Autoimmune Schilddrüsenerkrankungen zählen nach den Strumen zu den häufigsten Krankheiten der Schilddrüse. Auf die beiden Hauptformen, die Hashimoto-Thyreoiditis und die Immunhyperthyreose (Morbus Basedow), soll im Folgenden eingegangen werden.

Hashimoto-Thyreoiditis

Man unterscheidet eine hypotrophe, chronisch verlaufende und eine hypertrophe, eher akut verlaufende Form. In Deutschland kommt hauptsächlich die hypotrophe Form der Hashimoto-Thyreoiditis vor. Die Hashimoto-Thyreoiditis stellt die häufigste Ursache für eine Hypothyreose im Erwachsenenalter dar.

Die Inzidenz einer spontan auftretenden Hypothyreose liegt bei Frauen ca. sechsfach höher (3,5 pro 1 000) als bei Männern. Die Diagnose wird in der Regel anhand des typischen Sonografiebefundes (inhomogenes echoarmes Parenchym in verkleinerter Schilddrüse) in Zusammenhang mit den Laborparametern (Erhöhung von Thyreoperoxidase-Antikörpern) gestellt. Häufig findet sich im Labor zudem eine latente Hypothyreose, gelegentlich auch eine manifeste Hypothyreose oder Euthyreose. Bei einem kleinen Teil der Patienten kommt es initial auch zu einer Hyperthyreose, welche als sogenannte Destruktionshyperthyreose mit Freisetzung von Schilddrüsenhormon bei lymphozytärer Infiltration zustande kommt. Diese Hyperthyreose ist selbstlimitierend und geht häufig nach mehreren Wochen in eine lebenslang anhaltende Hypothyreose über.

Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis

Ob eine Hashimoto-Thyreoiditis behandelt werden muss, hängt von der Schilddrüsenfunktion und den Beschwerden der Patienten ab.

Euthyreose (TSH-Wert im Normbereich):

  • keine Behandlung erforderlich

Latente Hypothyreose (TSH erhöht, fT3 und fT4 im Normbereich):

  • TSH> 10 μU/ml: Beginn mit L-Thyroxin
  • TSH 2,5 – 10 μU/ml: Beginn mit L-Thyroxin, falls Hypothyreose-Beschwerden vorliegen

Manifeste Hypothyreose (TSH erhöht, fT3 und/oder fT4 erniedrigt):

  • Beginn mit L-Thyroxin

Beispiel für Therapiebeginn:

  • ½ Tablette L-Thyroxin 75 morgens ca. 30 Minuten vor dem Frühstück
  • nach einer Woche Steigerung auf eine Tablette L-Tyroxin 75
  • Laborkontrolle ca. vier Wochen später und Anpassung der Dosis in 25 μg-Schritten, bis TSH-Wert im Normbereich liegt

Der Schilddrüsenhormonbedarf bei Hashimoto-Thyreoiditis bleibt nach initialer Einstellung oft über viele Jahre stabil. Lebenssituationen, welche mit einem veränderten Hormonbedarf einhergehen können, sind u. a. eine bestehende Schwangerschaft (erhöhter Schilddrüsenhormonbedarf), deutliche Gewichtszunahme (erhöhter Hormonbedarf) und das Senium (erniedrigter Hormonbedarf). Derzeit liegen nicht ausreichend Daten hinsichtlich einer langfristigen Krankheitsbeeinflussung durch eine zusätzliche Selengabe bei Hashimoto-Thyreoiditis vor.

Für den weitaus selteneren Fall einer Hyperthyreose infolge einer Hashimoto-Thyreoiditis genügt in der Regel eine Linderung der Symptome durch Gabe eines nicht-selektiven Betablockers (beispielsweise Propranolol 20 – 40 mg/Tag) über einige Wochen. Eine thyreostatische Therapie ist in der Regel nicht erforderlich, da die Hyperthyreose selbstlimitierend ist. Auf eine sich anschließend entwickelnde Hypothyreose ist zu achten.

Sondersituation Schwangerschaft

Es sollte möglichst schon präkonzeptionell eine TSH-Wert-Normalisierung erfolgen. Eine latente Hypothyreose sollte in der Schwangerschaft behandelt werden. Bei schon bestehender L-Thyroxintherapie ist zu beachten, dass der Bedarf an Schilddrüsenhormon in der Schwangerschaft steigt (meist um ca. 25 % im 3. Trimenon). Eine Jodprophylaxe (häufig in Kombination mit Folsäure) kann während der Schwangerschaft erfolgen.

