5 wird für die Differenzierung, die Reifung, die Rekrutierung, die Aktivierung und das Überleben von eosinophilen Granulozyten benötigt. Mepolizumab reduziert die Bildung und das Überleben von Eosinophilen. Zwar konnten mit Mepolizumab starke biologische Effekte (z. B. ausgeprägte Reduktion der Sputumeosinophilie) erzielt werden, aber es resultierte zunächst kein klinischer Nutzen. Aufgrund weiterer Untersuchungen wurde die Hypothese aufgestellt, dass bei Patienten mit schwerem Asthma die eosinophile Entzündung für Asthmaexazerbationen verantwortlich sei und die Atemwegsdysfunktion für alltägliche Symptome wie Husten und Dyspnoe (vgl. Kasten 1). Demnach wird der Hauptnutzen eines neuen Medikaments, das gezielt gegen die eosinophile Entzündung gerichtet ist, voraussichtlich in einer Reduktion der Asthmaexazerbationen bestehen.

Patienten sinnvoll auswählen

Die MENSA-Studie (Mepolizumab as adjunctive therapy in patients with severe asthma) bestätigte tatsächlich diese Vermutung [1]. Es handelte sich um eine randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie, an der sich 576 Patienten beteiligten. Sie litten an schwerem, trotz Behandlung mit hohen Dosen inhalativer Glukokortikoide häufig exazerbierendem Asthma mit starker eosinophiler Atemwegsentzündung. Weil sich herausgestellt hatte, dass die Eosinophilenzahl im induzierten Sputum als Biomarker durch die viel einfacher messbare Eosinophilenzahl im Blut ersetzt werden kann, wurden die Patienten aufgrund der Bluteosinophilie selektioniert. Es zeigte sich, dass eine subkutane Therapie mit Mepolizumab (100 mg alle vier Wochen) im Vergleich zu Plazebo die Exazerbationsrate nach 32 Wochen signifikant um 53 % senken kann. Zudem verbesserte das Biologikum die Lungenfunktion. Die durchschnittliche Zunahme des FEV1 (vor Bronchodilatatoranwendung) betrug nach 32 Wochen im Vergleich zum Ausgangswert in der Plazebogruppe 86 ml und in der Gruppe mit subkutanem Mepolizumab 183 ml.

Einsparung oraler Steroide

Manche Patienten mit schwerem Asthma benötigen trotz hoch dosierter inhalativer Therapie ständig orale Glukokortikoide, wobei ernsthafte und oft irreversible Nebenwirkungen in Kauf genommen werden müssen. Die multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte Doppelblindstudie SIRIUS (Steroid reduction with mepolizumab study) wies bei 135 Patienten mit eosinophilem Asthma den Spareffekt von Mepolizumab bezüglich oraler Glukokortikoide nach [2]. Eine Optimierungsphase diente zur Einstellung der geringsten Erhaltungsdosis des oralen Kortikosteroids, die eine akzeptable Asthmakontrolle sicherstellte (durchschnittlich 10 bis 12,5 mg Prednisonäquivalent). Danach erhielten die Patienten randomisiert entweder Mepolizumab (100 mg subkutan in den Wochen 0 und 4 während der Induktionsphase) oder Plazebo (ebenfalls als subkutane Injektionen). Unter Fortsetzung der Mepolizumab-Therapie alle vier Wochen bis Woche 20 wurde die Dosis des oralen Kortikosteroids in der anschließenden Reduktionsphase (Woche 4 bis Woche 20) gesenkt, wenn dabei die Asthmakontrolle beibehalten werden konnte, und danach in der letzten Phase (Erhaltungstherapie) von Woche 20 bis Woche 24 nicht mehr verändert.

Der Effekt der Mepolizumab-Therapie wurde nach 24 Wochen evaluiert. In der Mepolizumabgruppe war im Vergleich zur Plazebogruppe bei mehr Patienten eine Reduktion der Dosis des oralen Kortikosteroids möglich (Dosisreduktion um 90 bis 100 % bei 23 bzw. 11 % der Patienten; Dosisreduktion um 75 bis 89 % bei 17 bzw. 8 % der Patienten). Die mediane Reduktion der täglichen Dosis des oralen Kortikosteroids betrug in der Mepolizumabgruppe 50 % und in der Plazebogruppe 0 %. Die auf ein Jahr bezogene Exazerbationsrate konnte durch die Mepolizumab-Zusatztherapie um 32 % reduziert werden (1,44 bzw. 2,12) [2].

Biomarker für die Therapiewahl

Mepolizumab (Nucala®) ist das erste Biologikum, das speziell für Asthmapatienten mit eosinophiler Atemwegsentzündung zugelassen wurde. Mehrere weitere Biologika werden folgen (Kasten 2). Die verschiedenen antientzündlichen Biologika beeinflussen die Biomarker der Entzündung unterschiedlich. Anti-IL-5-Biologika haben einen starken Effekt auf die Blut- und die Sputumeosinophilie, beeinflussen aber das Stickstoffmonoxid in den Atemwegen nicht (keine Reduktion von FeNO = fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid).

Der Anti-IL-4-Rezeptor-Antikörper Dupilumab reduziert dagegen FeNO. Als einfach messbare Biomarker geben Bluteosinophilie und FeNO klare Hinweise auf das biologische Geschehen in den Atemwegen. Die IL-5-Aktivität in den Atemwegen ist für die Erhöhung der Eosinophilen im Blut verantwortlich, und wegen der IL-13-Aktivität in den Atemwegen ist FeNO erhöht. Entsprechend könne spekuliert werden, dass Patienten mit stark ausgeprägter Bluteosinophilie Anti-IL-5-Kandidaten seien, während Patienten mit hohem FeNO möglicherweise Anti-IL-13-Kandidaten seien, sagte der Referent.

Alfred Lienhard

Genehmigter und bearbeiteter Nachdruck aus Congress Selection Allergologie/Imunologie/ORL Juli 2016


Literatur:
1. Ortega HG et al.: Mepolizumab treatment in patients with severe eosinophilic asthma. N Engl J Med 2014; 371: 1198–1207.
2. Bel EH et al.: Oral glucocorticoid-sparing effect of mepolizumab in eosinophilic asthma. N Engl J Med 2014; 371: 1189–1197.
Quelle: Vortrag «Asthma endotypes and specific therapeutic approaches » am Clinical Symposium SSAI – Asthma and rhinitis, anlässlich des gemeinsamen SGORL/ SGAI-Jahrestreffens, 28. April 2016 in Montreux.

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (13) Seite 54-57