Das Praxispersonal ist ein entscheidender Faktor dafür, ob und wie wirtschaftlich Sie Ihre Hausarztpraxis führen können. Neben einer gut überlegten Personalplanung und der richtigen Personalquote ist ein individuell angepasster Führungsstil essenziell.

Ausgangspunkt einer wirtschaftlichen Praxisführung ist zunächst die Praxisstrategie, die im ersten Teil dieser Artikelreihe zusammen mit weiteren betriebswirtschaftlichen Maßnahmen beschrieben wurde (siehe doctors today Ausgabe 7/21). Bei der Praxisstrategie handelt es sich kurz gefasst um die Festlegung von aufeinander abgestimmten betriebswirtschaftlichen Maßnahmen und Instrumenten, um langfristige Ziele – persönlicher wie beruflicher Art – zu erreichen. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns nun mit dem "Praxispersonal" als wichtiger Stellschraube.

Personal fordern und fördern

Zu einem wirtschaftlichen Praxisbetrieb gehört selbstverständlich auch ein strukturierter, reibungsloser Praxisablauf, der sich sowohl in der medizinischen als auch in der Verwaltungstätigkeit widerspiegelt. Für eine strukturierte und gut funktionierende Ablauforganisation ist eine zur Praxis passende Anzahl von Praxispersonal und dessen Qualifikation von elementarer Bedeutung. Pro Aufgabengebiet sollte eine Stellenbeschreibung erstellt werden. In der Zusammenschau dieser Beschreibungen wird augenscheinlich, welche Personalstärke über alle Tätigkeitsfelder hinweg in Ihrer Praxis benötigt wird und was die Mitarbeiter:innen hierfür können müssen. Ist der passende Personalstamm einmal aufgebaut, können die Hände jedoch nicht in den Schoß gelegt werden, denn die dauerhafte Personalführung durch die Praxisinhaber:innen hat wesentliche Auswirkungen auf die Arbeitseffizienz des Praxisteams. Eine beständige Personalführung ist darüber hinaus schon deshalb erforderlich, weil sich Arbeitsabläufe ändern, wegfallen oder neu hinzukommen können. Sie befinden sich mit Ihrer Praxis nicht in einer statischen Luftblase und sollten deshalb auch auf innere und äußere Veränderungen reagieren können. Dies ist zum Beispiel bei Kündigung einer kompetenten Mitarbeiterin oder der Einführung von neuen, verpflichtenden IT-Sicherheitsrichtlinien der Fall.

Finden Sie Ihren Führungsstil

Legen Sie sich einen persönlichen Führungsstil zu, der zu Ihnen passt, bleiben Sie dabei aber offen für Veränderung und reflektieren Sie sich von Zeit zu Zeit. Führung fällt nicht vom Himmel, sondern muss genauso gelernt werden wie die Analyse von Laborergebnissen. Nutzen Sie Führungsseminare und Fortbildungen, sprechen Sie mit Kolleg:innen und holen Sie sich Tipps. Ein zeitgemäßer Führungsstil beinhaltet u. a. eine "positive Führung". Dies bedeutet, dass Sie Feedback geben – sowohl positiv als auch negativ. Dabei sollten Kritik und Lob immer auf einen ganz konkreten Anlass bezogen sein und möglichst zeitnah erfolgen. In beiden Fällen unbedingt "unter vier Augen" und nicht vor den Kolleg:innen, um Neid oder Hänseleien zu vermeiden.

Vertrauensbasis schaffen

Auch die fachliche und von der Kompetenz her passende Delegation von Aufgaben an Mitarbeiter:innen ist ein Merkmal des positiven Führungsstils. Weiterhin spiegelt das Delegieren Vertrauen in das Personal wider. Mitarbeiter:innen, die auf diese Weise Förderung, Rückendeckung und Wertschätzung durch die Praxisführung erfahren, sind eher motiviert, das entgegengebrachte Vertrauen wieder zurückzugeben. Gleichzeitig entlastet das Delegieren die Praxisinhaber:innen und erzeugt Raum für die Erledigung anderer wichtiger Aufgaben. Erfahrungsgemäß spielt für den Praxiserfolg auch die Fehlerkultur eine wichtige Rolle. Nur wenn die Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, dass aus der Bekanntgabe eines eigenen Fehlers kein persönlicher Nachteil, sondern ein Lerneffekt für alle entsteht, werden Fehler offen kommuniziert und nicht vertuscht.

