Kann man bedenkenlos eine zweite Dosis verabreichen, wenn versehentlich zu wenig geimpft wurde? Und was kann passieren bei einer Überdosierung?
Zu Überdosierungen sind in den Fachinformationen keine Angaben für entsprechende Maßnahmen enthalten.
In den USA und in Kanada ist ein Impfstoff gegen saisonale Influenza mit vierfachem Antigengehalt (Fluzone High Dose®) für Erwachsene im Alter von über 65 Jahren zugelassen. Leichte lokale (Schmerzen, Rötung und Schwellungen an der Injektionsstelle) und systemische (Myalgien, Kopfschmerzen und Fieber) Nebenwirkungen treten bei diesem vierfach höher dosierten Impfstoff etwas häufiger auf als bei Impfung mit dem Impfstoff mit niedrigerem Antigengehalt.
Vermutlich treten auch bei anderen Totimpfstoffen leichte Impfreaktionen bei Überdosierung etwas häufiger auf als bei korrekter Dosierung. Sofern diese Nebenwirkungen den Geimpften beeinträchtigen, sollte eine symptomatische Therapie – z. B. Kühlung der Injektionsstelle und ggf. Gabe von Analgetika – erfolgen. Der Lebendimpfstoff gegen Herpes Zoster ist 14-fach höher dosiert als der Lebendimpfstoff gegen Varizellen. Selbst bei extremer Überdosierung von Varizellenimpfstoff ist deshalb nicht mit schwerwiegenden Komplikationen zu rechnen. Bei den wenigen berichteten Überdosierungen des Gelbfieberimpfstoffes Stamaril® waren die berichteten Nebenwirkungen vergleichbar mit den Nebenwirkungen bei normaler Dosierung. Diese Erfahrungen sind vermutlich auch auf andere Lebendimpfstoffe übertragbar.
Zusammenfassend können Arzt und Patient beruhigt bleiben, wenn versehentlich zu viel Impfstoff injiziert wurde.
Interessenkonflikte: Dr. Leischker hat Honorare/Reisekostenunterstützung von Pfizer, Novartis und Sanofi-Pasteur-MSD erhalten. Er ist Dozent und Mitglied der Akademie des Centrums für Reisemedizin (CRM) Düsseldorf
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (3) Seite 51