Frage: Meine 51-jährige Patientin ist, abgesehen von einer Pollinose, gegen die sie mit gutem Erfolg über vier Jahre desensibilisiert wurde, gesund. Nun erscheint sie zum zweiten Mal im Abstand von neun Monaten mit einer Hautrötung am linken Fuß (beim ersten Mal der rechte Unterschenkel), die auffällig geometrisch konfiguriert ist (vgl. Abbildung). Sie ist nach kaudal waagerecht begrenzt, wie abgeschnitten. Keine Schwellung, aber wohl eine Überwärmung.

Schmerzen bestehen im dorsalen Unterschenkel und über der Rötung. Der Hautrötung vorausgegangen war am Tag zuvor Fieber und Schlappheit. Inzwischen – 24 Stunden nach dem Fieberbeginn – ist die Patientin fieberfrei, aber noch schlapp. Keine anderen Symptome. Das Blutbild war in beiden Fällen normal, die BSG leicht beschleunigt (um die 30), das CRP deutlich erhöht (um die 60). Borreliose-Titer negativ. Ohne Therapie klingt die Symptomatik in beiden Fällen folgenlos ab.

Ein Erysipel schließe ich klinisch (keine Schwellung, Rötung zu umschrieben, schnell abklingendes Fieber) und laborchemisch (keine Leukozytose) aus. Aber was ist es?

Antwort:

Klinisch zeigt sich ein kreisförmiges, gut handtellergroßes blasses Erythem. Es handelt sich um das erste Rezidiv, wobei klinisch ähnlich imponierende Hautveränderungen vor neun Monaten am rechten Unterschenkel beobachtet wurden. Im Rahmen dieses Ereignisses weisen Klinik und Laborparameter auf eine entzündliche Ursache hin.

Aufgrund der fehlenden Schwellung scheiden Erythema nodosum oder nodöse Erytheme aus, zu denen die nachgewiesene Erhöhung der Entzündungsparameter passen würde. Differenzialdiagnostisch ist eine hypererge Insektenstichreaktion abzugrenzen, insbesondere, wenn die Patientin angibt, auf Insektenstiche eher heftiger zu reagieren. Diese Reaktionen sind mehrheitlich toxischer Natur. Jedoch ist auch eine allergische Auslösung möglich, die häufiger bei Frauen und bei Atopikern auftritt. Eine allergische Reaktion kann durch Haut(Prick)-Testungen oder spezifische IgE-Bestimmungen gegenüber Stechmücken abgeklärt werden. Gegen eine hypererge Insektenstichreaktion sprechen jedoch die veränderten Laborparameter.

Ein sogenanntes mitigiertes Erysipel ist meiner Meinung nach die wahrscheinlichste Diagnose. Bei diesen Erysipelrezidiven sind subjektive und klinische Beschwerden deutlich geringer ausgeprägt als beim klassischen Erysipel. Die häufigste Eintrittspforte sind Barrierestörungen im Bereich der Zehenzwischenräume, wobei eine interdigitale Mykose oder Streptokokken-bedingte Erytheme entsprechend mikrobiologisch abzuklären sind. Auch venöse Störungen im Bereich der Unterschenkel sind klinisch und ggf. apparativ auszuschließen. Ungewöhnlich ist wiederum, dass das Ereignis verschiedene Unterschenkel betrifft.



Autor:

Prof. Dr. med. Dietrich Abeck, München

Facharzt für Dermatologie
80639 München

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (15) Seite 52