Hashimoto-Thyreoiditis und Ernährung

Jodmengen in der täglichen Ernährung, auch jodiertes Speisesalz und Seefisch sind bei aus-gewogener Nahrungsaufnahme unbedenklich. Eine zusätzliche Jodzufuhr in Form von Tabletten sollte nicht erfolgen. Eine Aufnahme von hohen Jodmengen beispielsweise durch Algenprodukte sollte ebenfalls vermieden werden.

Abschließend ist noch zu bemerken, dass die Hashimoto-Thyreoiditis auch mit anderen Au-toimmunerkrankungen assoziiert sein kann (z. B. Vitiligo, Typ-1-Diabetes, Morbus Addison, Typ-A-Gastritis, einheimische Sprue). Auf die entsprechenden klinischen Zeichen und Symptome dieser Erkrankungen sollte somit geachtet werden.

Morbus Basedow (Immunhyperthyreose)

Der Morbus Basedow zählt mit einer Inzidenz von 40/100 000/Jahr zur häufigsten Immunhyperthyreose, welche durch Bildung von TSH-Rezeptor-stimulierenden Antikörpern ausgelöst wird. Frauen sind ca. sechsfach häufiger betroffen als Männer. Neben dem weiblichen Geschlecht können auch Nikotinkonsum und erbliche Faktoren das Krankheitsrisiko erhöhen. Typischerweise findet sich bei manchen Patienten mit Morbus Basedow eine Augenbeteiligung (endokrine Orbitopathie).

Häufige Symptome hierfür sind:

  • trockene und gereizte Augen
  • vermehrte Lichtempfindlichkeit und tränende Augen
  • ödematöse Schwellung der Augenlider
  • retrobulbäres Druckgefühl, Hervortreten der Augenbulbi und Doppelbilder.

Bei einer endokrinen Orbitopathie sollte eine ophthalmologische Untersuchung erfolgen.

Die Diagnose des Morbus Basedow wird anhand der typischen Laborveränderungen (in der Regel ausgeprägte Hyperthyreose bei gleichzeitig erhöhtem TSH-Rezeptor-Antikörpertiter) festgestellt. Nicht selten finden sich auch erhöhte TPO- und TAK-Antikörper als Begleitphänomen bei Morbus Basedow. Führend für die Diagnose ist jedoch der erhöhte TSH-Rezeptor-Antikörper. Der typische sonografische Befund weist ein echoarmes Parenchym in einer meist vergrößerten Schilddrüse mit deutlich vermehrter Vaskularisation auf.

Therapieoptionen

Zunächst kommt nach Diagnose des Morbus Basedow und bei florider Hyperthyreose eine medikamentöse Therapie mit Thyreostatika zum Einsatz.


Beispiele für ein Therapieregime

Unter Thyreostatikatherapie, insbesondere bei initial hoher Dosierung, ist eine Kontrolle des Blutbildes und der Leberwerte zu empfehlen. Bei ausbleibender klinischer und laborchemischer Remission nach ca. 18 Monaten unter medikamentöser Therapie oder bei Rezidiven sollte eine definitive Therapie mittels einer operativen Sanierung (fast-totale Strumaresektion, Restvolumen ≤ 3 ml) oder mittels Radiojodtherapie erfolgen.

Unter medikamentöser Therapie kommt es bei ca. 50 % der Patienten zu einer dauerhaften Remission. Die Remissionsraten sind in der Regel geringer bei deutlicher Struma (Schilddrüsenvolumen > 50 ml), bei anhaltend hohen TSH-Rezeptorantikörpertitern während der Therapie und bei anhaltendem Nikotinkonsum.

Sondersituation Schwangerschaft

Eine floride Hyperthyreose muss auch in der Schwangerschaft medikamentös behandelt werden. Therapieziel ist hierbei eine Normalisierung von fT3 und fT4 bei supprimiertem TSH-Wert (latente Hyperthyreose) oder einem TSH-Wert im unteren Normgrenzbereich. Durch den diaplazentaren Übergang der Thyreostatika kann eine fetale Hypothyreose entstehen (Überwachung des Kindes nach Geburt). Die Risiken der medikamentösen thyreostatischen Therapie in der Schwangerschaft sind bei differenziertem Einsatz für alle Thyreostatika sehr gering (Propylthiouracil und Carbimazol/Thiamazol). Aufgrund einer etwas geringeren fetalen Missbildungsrate wird Propylthiouracil in der Frühschwangerschaft meist bevorzugt. Allerdings sind auch Fälle einer schweren medikamenteninduzierten Hepatitis unter Propylthiouracil in der Schwangerschaft beobachtet worden. Auf eine Jodprophylaxe sollte bei floridem Morbus Basedow in der Schwangerschaft verzichtet werden.



Autor:

Prof. Dr. med. Monika Kellerer

Endokrinologie und Diabetologie
Marienhospital Stuttgart
70199 Stuttgart

Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (20) Seite 49-52