Die Bezeichnung axiale Spondyloarthritis (ax SpA) umfasst sowohl Patienten mit einer ankylosierenden Spondylitis (AS), auch M. Bechterew genannt, als auch Patienten in der frühen Phase der Erkrankung mit einer nicht-röntgenologischen SpA. Bis Röntgenveränderungen nachweisbar sind, kann es mehrere Jahre dauern. Dies ist ein Grund, warum zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnosestellung oft fünf bis zehn Jahre vergehen. Der nachfolgende Beitrag gibt Tipps zur frühzeitigen Diagnose und Therapie in der Hausarztpraxis.

Die Diagnose einer AS basiert auf dem röntgenologischen Nachweis einer Sakroiliitis, d. h. eine solche Diagnose ist erst möglich, wenn bereits strukturelle knöcherne Veränderungen vorliegen. In seltenen Fällen können auch schon mal typische Syndesmophyten in der Wirbelsäule nachweisbar sein, ohne dass eine röntgenologische Sakroiliitis vorhanden ist. Man weiß aber schon seit vielen Jahren, spätestens nach dem vermehrten Einsatz der MRT-Untersuchungen für die Sakroiliakalgelenke, dass dem Auftreten struktureller knöcherner Veränderungen eine Entzündung vorausgeht.

MRT wichtig für Frühdiagnose

Einen wesentlichen Parameter für die Frühdiagnose stellt der Nachweis aktiver entzündlicher Veränderungen des subchondralen Knochenmarks (subchondrales Knochenmarködem) in der MRT-Untersuchung dar. Zu diesem Nachweis ist eine T2-gewichtete MRT-Sequenz mit Fettsuppressionen (oder auch eine STIR-Sequenz = short tau inversion recovery) erforderlich. Ein typisches Beispiel eines subchondralen Knochenmarködems ist in Abb. 1 gezeigt. In der in der Regel parallel angefertigten T1-MRT-Sequenz können dann zusätzlich auch noch chronische Veränderungen wie Erosion, Sklerose oder Ankylose beurteilt werden.

Neue Klassifikationskriterien

Vor diesem Hintergrund wurden dann neue Klassifikationskriterien entwickelt, die die Patientengruppe mit axialer Spondyloarthritis erfassen (vgl. Abb. 2). Diese Kriterien kommen zur Anwendung bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, die länger als drei Monate andauern und vor dem 45. Lebensjahr begonnen haben, da es sich um eine Erkrankung der jungen Menschen handelt. Das Männer/Frauen-Verhältnis bei dem Vorliegen von röntgenologischen Veränderungen (= ankylosierende Spondylitis) beträgt ca. 2:1, in der Phase der nicht-radiologischen SpA beträgt das Männer/Frauen-Verhältnis 1:1.

Entsprechend diesen Klassifikationskriterien sollte zusätzlich eine Sakroiliitis in der Bildgebung, entweder in der Röntgenuntersuchung oder in der MRT-Untersuchung, vorliegen und/oder ein positives HLA-B27 in Kombination mit anderen klinischen oder Labor-Parametern, die in Tabelle 2 aufgeführt sind. Es muss aber betont werden, dass nicht alle Patienten, die die Klassifikationskriterien erfüllen, auch eine axiale SpA haben, da die Spezifität dieser Kriterien nur ungefähr 84 % beträgt. D. h. es sollte immer ein Spezialist, in der Regel ein Rheumatologe, bei der Diagnosestellung und bei der Bewertung und Gewichtung der einzelnen Parameter hinzugezogen werden.

Screening-Parameter für Früherkennung in der Allgemeinpraxis

Der chronische Rückenschmerz ist in der Allgemeinpraxis ein häufiges Krankheitsbild. Man weiß aus früheren Untersuchungen, dass nur ca. 5 % der Patienten, die sich in der Allgemeinpraxis mit chronischem Rückenschmerz präsentieren, letztlich die Diagnose einer axialen Spondyloarthritis erhalten.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, Klinikparameter für die Allgemeinpraxis anzubieten, die einfach sind und mögliche Patienten identifizieren können. Wir hatten hier als Screeningparameter das Vorliegen des sogenannten entzündlichen Rückenschmerzes (Morgensteifigkeit mit Besserung bei Bewegung, aber nicht in Ruhe) oder das Vorliegen eines positiven HLA-B27-Testes oder aber bereits vorhandene Hinweise in der Bildgebung auf eine Sakroiliitis vorgeschlagen (Abb. 3).

