Das Knie ist das größte Gelenk in unserem Körper. Durch das Zusammenspiel von Knochen, Muskeln, Bändern und Knorpel verleiht es Stabilität und zugleich Beweglichkeit. Durch seinen komplexen Aufbau ist es allerdings auch störanfällig, weshalb das akut geschwollene Knie zum medizinischen Alltag gehört.

Im Vergleich zu anderen Gelenken wird das Knie viel häufiger verletzt. Dies ist nicht weiter verwunderlich, schließlich ist es Teil einer Gliedmaße, auf der das ganze Körpergewicht ruht. Hinzu kommt, dass es aufgrund des anatomischen Aufbaus im Vergleich zur Hüfte und zum Fußknöchel eine geringere Stabilität aufweist. Stellt sich ein Patient mit einem stark geschwollenen Knie in der Praxis vor, kann es sich um eine Unfallfolge handeln oder es liegt ein nichttraumatisches Ereignis vor. Gerade bei jungen Personen kann eine Schwellung im Knie ohne äußerliche Gewalteinwirkung auf eine reaktive Arthritis hinweisen. Dies bedeutet, dass eine andere Krankheit der Auslöser ist – urogenitale Infekte und Durchfallerkrankungen sind typische Beispiele. Es sollte zudem eine Lyme-Borreliose ausgeschlossen werden. Daneben leiden überwiegend ältere Menschen an Verschleißerscheinungen wie Arthrose. Außerdem ist es möglich, dass eine Hüfterkrankung in das Kniegelenk ausstrahlt.

Erste Untersuchungen

Um die richtige Diagnose stellen zu können, wird der Patient zunächst zur Vorgeschichte befragt. Bei einem Unfall hilft es, dessen Ablauf zu rekonstruieren. Häufig kann vom Geschehen abgeleitet werden, welche Körperstrukturen möglicherweise betroffen sind. So kann es aufschlussreich sein, aus welcher Richtung die Gewalteinwirkung kam oder ob ein Fußballer mit der frischen Verletzung noch weiterspielen konnte. Ferner stellt sich dann die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Schwellung auftrat. Als Nächstes folgt die Schmerzlokalisation: Rund 69 % der Patienten können angeben, an welcher Stelle sich der Schmerz genau befindet. Je nachdem, ob die Innen-, Außen-, Vorder- oder Rückseite des Knies betroffen ist, kann auf die lädierte Struktur rückgeschlossen werden. Manche Patienten klagen auch über einen Schmerz, den sie rings um das Knie verspüren. Des Weiteren sollten schmerzverstärkende Faktoren hinterfragt werden. Dazu gehören bestimmte Tätigkeiten wie Treppensteigen oder Bergablaufen. Durch einen Beweglichkeits­test wird außerdem überprüft, ob das Knie blockiert oder instabil ist. Ergänzend sollte es dann abgetastet werden.

Weitere Abklärungen

Mehr Klarheit kann eine Gelenkpunktion unter streng aseptischen Bedingungen schaffen. Ist die gewonnene Flüssigkeit blutig, ist ein schwerer Bänderriss oder ein geschädigter Meniskus denkbar. Dahingegen können sich bei einem Knochenbruch auch fettige Tröpfchen im Blut befinden, wenn Knochenmark austritt. Im Labor ist zudem eine umfassende Bestimmung von Leukozytenzahl, Erreger und Uratkristallen möglich. Häufig dient eine Gelenkpunktion auch therapeutischen Zwecken­, da dadurch ein starker Gelenkerguss entlastet wird. Weitere Maßnahmen zur näheren Abklärung sind bildgebende Untersuchungen. Durch das Röntgen werden Knochen und Gelenke gut dargestellt, und mit der Magnetresonanztomographie (MRT) lassen sich vor allem Weichteile wie Bänder oder Knorpel gut beurteilen.

Es gibt viele Arten von Knieverletzungen: Häufig wird eine Bänderverletzung oder ein Meniskusriss diagnostiziert. Es kommen allerdings auch Kniescheibenverrenkungen, abgebrochene Knochen-/Knorpelstückchen oder eine Verletzung der Gelenkkapsel vor. Die anschließende Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Pathologie und reicht von entzündungshemmenden Medikamenten bis hin zu einem operativen Eingriff.

