Eine Heilpflanze, die aufgrund ihres Wirkspektrums gleich an mehreren Symptomen einer "Erkältung" angreifen kann, ist der Thymian. So besitzt er nicht nur bronchospasmolytische und expektorierende Eigenschaften, sondern wirkt u. a. auch antibakteriell, antientzündlich und analgetisch.

Keine andere Heilpflanze gegen Erkältungen besitzt ein derartig breites Spektrum pharmakologischer Eigenschaften wie der Thymian. Sie ergänzen sich bei einer Erkältung ideal und wirken kausal und symptomatisch. Die Kommission E beim damaligen Bundesgesundheitsamt (BGA) bescheinigt dieser Heilpflanze bronchospasmolytische, expektorierende und antibakterielle Effekte. Später konnten noch antivirale, fungizide, analgetische, antiphlogistische und spasmolytische Eigenschaften nachgewiesen werden. Außerdem verbessert der Thymian die mukoziliäre Clearance in den Atemwegen. Deshalb hat die Kommission E auch eine Positiv-Monografie für diese Heilpflanze verabschiedet. Die Indikationen für den Thymian sind laut Komission E:

  • Symptome der Bronchitis und des Keuchhustens
  • Katarrhe der oberen Luftwege

Thymian wurde außerdem von der europäischen ESCOP positiv monografiert. Besonders zu erwähnen ist die gute Verträglichkeit von Thymian-Zubereitungen: Wechselwirkungen, Nebenwirkungen und Kontraindikation sind bis jetzt nicht bekannt, so dass diese Heilpflanze bzw. ihre Extrakte in Phytopharmaka auch für die Pädiatrie zu empfehlen sind. Aufgrund der ausgeprägten erkältungswidrigen Eigenschaften ist eine Kombination von Thymian mit anderen Husten-Drogen nicht notwendig.

Starker antimikrobieller Effekt

Besonders sind die antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften von Thymol bzw. Carvacrol hervorzuheben. Beide besitzen ein breites antimikrobielles Wirkungsspektrum und das sowohl gegen Gram-positive als auch Gram-negative Erreger. Thymol hat den Phenolfaktor 20. Es ist damit 20-mal stärker antibakteriell wirksam als das heute aufgrund seiner Toxizität obsolete Phenol, das früher als eines der stärksten Desinfektionsmittel galt. Thymol wirkt noch in einer Verdünnung von 1:3000 keimhemmend. Die antibakterielle und auch fungizide Wirkung von Thymol – sie erstreckt sich auch auf Hefen und Schimmelpilze – erklärt die häufige Verwendung von Thymol als Deodorant in Zahnpasten, Mund- und Gurgelwässern sowie Rasierkosmetika. Durch den Zusatz von Thymol kann hier auf synthetische Konservierungsmittel verzichtet werden. Dabei ist die akute resorptive Toxizität von Thymol ziemlich gering.

Außerdem zeichnen sich Thymol und Carvacrol durch antiphlogistische Effekte aus, in dem sie die Cyclooxygenase hemmen. Aufgrund des starken antibakteriellen Effekts wird der Thymian als einzige Heilpflanze von der Kommission E adjuvant bei Keuchhusten empfohlen. Am antiviralen Effekt – nachgewiesen gegenüber HSV-1, HSV-2 und Aciclovir-resistenten Viren – sind vor allem die Lamiaceen-Gerbstoffe und Flavonoide beteiligt. Bei einer Erkältung bekämpft der Thymian wirksam die Krankheitserreger (Viren, Bakterien). Die Heilpflanze beugt – falls noch nicht vorhanden – auch der bakteriellen Sekundärinfektion vor und wirkt so einer Ausbreitung der Infektion in den Atemwegen entgegen.

Tymianfluidextrakt – günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis

In der Therapie von Erwachsenen und Kindern aller Altersgruppen haben sich Thymianfluidextrakte in Form von Hustensäften und -tropfen bewährt. In einer Anwendungsbeobachtung (AWB) wurden 454 Patienten – davon 445 Kinder – mit akuter Bronchitis und Katarrhen der oberen Luftwege mit einem Thymianfluidextrakt (Thymiverlan®) behandelt. Die AWB erfolgte vor allem in pädiatrischen Praxen. Dabei sollte die Therapie von Kindern im Alter von ½ bis 16 Jahren über einen Zeitraum von 1 bis 3 Wochen beobachtet werden. Die Dosierung des Phytopharmakons erfolgte altersabhängig: z.B.
Kinder 0 bis 1 Jahr: 3 mal täglich 1 ml
Kinder 1 bis 4 Jahre: 3 mal täglich 1 bis 1,5 ml
Kinder 4 bis 10 Jahre: 3 mal täglich 1,5 bis 2 ml
Kinder 10 bis 16 Jahre: 3 mal täglich 2 bis 3 ml

Die Behandlungsdauer betrug im Mittel 9,6 Tage. Die statistische Auswertung der AWB ergab eine signifikante Abnahme der Intensität der Symptome unter der Therapie mit diesem Thymianfluidextrakt: 232 der Patienten (52 %) wurden völlig vom Husten befreit und bei 181 (40 %) trat eine deutliche Minderung der Intensität ein. Dabei war die Reduktion der Hustensymptomatik besonders bei ausgeprägtem Husten deutlich. Wurden zu Studienbeginn bei 282 Patienten (62 %) Rassel- und Pfeifgeräusche in der Brust festgestellt, verbesserten sich während der Therapie diese Symptome bei 274 Patienten (97 %) signifikant. Klagten vor der Therapie 156 Patienten (34 %) über Brustschmerzen, so waren es nach der Behandlung nur noch 4 Patienten (1 %). Zu Beginn der AWB waren bei 190 Patienten (42 %) "andere Symptome" wie z. B. Fieber, Rhinitis und Otitis nachweisbar. Am Ende der AWB zeigten sich diese Beschwerden nur noch bei 53 Patienten (12 %). Die Ärzte beurteilten die globale Wirksamkeit bei 45 % der Patienten mit sehr gut, bei 50 % mit gut, bei 3 % als gering und bei 2 % als nicht vorhanden. Diese Beurteilung deckte sich mit der Einschätzung durch die Patienten bzw. durch ihre Eltern. Die Behandlung mit dem Phytopharmakon wurde hervorragend vertragen, was auch auf den angenehmen Geschmack des Thymianfluidextrakts zurückzuführen ist.

Steckbrief Thymian
Der Echte Thymian (Thymus vulgaris) ist ein reich verzweigter 10 bis 40 cm hoher Zwergstrauch mit kleinen elliptischen Blättern und hellvioletten Blüten. Mit Thymus zygis wird der Spanische Thymian bezeichnet. Die Droge (Thymi herba) besteht aus den während der Blütezeit abgestreiften und getrockneten Blättern und Blüten von Thymus vulgaris oder von Thymus zygis oder von beiden Arten. Beide Thymian-Arten enthalten mindestens 1,2 % ätherisches Öl mit bis zu 75 % Thymol. Im Spanischen Thymian ist statt des Thymols die isomere Verbindung Carvacrol vorhanden. Des Weiteren sind im Öl Cymen und Terpinen nachweisbar. Außerdem enthalten die Thymianblätter Lamiaceen-Gerbstoffe (Rosmarinsäure), Flavonoide und Triterpene.


Literatur:
Literatur beim Verfasser


Ernst-Albert Meyer

Fachapotheker für Offizin-Pharmazie
und Medizin-Journalist
31840 Hessisch Oldendorf

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (19) Seite 42-44