Ursache einer isolierten schmerzhaften Schwellung eines Kniegelenks ist bei jüngeren Menschen häufig ein Trauma oder eine Arthritis. Mit zunehmendem Alter dominieren dagegen degenerative Erkrankungen. Ein strukturiertes Erfassen der Anamnese und eine klinische Untersuchung engen die Palette möglicher Diagnosen bereits deutlich ein und ermöglichen einen gezielten Einsatz weiterer diagnostischer Verfahren. Bei Verdacht auf eine Monarthritis des Kniegelenks sollte immer eine diagnostische Kniegelenkspunktion erfolgen.

Bei einer neu aufgetretenen oder auch schon länger bestehenden Schwellung eines Kniegelenks ist es hilfreich, zunächst zwischen entzündlichen und nichtentzündlichen Ursachen zu unterscheiden (Übersicht 1).

Entzündlich oder nichtentzündlich?

Dabei hilft zunächst die Frage nach Dauer und Beginn der Beschwerden. Insbesondere bei jungen und sportlich aktiven Menschen mit akutem Schmerzbeginn sollte nach einem auslösenden Trauma (Sturz, Distorsion etc.) gefragt werden. Nichttraumatische Ursachen von Knieschmerzen nichtentzündlicher Genese sind dagegen eher durch einen schleichenden Beginn mit langsamer Progredienz gekennzeichnet. Am häufigsten sind dabei degenerative Gelenkveränderungen (Retropatellararthrose, Gonarthrose) und Gelenkbinnenschäden wie Meniskusläsionen. Charakteristisch für eine Gonarthrose sind Beschwerden bei Belastung und Besserung durch Wärme. Bei einer Arthritis des Kniegelenks werden hingegen in der Regel Ruheschmerzen und Besserung durch Kälte angegeben.

Monarthritis oder Polyarthritis?

Ergeben sich Hinweise auf eine Arthritis, sollte die breite Palette der Differenzialdiagnosen (Übersicht 1) durch gezielte Fragen eingeengt werden. Zunächst sollte geklärt werden, ob neben dem Kniegelenk noch andere Gelenke betroffen sind. Bei einer Monarthritis des Kniegelenks (und nicht bei einer Polyarthritis oder unspezifischen Arthralgien!) sollte gezielt nach einer Borreliose gefahndet werden (Zeckenstich? Erythem migrans? Häufiger Aufenthalt im Wald?), da eine Gonitis die häufigste Manifestation einer Borreliose darstellt.

Reaktive Arthritis denkbar?

Insbesondere bei jüngeren Menschen mit akuter Knieschwellung sollte man eine reaktive Arthritis in Betracht ziehen. In erster Linie ist dabei an eine Durchfall­erkrankung (akute Diarrhoe) oder eine urogenitale Infektion (Dysurie?) zu denken. Nach den europäischen Konsensusklassifikationskriterien ist ein kausaler Zusammenhang nur dann wahrscheinlich, wenn zwischen Symptombeginn der Arthritis und einer Diarrhoe oder Urogenitalinfektion nur wenige Tage bis wenige Wochen vergangen sind [1]. Die reaktive Arthritis verläuft in der Mehrzahl der Fälle akut und heilt unter symp­tomatischer Therapie nach wenigen Wochen aus. Chronische Verläufe sind jedoch möglich, so dass auch bei einer länger bestehenden Knieschwellung an eine reaktive Arthritis gedacht werden sollte, der zeitliche Zusammenhang mit einer potenziell zugrundeliegende Infektion dann aber nicht selten schwieriger zu rekonstruieren ist.

Andere Arthritiden

Neben der reaktiven Arthritis kommen auch an andere Erkrankungen aus dem Formenkreis der Spondyloarthritiden infrage. Hierzu zählen die Spondylitis ankylosans, die Psoriasisarthritis und die enteropathischen Arthritiden. Die Spondyloarthritiden sind durch gemeinsame klinische Merkmale wie den mono- oder oligoartikulären asymmetrischen Befall großer Gelenke und die mögliche Beteiligung der Wirbelsäule und der Sehnen (Enthesitis) charakterisiert.

