Ob mit Patienten, Mitarbeitern oder Vorgesetzten: Tagtäglich führen Sie Gespräche. Aller Routine zum Trotz verlaufen diese nicht immer erfreulich. Manches Gespräch bleibt ohne klares Ergebnis, das Anliegen wurde nicht deutlich oder es bleibt das Gefühl zurück, nicht den passenden Ton getroffen zu haben. Besonders wenn es um kritische Themen geht, ist eine klare und souveräne Gesprächsführung die Voraussetzung, damit alle Beteiligten überzeugt und mit Lösungsmöglichkeiten vor Augen aus der Unterredung gehen.

Gleiche Regeln für alle! Ob Patient, Praxiseigner, Kollege, Mitarbeiterin, Azubi: Welche Position auch immer Sie innehaben, jeder möchte respektvoll behandelt werden. Wenn Sie einige Spielregeln beachten, gelingen Gespräche so, dass sie in guten Zeiten zum Erhalt der erfolgreichen Zusammenarbeit beitragen. In turbulenten und kritischen Phasen bauen wertschätzend geführte Gespräche auf und ermöglichen positive Entwicklungen.

Gute Vorbereitung ist die halbe Miete

Eine gute Vorbereitung des Gesprächs ist Voraussetzung für den Erfolg und führt zu mehr Zufriedenheit aller Beteiligten. Je nach Inhalt und Schwerpunkt bedarf es einer kurzen oder intensiveren Gesprächsvorbereitung. Geht es um Anerkennung und Erfreuliches, kann die Vorbereitung in der Regel knapper ausfallen als bei Personalgesprächen oder in einer schwierigen Situation. Dennoch: Vorbereitung sollte immer sein! Für Patientengespräche gilt dies ganz besonders. Ihr Fachwissen macht es manchmal schwierig, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Es braucht Verständnis und Empathie für den Gesprächspartner, damit dieser sich nicht überredet fühlt. Um zu überzeugen, müssen Sie wissen, was dessen persönlicher Bedarf ist. Sieben Punkte können Sie in einer ergebnisorientierten Gesprächsführung unterstützen.

Punkt 1: Ziel

Bestimmen Sie das Ziel Ihres Gesprächs. Das scheint selbstverständlich. Und doch ist ein schwammiges Ziel häufig die Ursache dafür, dass ein Gespräch nicht auf den Punkt kommt. Die Gesprächspartner gehen von unterschiedlichen Voraussetzungen aus und sind deshalb nicht oder unterschiedlich vorbereitet. Benennen Sie also sowohl vor dem Gespräch als auch zu Beginn des Gesprächs das Ziel und den Zweck der Unterredung. Geht es um Aufklärung, um Information oder darum, eine Entscheidung zu treffen? Ein Patient, der eine Entscheidung bezüglich einer Behandlung treffen soll, fühlt sich eventuell unter Druck und unwohl. Weiß er, dass es zunächst um Aufklärung geht, kann ihn dies entspannen und er kann konzentriert und aufmerksam zuhören.

Punkt 2: Vorbereitung

In unvorbereiteten Situationen braucht es Zeit, sich seiner eigenen Überlegungen und Gefühle bewusst zu werden und klare Gedanken zu fassen. Geben Sie deshalb allen an der Unterredung Beteiligten, sich selbst und Ihrem Gegenüber, die Gelegenheit, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Dazu gehört die Ansage des Themas und des Zeitrahmens. So kann sich jeder gedanklich und emotional vorbereiten, um im Gespräch seine wesentlichen Wünsche und Erwartungen angemessen und klar zu formulieren.

Vielleicht fragen Sie sich, wie bei Ihrem ausgefüllten Arbeitstag eine Vorbereitung gelingt, wo Sie noch die Zeit dafür einplanen sollen? Eine gute Planung kostet gar nicht so viel Zeit und zahlt sich immer aus: Die Gesprächsdauer reduziert sich und das Ergebnis ist messbar. Fixieren Sie Ihr Ziel schriftlich. So behalten Sie während des Gesprächs den Überblick und wissen im Anschluss, ob Sie Ihr Ziel erreicht haben oder ob es eventuell nicht realistisch definiert war.

Punkt 3: Persönliche Haltung

Klären Sie Ihre Haltung zum Thema und zur Person. Insbesondere bei schwierigen Gesprächen ist eine persönliche Klärung wichtig: Was stört mich? Worüber ärgere ich mich vielleicht? Was macht mir Sorgen? Geht es um sachliche Argumente oder brodelt ein Unbehagen unter der Oberfläche? Was ist mein Anteil? Was sind meine Erwartungen? Was ist mir wirklich wichtig? Ebenso ist es hilfreich, Verständnis für den Kontrahenten zu entwickeln: Was mag ihn bewegen? In welcher Situation befindet er sich? Empathie für den Gesprächspartner entspannt die Atmosphäre und erleichtert die Gesprächsführung, ohne die eigenen Ziele aus dem Auge zu verlieren.