Personal richtig einstellen und Geld verdienen

Ein betriebswirtschaftlicher Grundsatz für die erfolgreiche Führung eines Unternehmens lautet: "Umsatz vor Kosten." Dies bedeutet nicht, dass ungünstige Kostenarten ignoriert werden sollen. Maßnahmen zur Umsatzsteigerung haben üblicherweise jedoch einen stärken wirtschaftlichen Effekt als Maßnahmen zur Kostensenkung. Der Hintergrund ist, dass eine typische Arztpraxis einen sehr hohen Fixkostenanteil hat. Zu den Fixkosten mit den höchsten Kostenanteilen gehören insbesondere die Personal- und die Raumkosten. Sofern keine Überkapazitäten bestehen, führt eine Reduktion dieser Kosten – sofern eine Reduktion bei laufenden Verträgen möglich ist – zu Qualitäts- und/oder Mengenverlusten. Der Umsatz sinkt somit zwangsläufig.

Praxisbeispiel 1: Unwirtschaftliche Leistungen erkennen
Erfahrungswerte zeigen, dass die Vergütungsquote der Budgetüberschreitung bei rund 10 % liegt. Mit einer Honoraranforderung, die z. B. 5.000 € über das Budget hinausgeht, wird nur ein Resthonorar in Höhe von 500,- € erzielt. Sofern es medizinisch vertretbar ist, kann in einem solchen Fall geprüft werden, ob einzelne budgetierte Leistungen reduziert werden können, ohne dabei die Fallzahl zu reduzieren. Wenn dies möglich sein sollte, können die dadurch frei werdenden Zeitkapazitäten für extrabudgetäre oder private Leistungen genutzt werden.

Betrachten wir die Ressource Praxispersonal: Wird bei einer gut funktionierenden und ausgelasteten Praxis die Personalkapazität reduziert, führt dies zwangsläufig dazu, dass Zeit eingespart werden muss. So können z. B. Patientenvorbereitungen durch MFA möglicherweise nicht mehr vollumfänglich durchgeführt werden. Dies führt dann dazu, dass die Praxisinhaber:in nun selber mehr Zeit bei der Patient:in aufwenden muss. Als weitere Folge zeigt sich, dass bei unveränderter Arbeitszeit und gleichbleibendem Leistungsspektrum nicht mehr so viele Patient:innen behandelt werden können wie zuvor – der Umsatz sinkt bzw. reduziert sich.

Der Bestand und die Qualifikation des medizinischen Personals sollten daher auf die Größe, das Leistungsspektrum und die Patientenanzahl der entsprechenden Praxis passend zugeschnitten sein. Umsatzsteigerungsmaßnahmen, die mit der bestehenden Personalkapazität erzielt werden können, haben meist einen wirtschaftlich langfristigen und positiven Effekt.

Praxisbeispiel 2: Personalkostenquote berechnen
Die Personalkostenquote setzt den Personalaufwand in ein Verhältnis zur Gesamtleistung der Praxis. Auf Basis der neuesten statistischen Informationen des ZI-Praxis-Panels liegt in einer durchschnittlichen Hausarztpraxis die Personalkostenquote bei 29,5 %. Das bedeutet, dass mit jedem 1,- € Umsatz, der erzielt wird, rund 0,30 € auf die Personalkosten entfallen. Vergleichen Sie diese durchschnittliche Personalkostenquote mit der Personalkostenquote in Ihrer BWA. Haben Sie eine geringere Personalkostenquote als 29 %, ist das Umsatz-Personalkostenverhältnis in Ihrer Praxis besser – ist das Verhältnis schlechter, sollten Sie nach den Ursachen forschen.

Weg mit unwirtschaftlichen Leistungen

Ohne neues Personal einzustellen bzw. die Personalkapazität zu verändern, können beispielsweise unwirtschaftliche Leistungen reduziert und durch wirtschaftlichere Leistungen ersetzt werden. Entscheidend hierbei ist die genaue Kenntnis, welchen wirtschaftlichen Effekt einzelne Leistungen haben. Überschreitet eine allgemeinmedizinische Praxis etwa regelmäßig im größeren und ungewöhnlichen Umfang ihr Praxisbudget, werden die budgetüberschreitenden Leistungen häufig nur zu reduzierten Restpunktwerten vergütet.