Diese Merkmale sind Grundlage der Klassifikationskriterien (Übersicht 2, A) der European Spondyloarthropathy Study Group (ESSG) [2]. Zur Diagnose der ankylosierenden Spondylitis (M. Bechterew) werden anstelle der New York Kriterien heute die in der Frühdiagnose sensitiveren Kriterien der ASAS (Assessment of SpondyloArthritis Society) eingesetzt (Übersicht 2, B) [3].

Wegen der häufigen Beteiligung der Wirbelsäule im Rahmen einer Spondyloarthritis sollte gezielt nach Symptomen einer Sakroiliitis oder Spondylitis gefragt werden. Der „Rückenschmerz vom entzündlichen Typ“ ist typischerweise am stärksten ausgeprägt in den frühen Morgenstunden und in Ruhe und bessert sich durch Bewegung. So lässt er sich einfach von den häufigeren degenerativen Wirbelsäulenleiden differenzieren. Andere Leitsymptome der Spondyloarthritiden wie Fersen- oder Sehnenschmerzen, Augenrötungen und Stuhlunregelmäßigkeiten sollten ebenfalls gezielt abgefragt werden. Aufgrund der genetischen Prädisposition der Spondyloarthritiden ist auch die Erhebung einer Familienanamnese sinnvoll.

Klinische Untersuchung

Zunächst sollte zwischen einer knöchernen Verdickung des Gelenks als Folge einer Arthrose und einer gelenkbezogenen Schwellung unterschieden werden. Nicht immer ist ein Gelenkerguss allein über eine suprapatellare Weichteilschwellung diagnostizierbar (Abb. 1). Eine sogenannte weiche Schwellung des Kniegelenks kann bei Untersuchung in Streckstellung durch Umfassen des präpatellaren Recessus mit der einen und Kompression der Patella mit der anderen Hand erkannt werden: Ein federnder Widerstand ist hinweisend auf einen Gelenkerguss („tanzende Patella“). Zudem sollte in der Kniekehle nach einer prallelastischen Schwellung als Hinweis auf eine Bakerzyste gesucht werden. Schließlich sollte geprüft werden, ob die vermeintliche Knieschwellung tatsächlich vom Kniegelenk ausgeht oder z. B. eher den Unterschenkel betrifft, z. B. als Hinweis auf eine Phlebothrombose.

Bei der Prüfung der Gelenkbeweglichkeit kann eine Einschränkung in allen Freiheitsgraden auf einen Gelenkerguss hinweisen (sog. Kapselmuster). Bei Verdacht auf eine Schädigung der Menisken oder des Bandapparates können Funktionstests weiterhelfen (z. B. Apley-Kompressionstest, Lachmann-Test).

Im Rahmen der Inspektion sollte zudem auf extraartikuläre Befunde wie erythro­squamöse Effloreszenzen einer Psoriasis, eine Nagelpsoriasis (Tüpfelnägel), ein Erythema nodosum oder eine Konjunktivitis geachtet werden. Bei Verdacht auf eine Erkrankung aus dem Formenkreis der Spondyloarthritiden gehören zudem eine Bewegungsprüfung der Wirbelsäule und eine Prüfung der Sakroiliakalgelenke zum Untersuchungsprogramm.

Labordiagnostik

Als Basisdiagnostik bei Verdacht auf eine Arthritis des Kniegelenks ist eine Bestimmung von BSG und CRP, Kreatinin, GPT, Gamma-GT und Harnsäure ausreichend. Bei Anamnese eines Erythema migrans oder eines Zeckenstichs sollte zudem eine Borrelienserologie angefordert werden. Bei gegebener Risikokonstellation (z. B. Aufenthalt in Endemiegebiet, Jäger, Waldarbeiter) ist auch bei fehlenden anamnestischen Hinweisen auf ein Erythema migrans die Durchführung einer Borrelienserologie sinnvoll, da das Erythem übersehen worden sein kann (z. B. in der Kniekehle). Diagnostisch beweisend sind lediglich Antikörper der Subklasse IgG mit Nachweis spezifischer Banden im Westernblot. Positive Borrelienantikörper können jedoch auch nach erfolgreicher antibiotischer Therapie persistieren. Eine Befundkontrolle ist daher nicht ratsam.

