Für die Hausärzt:innen ist das Jahr 2020 ziemlich turbulent verlaufen. Zur Routine gewordene Praxisabläufe mussten aufgrund der Pandemie-Situation umstrukturiert und teilweise neu organisiert werden. Tatsächlich haben sich die Hausärzt:innen gut geschlagen und so einen maßgeblichen Teil dazu beigetragen, dass die Pandemie zumindest bis zum Herbst einigermaßen gut bewältigt werden konnte. Was die wirtschaftliche Lage der Praxen anbetraf, war die Stimmung allerdings auf einem Tiefpunkt. Das hat sich erst im Herbst etwas gebessert.

Die Stiftung Gesundheit ermittelt mit ihrem Medizinklimaindex (MKI) halbjährlich, wie Ärzt:innen, Zahnärzt:innen und Psychotherapeut:innen in Deutschland ihre wirtschaftliche Lage beurteilen. Die letzte Erhebung aus dem Mai 2020 zeigte deutlich, dass die wirtschaftlichen Erwartungen der Praxisinhaber:innen sich in der Coronakrise deutlich abgekühlt hatten. Der MKI stürzte infolge der Krise auf einen Wert von minus 25,1. Einen stärkeren Rückgang hat es in der Geschichte des MKI noch nicht gegeben.

Stimmungstief scheint erst einmal überwunden

Dieses Allzeit-Stimmungstief scheint im Herbst 2020 überwunden, zumindest wenn man dem aktuellen MKI glauben darf. Demnach stieg der Medizinlklimaindex im Vergleich zur Corona-Sondererhebung vom Mai um 26,7 Punkte an. Er rangiert nun mit einem Wert von +1,6 erstmals seit 3 Jahren wieder im positiven Bereich. Damit habe der Index seinen historischen Rückgang um 22,8 Punkte sogar überkompensiert, so die Studienautoren.

Der kräftige Aufwärtstrend zieht sich durch alle Fachgruppen: Der deutlichste Anstieg zeigt sich bei den Zahnärzt:innen, deren Index um 36,7 Punkte auf einen Wert von +4,6 kletterte. Am optimistischsten zeigen sich die Psychologischen Psychotherapeut:innen mit einem Fachgruppenindex von +21,5.

Verantwortlich für den starken Anstieg des MKI sei vor allem die deutlich optimistischere Erwartungshaltung der Ärzt:innen für die kommenden 6 Monate: Im Mai rechneten noch 65,4 % damit, dass sich ihre wirtschaftliche Lage verschlechtern würde. Dieser Anteil ist auf 28,7 % zurückgegangen. Bemerkenswert ist, dass dieser Wert sogar deutlich unter dem Vor-Pandemie-Niveau liegt. Daraus könnte man schließen, dass die niedergelassenen Ärzt:innen gestärkt aus dieser Krise hervorgegangen sind. Der Grund dafür könnte sein, dass die Ärzt:innen jetzt wissen, dass das Gesundheitssystem die erste Welle gut verkraftet hat, und dass alternative digitale Strukturen wie beispielsweise Videosprechstunden funktionieren, spekulieren die Autor:innen.

Hausärzt:innen nicht ganz so optimistisch

Ein genauerer Blick auf die verschiedenen Arztgruppen zeigt allerdings, dass z. B. die Hausärzt:innen nicht ganz so euphorisch sind. Bei ihnen hat sich der MKI zwar auch um 25,3 Punkte verbessert seit der letzten Erhebung, sie liegen aber mit -3,1 immer noch leicht im negativen Bereich. Noch schlechter schneiden lediglich die anderen Fachärzt:innen mit einem Wert von -4,9 ab.

Von den niedergelassenen Hausärzt:innen schätzt demnach ein knappes Drittel (32,5 %) die aktuelle wirtschaftliche Lage als gut ein. Mehr als die Hälfte (52,6 %) ist zumindest zufrieden, und nur rund 20 % bewerten ihre Lage eher schlecht. Bei den Erwartungen für die Zukunft ist die Haltung etwas vorsichtiger. Hier glauben noch 11,5 % an eine weiter positive Entwicklung, 53,1 % erwarten keine großen Veränderungen, aber mit einem Anteil von 35,4 % schauen doch wesentlich mehr eher pessimistisch auf die nächsten 6 Monate.

Hier deutete sich womöglich doch schon an, dass eine zweite Welle der Corona-Pandemie auch die Lage der Ärzt:innen wieder stark beeinträchtigen könnte. Eine gewisse Skepsis ist da sicherlich angebracht.



Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (2) Seite 24-25