Ergebnisse fortlaufend prüfen

Ob in Ihrer Praxisstrategie enthalten oder nicht, in jedem Fall sollte die Wirtschaftlichkeit der eigenen allgemeinmedizinischen Praxis stimmen. Eine einfache Möglichkeit zur Überprüfung Ihres wirtschaftlichen Ergebnisses bietet Ihnen die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) Ihrer Steuerberater:in. Diese können Sie auch unterjährig (z. B. monatlich oder quartalsweise) erfragen. In den BWA können Sie die Zusammensetzung Ihres wirtschaftlichen Ergebnisses prüfen (u. a. Einnahmen-/Kostenarten) sowie die jeweiligen Höhen und Veränderungen im Zeitverlauf (insbesondere zum Vorjahr) vergleichen.

Tipp: Besprechen Sie die BWA regelmäßig mit Ihrer Steuerberater:in und prüfen Sie genau, wann und warum sich Veränderungen eingestellt haben. Dadurch schaffen Sie gleichzeitig eine betriebswirtschaftliche Routine, die bei der fortlaufenden Praxisentwicklung hilfreich sein kann.

Personalkosten im Blick behalten

Bei den Personalkosten handelt es sich in den meisten Praxen um die höchste Kostenposition. Deshalb lohnt es sich, einmal grundlegend zu prüfen, ob das Verhältnis der Personalkosten auch zum Gesamtumsatz Ihrer Praxis passt.

Tipp: Auch die KV-Honorarbescheide bieten eine gute Grundlage zur Prüfung der wirtschaftlichen Zusammensetzung Ihres GKV-Honorars. Die Nutzbarkeit der Bescheide zur Eigenprüfung ist jedoch von KV zu KV unterschiedlich. Zusätzlich können Sie gezielte Prüfungen Ihrer KV-Honorarabrechnung durch spezialisierte Praxisberater:innen durchführen lassen.

Wenn "BWA" und "KV-Honorarbescheid" böhmische Dörfer für Sie sind, sollten Sie sich mindestens ein betriebswirtschaftliches Grundwissen aneignen. Denn als Praxisinhaber:in sind Sie selbstständig und damit Unternehmer:in. Externe Fortbildungen und Seminare können Ihnen dabei helfen, einen Überblick über wirtschaftliches Handeln zu erhalten.

So behalten Sie den Überblick

Eine zu Ihrer Hausarztpraxis passende Personalkapazität und Qualifikation sind Grundvoraussetzungen, damit Sie Ihre Praxis wirtschaftlich führen können. Als Praxisinhaber:in sind Sie verantwortlich für die Personalauswahl und die -kapazitäten. Es ist außerdem Ihre Aufgabe als Praxisinhaber:in, das Personal aktiv zu führen, für Weiterbildungsmöglichkeiten zu sorgen und bei Problemen oder Änderungen zu agieren. Nutzen Sie die Kompetenz Ihrer Mitarbeiter:innen und delegieren Sie Aufgaben, damit Sie persönlich entlastet werden. Die Wirtschaftlichkeit Ihrer Praxis können Sie mit Maßnahmen zur Umsatzsteigerung nachhaltiger erhöhen als mit einer Reduzierung der Personalkapazität. Überprüfen Sie regelmäßig anhand Ihrer BWA, wie wirtschaftlich Ihre Praxis ist. Speziell für das Personal empfiehlt sich der Blick auf die Personalkostenquote im Zeit- und Fachgruppenvergleich.

Checkliste: Gutes Führen kann man lernen
  • Loben Sie aktiv und geben Sie Feedback.
  • Bieten Sie engagierten Praxismitarbeiter:innen Fort- und Weiterbildungen an und fördern Sie gutes Personal – das schafft eine Win-win-Situation.
  • Delegieren Sie Aufgaben und geben Sie Verantwortung ab, um die Qualität und Wertschätzung Ihrer Mitarbeiter:innen zu bestätigen. Verlieren Sie hierbei aber nicht die Kompetenz und Auslastung Ihrer Mitarbeiter:innen aus den Augen.
  • Üben Sie Lob und insbesondere Kritik nur unter "vier Augen" aus.
  • Schaffen Sie eine offene Fehlerkultur, um Lerneffekte zur zukünftigen Fehlervermeidung zu erzielen.



AutorEN

Andrea Becker


Stefan Hoch

Frielingsdorf Consult GmbH
Praxisberatung und Schulung zu
Strategie, Kooperationsmodellen sowie Wirtschaftlichkeit

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (11) Seite 66-68