Bei Verdacht auf eine Urethritis sollten Chlamydien mittels Antigentest oder PCR im Morgenurin nachgewiesen werden. Antikörperbestimmungen im Serum sind vergleichsweise weniger sensitiv und spezifisch. Eine Bestimmung von Yersinienantikörpern ist nur bei Anamnese einer wenige Tage bis Wochen vorausgegangenen gastrointestinalen Symptomatik sinnvoll. Ergibt sich anam­nestisch der Verdacht auf eine reaktive Arthritis oder eine andere Erkrankung aus der Gruppe der Spondyloarthritiden, sollte zudem ergänzend das HLA-B-27 bestimmt werden, da der Befund in die ASAS-Klassifikationskriterien [3] einfließt und somit zur Diagnosestellung beitragen kann.

Eine Anforderung weiterer Faktoren oder Antikörper wie anti-CCP-Antikörper, ANA oder ANCA ist bei einer Gonarthritis nur dann sinnvoll, wenn Anamnese und Klinik Hinweise darauf geben, dass die Gonarthritis Erstsymp­tom einer polyartikulären oder systemischen entzündlich-rheumatischen Erkrankung sein könnte. So kann insbesondere bei älteren Patienten eine Kniegelenksschwellung das erste Symptom einer Rheumatoiden Arthritis (sog. Late Onset Rheumatoid Arthritis) darstellen.

Gelenkpunktion

Die durch Bakterien hervorgerufene sogenannte septische Arthritis ist ein rheumatologischer Notfall mit hoher Komplikationsrate und erhöhter Mortalität, dessen Outcome entscheidend von einer frühen Diagnose und Therapie abhängt. Ein geschwollenes Kniegelenk sollte daher bei unklarer Genese und Hinweisen auf ein entzündliches Krankheitsbild umgehend diagnostisch punktiert werden, zumal insbesondere unter einer immunsuppressiven Therapie bei rheumatischen Erkrankungen typische klinische Zeichen einer septischen Arthritis wie Fieber oder eine Überwärmung des Gelenks fehlen können. Ist das Gelenkpunktat makroskopisch eitrig oder sehr trübe, sollte umgehend ein Grampräparat angefertigt und eine Kultur angelegt werden. Auch bei nicht eitrigem Aspekt des Punktats ist die Bestimmung einer Differenzialzytologie diagnostisch hilfreich (Tabelle 1).

Über die Höhe der Leukozytenzahl im Gelenkpunktat kann eine entzündliche Genese gesichert oder auch ausgeschlossen werden und somit ggf. weitere Untersuchungen entbehrlich machen. Sehr hohe Leukozytenzahlen und ein makroskopisch trübes Punktat finden sich auch bei einer Gichtarthritis des Kniegelenks. Hier ist dann der gezielte Kristallnachweis im Gelenkpunktat (Polarisationsmikroskop!) bei gleichzeitigem Ausschluss einer Infektion (Grampräparat, ggf. Kultur) diagnostisch wegweisend. Ist eine infektiöse Genese der Arthritis unwahrscheinlich, kann zudem in selber Sitzung kristallines Glukokortikoid intraartikulär injiziert werden. Vor jeder Gelenkpunktion sollte das Punktionsgebiet sorgfältig desinfiziert werden (z. B. dreimalige Wischdesinfektion). Bei der Punktion sollte steril gearbeitet werden.