In einer Untersuchung mit Berliner Orthopäden und Allgemeinmedizinern haben wir diese Screeningparameter angeboten und dann 350 Patienten ausgewertet, die bei einem oder mehreren positiven Parametern zu uns überwiesen worden sind. Wir konnten dann bei 45 % der Patienten die Diagnose einer axialen Spondyloarthritis stellen, ein Ergebnis, das in nationalen und internationalen Untersuchungen dann in etwa auch bestätigt werden konnte. Etwa die Hälfte dieser Patienten ist dann zum Zeitpunkt der Diagnosestellung noch in dem Stadium der nicht-röntgenologischen ax SpA. Solche Screeningparameter sind für die Anwendung in der allgemeinen Praxis also durchaus geeignet.

Nicht-steroidale Antirheumatika in der Therapie der axialen SpA

Für die Therapie der axialen Spondyloarthritis gibt es zurzeit nur zwei Medikamentengruppen, für die eine Wirksamkeit nachgewiesen worden ist. Dabei handelt es sich um die nicht-steroidalen Antirheumatika und dann als Eskalation der Therapie um die TNF-alpha-Blocker. Die nicht-steroidalen Antirheumatika sind vermutlich über ihre antientzündliche Wirkung hoch effektiv und 70–80 % der Patienten mit einer axialen Spondyloarthritis sprechen sehr gut oder gut auf eine Therapie an. In einer kürzlichen Untersuchung von Patienten mit einer axialen Spondyloarthritis und einer Symptomdauer von weniger als drei Jahren wurde eine klinische Remission unter einer Therapie mit dem nicht-steroidalen Antirheumatikum Naproxen (1 000 mg/Tag) sogar bei 35 % der Patienten erreicht. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass eine kontinuierliche Therapie mit einem nicht-steroidalen Antirheumatikum auch die Verknöcherung der Wirbelsäule verzögert. Insbesondere scheinen die Patienten davon zu profitieren, die CRP-positiv sind. Es gilt allerdings noch für die Zukunft, die Patientengruppe etwas genauer einzugrenzen, die von solch einer kontinuierlichen NSAR-Therapie längerfristig profitieren würde.

TNF-Blocker in der Therapie der ­axialen SpA

Patienten, die nicht ausreichend auf eine NSAR-Therapie ansprechen, sind dann Kandidaten für eine Behandlung mit einem TNF-alpha-Blocker, falls sie auf der Aktivitätsskala für den BASDAI (Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index) von 0 = keine Beschwerden bis 10 = maximale Beschwerden mindestens ein Aktivitätsniveau von 4 erreichen. Für die Indikation ankylosierende Spondylitis (d. h. typische röntgenologische Veränderungen in den SI-Gelenken plus entsprechende Symptomatik) sind alle augenblicklichen fünf TNF-alpha-Blocker zugelassen. Für die Gruppe der Patienten, die sich noch in der Phase der nicht-röntgenologischen axialen SpA befinden, sind zurzeit die TNF-alpha-Blocker Adalimumab (Humira®) und Certolizumab (Cimzia®) zugelassen, wenn diese Patienten zusätzlich zu den klinischen Symptomen noch ein positives C-reaktives Protein haben und/oder eine aktive Entzündung (Osteitis) in der MRT-Untersuchung in den Sakroiliakalgelenken oder der Wirbelsäule aufzeigen. Patienten, die solche klaren Zeichen einer objektiven Entzündung haben, und Patienten in den ersten Jahren ihrer Erkrankung sprechen auf eine TNF-alpha-Blocker-Therapie am besten an. Bei so ausgewählten Patienten konnte sogar eine Remissionsrate unter einer TNF-alpha-Blocker-Therapie von bis zu 50 % erreicht werden.

Schlussfolgerung

Axiale Spondyloarthritiden sind relativ häufig, einschließlich der frühen Formen vor dem Auftreten von Röntgenveränderungen. Screeningprogramme zur Früherkennung und dann Überweisung zum Spezialisten sind vorhanden und wirksam, falls angewendet. Eine Frühdiagnose ist für die Führung der Patienten und die Einleitung einer optimalen Therapie essenziell.


Autor

Prof. Dr. med. Joachim Sieper

Charité Universitätsmedizin, Campus Benjamin Franklin, Berlin


Interessenkonflikte:
Der Autor hat keine deklariert.

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (12) Seite 58-62