Kreuzbandriss

Das Kniegelenk wird durch Bänder stabilisiert. Insbesondere das vordere Kreuzband ist anfällig für Verletzungen. Durch das Verdrehen des Gelenks kann es überdehnt werden oder sogar reißen. Typische Auslöser sind Gewalteinwirkungen ohne Kontakt beim Skifahren oder Fußballspielen. Im Moment der Verletzung wird von den Betroffenen ein starker Schmerz wahrgenommen. Anschließend lösen vor allem Belas­tungen Schmerzen aus. Starke Schwellungen und ein Kniegelenkerguss werden ebenfalls beobachtet. Manchmal wird ein Kreuzband­riss nicht sofort entdeckt, sondern äußert sich erst durch Unsicherheiten beim Gehen. Bei der Untersuchung kann die Kreuzbandstabilität mittels des Schubladentests ermittelt werden. Als noch aussagekräftiger wird der Lachmann-Test angesehen. Dazu liegt der Patient mit dem Rücken auf einer Liege, sein Knie wird in einer Beugung von etwa 20° bis 30° gehalten. Die Ferse hat dabei noch Kontakt zur Liege. Der Arzt umfasst dann den Unterschenkel mit beiden Händen, wobei die Zeigefinger in der Kniekehle liegen. Nun zieht er den Unterschenkel nach vorn. Die Verschiebbarkeit des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel gibt darüber Aufschluss, inwieweit eine Verletzung des Kreuzbands besteht. Starke Gelenkergüsse werden zudem häufig punktiert. Das Vorkommen von Blut bestätigt einen Riss, da die Kreuzbänder gut durchblutet werden.

Es muss gut abgewogen werden, ob ein Kreuzbandriss konservativ oder operativ behandelt wird. Dabei ist das Alter des Patienten ein wichtiger Faktor. Junge Menschen (< 20 Jahre) haben bei einer konservativen Behandlung eine schlechtere Prognose, da bei ihnen häufiger degenerative Veränderungen auftreten. Es spielt zudem eine Rolle, ob der Betroffene aktiv Sport treibt oder starken beruflichen Belas­tungen ausgesetzt ist. Des Weiteren wurde beobachtet, dass eine Rekonstruktion bei Personen mit einem BMI über 30 weniger erfolgversprechend ist.

Meniskusverletzung

Vor allem ruckartige Drehbewegungen können einen Riss im lateralen oder medialen Meniskus hervorrufen. Ist er bereits vorgeschädigt, genügen bereits kleine Gewalteinwirkungen, um ihn weiter zu verletzen. Zu den typischen Beschwerden gehören einschießende Schmerzen im Augenblick des Unfalls. Danach kann das Knie dann häufig nicht mehr vollständig gestreckt oder gebeugt werden. Zudem empfinden die Patienten im Bereich des inneren und äußeren Kniegelenkspalts Schmerzen, weshalb sie eine Schonhaltung mit leicht gebeugtem Knie einnehmen. Durch bestimmte Bewegungen des Knies kann der Arzt charakteristische Schmerzreaktionen provozieren – man spricht auch von Meniskuszeichen. Ebenso lösen Varus- und Valgusstress durch eine Kompression Schmerzen aus.

Nur in wenigen Fällen wird eine konservative Behandlung mit Schmerzmitteln und Physiotherapie in Betracht gezogen. Denn üblicherweise verspricht ein operatives Vorgehen bessere Heilungsaussichten. Im Rahmen einer Arthroskopie kann der Meniskus entweder genäht oder teilweise entfernt werden. Nach Möglichkeit sollte es vermieden werden, ihn vollständig zu entfernen, da sich anderenfalls leicht eine Arthrose bilden kann. Gerade bei Kindern und Jugendlichen sollte dies verhindert werden.

Gonarthrose

Bei einer Arthrose liegt ein degenerativer Verschleiß des Gelenkknorpels vor. Dadurch sind die Knochen nicht mehr gut geschützt und können direkt aneinanderreiben. Bei vielen Patienten ist dies eine natürliche Erscheinung des Alterungsprozesses. Im Gegensatz zu rheumatischen Erkrankungen, bei denen häufig Morgensteifigkeit auftritt, klagen Personen mit einer Kniegelenkarthrose in erster Linie über Belas­tungsschmerzen, die im Verlauf des Tages zunehmen. Bei fortgeschrittener Krankheit sind auch Ruheschmerzen möglich. Zunächst wird eine konservative Therapie verfolgt. Bei Übergewicht kann eine Diät dabei helfen, dass die Gelenke entlastet werden. Ansonsten werden oftmals entzündungshemmende Medikamente und Salben verordnet. Ergänzend wird die Muskulatur durch eine Physiotherapie gekräftigt. Und falls es erforderlich ist, können mit einer Arthroskopie störende Gelenkknorpelstückchen entfernt werden. Da es mit der Zeit auch zu Achsfehlstellungen kommen kann, ist womöglich eine Osteotomie zur Korrektur notwendig. Letztendlich kann es unumgänglich werden, dass Prothesen operativ eingesetzt werden, um das eigene Kniegelenk teilweise oder vollständig zu ersetzen. Vorzugsweise erfolgt dieser Eingriff erst im fortgeschrittenen Alter jenseits von 50 Jahren.

Monika Lenzer


Interessenkonflikte:
Gemäß den Autoren der Originalpub­likation bestehen keine Interessenkonflikte.

Quelle
Gupte C et al.: The acute swollen knee: diagnosis and management. J R Soc Med 2013: 106: 259–268

Genehmigter und bearbeiteter Nachdruck aus Ars medici 19/2013


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (12) Seite 54-56