Bildgebende Diagnostik

Mit der Arthrosonographie kann ein klinisch vermuteter Gelenkerguss rasch verifiziert werden (Abb. 2). Typisch für eine Arthritis ist eine Hypertrophie der Synovialis, die bei akutem Beginn jedoch auch gering ausgeprägt sein kann. Hinweisend auf eine entzündliche Genese des Gelenk­ergusses ist zudem eine Hyperperfusion der Synovialis im Powerdoppler, welche an großen Gelenken wie dem Kniegelenk jedoch in der Regel weniger ausgeprägt ist als an kleinen Gelenken.

Eine Röntgendiagnostik des Kniegelenks ist bei akuter Arthritis in der Regel entbehrlich, sollte jedoch bei Verdacht auf eine Gon- oder Retropatellararthrose primär durchgeführt werden, um Lokalisation und Ausmaß der degenerativen Veränderungen festzustellen. Eine MRT-Diagnostik ist u. a. dann sinnvoll, wenn ein potenziell operationswürdiger degenerativer oder traumatisch bedingter Kniegelenksbinnenschaden (z. B. Band- oder Meniskusschädigung) vermutet wird. Das Ausmaß der Schädigung kann in vielen Fällen aber erst arthroskopisch vollständig erfasst werden.

Therapie

Die individuelle Therapie richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache und sprengt den Rahmen dieser Übersicht. Bei traumatischen oder fortgeschrittenen degenerativ bedingten Schädigungen ist eine fachorthopädische Mitbehandlung sinnvoll. Patienten mit einer Arthritis sollten zeitnah einem Rheumatologen vorgestellt werden.

Akut ist die Gabe nichtsteroidaler Antirheumatika sinnvoll, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Auf eine probatorische systemische Glukokortikoidgabe sollte verzichtet werden, bis die Ursache der Arthritis geklärt ist. Bei vielen Arthritisformen führt eine Entlastungspunktion mit intraartikulärer Glukokortikoidinjektion zur Problemlösung, sofern die zugrundeliegende Erkrankung dann adäquat behandelt wird. Bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen führt eine vorübergehende Immobilisierung (z. B. im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthaltes) im Anschluss an die Injektion zu höheren Remissionsraten, da mehr Kortikoid im Gelenk verweilt.

Eine Lyme-Borreliose spricht regelhaft auf eine antibiotische Therapie mit Doxycyclin an. Persistiert der Kniegelenkserguss, sollten alternative Diagnosen geprüft werden. Bei einer akuten reaktiven Arthritis führt eine antibiotische Therapie hingegen nicht zu einer Verkürzung der Arthritisdauer. Dennoch ist bei einer Urogenitalinfektion mit Chlamydien eine antibiotische Therapie indiziert, um einer Infertilität vorzubeugen (immer Partner mitbehandeln!). Bei Nachweis einer Gichtarthropathie sollte nach Abklingen (und nicht während) des Gichtanfalls eine harnsäuresenkende Therapie mit Allopurinol, Benzbromaron oder Febuxostat begonnen werden. Dabei sollte die Harnsäure auf Werte von ≤ 6 mg/dl abgesenkt werden [4].


Literatur
1. Braun J, Kingsley G, van der Heijde D, Sieper J (2000). On the difficulties of establishing a consensus on the definition of and diagnostic evaluations of reactive arthritis. J Rheumatol 27:2185-92.
2. Amor B, Dougados M, Listrat V, et al (1991). Evaluation of the Amor criteria for spondyloarthopathies and European Spondyoarthritis Study Group. Ann Med Interne 14:85-9.
3. Rudwaleit M, Landewe P, van der Heijde D et al (2009). The development of assessment of SpondyloArthritis international Society classification criteria for axial spondyloarthritis. Ann Rheum Dis 88: 777-783.
4. Zhang W, Dohetry M, Barbin T et al. (2006). EULAR evidence based recommendations for gout. Part II: Management. Ann Rheum Dis 65: 1312-1324.

Interessenkonflikte:
keine deklariert

Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich


Kontakt:
Prof. Dr. med. Bernhard Hellmich
Kreikliniken Esslingen
Klinik Plochingen
Klinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie
73207 Plochingen

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2011; 33 (6) Seite 14-17