Punkt 4: Wahrnehmung

Beachten Sie während des Gesprächs auch nonverbale Zeichen, doch interpretieren Sie diese nicht. Wir wissen, dass Mimik, Gestik und Stimme einen großen Einfluss darauf haben, was und wie wir etwas verstehen. Nehmen Sie Ärger, Angst oder Unsicherheit wahr, so mag diese Wahrnehmung zwar richtig sein. Woher diese Gefühle jedoch herrühren, ist damit noch nicht geklärt. Deshalb ist das aktive Zuhören ein Schlüssel zum Erfolg eines Gesprächs.

Punkt 5: Aktives Zuhören

Aktives Zuhören bedeutet, der anderen Person zu signalisieren, was Sie verstanden und wahrgenommen haben. Nicht jeder ist sich im Klaren darüber, wie er auf andere wirkt. Indem Sie mit Ihren Worten wiederholen, was Sie vom anderen verstanden haben, vermeiden Sie Missverständnisse. Denken Sie an das Spiel "Teekesselchen": Viele Worte haben unterschiedliche Bedeutungen. Dazu kommen persönliche Erfahrungen und Lebenssituationen, die zu individuellen Interpretationen führen. Dies verstärkt sich noch im interkulturellen Kontext. Also keine Furcht vor Wiederholungen: Verstehen ist gut, sich vergewissern ist besser! Stellen Sie sich vor, der Patient will das Thema zu Hause mit seiner Partnerin besprechen. Da ist es hilfreich zu wissen, was bei ihm angekommen ist und wie er es weitertragen wird. Haben Sie deshalb auch den Mut, Ihren Gesprächspartner zu fragen, was bei ihm angekommen ist. So vermeiden Sie Missverständnisse! Zum aktiven Zuhören gehört auch, dass Sie Ihre Wahrnehmung (Punkt 4) artikulieren. Bemerkungen wie: "Sie scheinen skeptisch zu sein" oder "Was beunruhigt Sie?" zeigen Ihrem Gesprächspartner, dass Sie Gefühle wahrnehmen, die er nicht ausgesprochen hat. Ob Sie mit Ihrer Wahrnehmung richtig liegen oder nicht: Die Situation wird offen geklärt.

Und noch ein Tipp: Den meisten Menschen helfen Visualisierungen, um Dinge im Gedächtnis zu behalten. Nutzen Sie eine bildhafte Sprache, machen Sie Skizzen während des Sprechens oder zeigen Sie Illustrationen. Dies kann Ihrem Gesprächspartner wesentlich helfen, aufmerksam zu bleiben und die Inhalte später zu erinnern.

Punkt 6: Offenheit

Freuen Sie sich über Fragen und Zweifel! Jede Nachfrage, jede Skepsis zeigt Ihnen, dass Ihr Gesprächspartner sich gerade nicht "überreden" lässt, sondern sich Gedanken macht, Klarheit gewinnen will und Verantwortung übernimmt. Freuen Sie sich darüber: Jeder Einwand zeigt Ihnen, wo Sie eine Aufklärung optimieren können, um zu überzeugen.

Punkt 7: Abschluss

Halten Sie den angekündigten Zeitrahmen ein! Sollte es sich zeigen, dass noch Gesprächsbedarf besteht, vereinbaren Sie einen Folgetermin. So haben beide Gesprächspartner die Möglichkeit, das bisher Gesagte wirken zu lassen und ein wenig Abstand zu gewinnen. Häufig wird nach etwas Abstand im Folgegespräch rasch eine Klärung gefunden. Der Abschluss definiert das Ziel des nächsten Gesprächs.

Jedes Gespräch wird mit einer kleinen Zusammenfassung beendet. Was wurde besprochen, wie geht es weiter, wann sprechen wir uns wieder? Oder: Wer erledigt was bis wann? Schriftliche Notizen können bei Bedarf auch von allen Gesprächspartnern unterzeichnet werden.

Gesprächsführung will geübt sein

Klingt das alles ziemlich aufwendig? Wie alle Veränderungen braucht auch das Einführen klarer Regeln Übung. Oder haben Sie mit drei Versuchen das Laufen gelernt? Rasch werden Sie die Wirkung bemerken, wenn Sie und Ihr Gesprächspartner mit der klaren Vorgabe von Ziel und Zeitrahmen in ein Gespräch gehen und mit einer Zusammenfassung und einem eindeutigen Abschluss das Gespräch beenden. Ein nicht zu unterschätzender Effekt: Das Ergebnis belastet nicht das Privatleben, sondern bleibt dort, wo es hingehört – bei der Arbeit, in der Praxis.



Autorin:

Dipl.-Päd. Ingrid Belser-Schweigler

Zertifizierter Business- und Privatcoach
79117 Freiburg



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (11) Seite 74-76