Ärzte können unzulässige Bewertungen auf Google, Jameda & Co. löschen lassen. Auf rechtswirksame Löschanträge müssen die Plattformen innerhalb weniger Tage reagieren und ein Prüfverfahren einleiten. Eine Dermatologin erreichte auf Basis eines BGH-Urteils sogar die Löschung eines ohne ihr Zutun vom Anbieter selbst angelegten Profils.

„Wen interessieren schon ein paar Negativbewertungen meiner Praxis auf Google?“: einen sehr großen Teil der Patienten. Laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom gab fast die Hälfte der Studienteilnehmer an, Online-Bewertungsportale wie Jameda bei der Arztsuche zu nutzen und sich von den Bewertungen beeinflussen zu ­lassen. Bewertungsportale haben mittlerweile einen erheblichen wirtschaftlichen Einfluss auf die Reputation einer Praxis bzw. Klinik. Was kann ich als Arzt unter Berücksichtigung der aktuellen Recht­sprechung tun, um mich gegen unberechtigte Negativbewertungen im Internet zu wehren?

Unterschiedliche Interessenlage

Bei Arztbewertungen auf Internetportalen stehen sich unterschiedliche Interessen der Beteiligten gegenüber. Die Portalbetreiber und -nutzer können sich insbesondere auf die Kommunikationsfreiheit berufen. Aufseiten der bewerteten Ärzte stehen die Persönlichkeitsrechte, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Berufsfreiheit.

Recht auf Möglichkeit zur anonymen Negativbewertung

In den allermeisten Fällen werden Kritiken, Beleidigungen, Falschbehauptungen oder Verleumdungen aus dem Schutz der Anonymität veröffentlicht. Dies wirft die berechtigte Frage auf, warum die Portale ihren Nutzern überhaupt die Möglichkeit einräumen, anonym zu bewerten. Antwort: Weil sie es müssen. Die Portale sind nach den rechtlichen Vorgaben des Telemediengesetzes verpflichtet, die anonyme Nutzung des Portals zu ermöglichen.

Welche Möglichkeiten haben betroffene Arztpraxen?

Da dem bewerteten Arzt die Identität von anonymen Bewertern in der Regel unbekannt ist, kann er sich mit der Beanstandung der Bewertung nur an das Onlineportal selbst wenden. Die rechtliche Auseinandersetzung findet daher meist zwischen den Betroffenen bzw. deren Rechtsbeistand und dem Bewertungsportal statt.

Dies hat klare Vorteile: So läuft das Prüfverfahren professionell und geräuschlos ab, ohne dass ein direkter Austausch mit dem eigentlichen Bewerter stattfinden muss.

Wenn der Arzt den Patienten kennt, kann Letzterer auch bei unzulässigen Äußerungen auf Unterlassung, Kostenerstattung und ggf. Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Zudem kann bei Beleidigung oder Verleumdung Strafanzeige erstattet werden. Auf jeden Fall kann es sinnvoll sein, im Sinne der Konfliktlösung zuerst den kommunikativen Austausch mit dem jeweiligen Patienten zu suchen. Im Regelfall handelt sich allerdings um anonyme Bewertungen, die nicht direkt einer bestimmten Person zuzuordnen sind.

Beanstandung muss rechtswirksam sein
Wenn die Bewertung nicht rechtswirksam beanstandet wird, ist der Portalbetreiber nicht verpflichtet, das Prüfverfahren überhaupt einzuleiten. Er kann den Prüfvorgang ohne Löschung der Bewertung sofort beenden.

Nach Hinweis müssen die Bewertungsportale handeln

Die Betreiber eines Bewertungsportals stehen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht in der Pflicht, die Bewertungen der Nutzer vor der Veröffentlichung auf mögliche Rechtsverletzungen zu überprüfen. Die Portalbetreiber sind erst dann zur Prüfung und Löschung einer Bewertung verpflichtet, wenn sie rechtswirksam auf eine Rechtsverletzung hingewiesen wurden.

Nach einem solchen Hinweis müssen die Portale jedoch schnell handeln. So hat das Landgericht Köln entschieden, dass Google innerhalb weniger Tage rechtswirksam beanstandete Bewertungen prüfen und ggf. löschen muss (Az.: 28 O 279/20).

Welche Bewertungen kann man löschen lassen?

Ärzte müssen sich auf Bewertungsportalen nicht alles gefallen lassen. In folgenden Fällen bestehen gute Chancen auf Löschung der Bewertung:

  • Es ist unklar, ob der Bewerter überhaupt einmal in dieser Praxis bzw. von diesem Arzt behandelt wurde.
  • Es werden Behauptungen aufgestellt, die nicht nachweisbar richtig sind.
  • Es wird ein falscher Eindruck erweckt oder ein unvollständiger Sachverhalt geschildert.
  • Die Bewertung ist beleidigend.
  • Es werden keine eigenen Erfahrungen geschildert.
  • 1-Sterne-Bewertungen ohne Begleittext, bei der eine Tatsachengrundlage für die Schlechtbewertung fehlt.

So läuft das Prüfverfahren bei Google, Jameda & Co. ab

Wenn die Bewertung rechtswirksam beanstandet wurde, muss das Portal innerhalb weniger Tage ein Prüfverfahren einleiten. Dieses läuft meist mehrstufig ab:

  • Zunächst wird die Beanstandung des Betroffenen an den Verfasser des Beitrags zur Stellungnahme weitergeleitet.
  • Bleibt eine Stellungnahme des Verfassers aus oder ist diese unergiebig, muss das Portal die Bewertung löschen.
  • Wenn der Verfasser auf die Beanstandung hin umfangreich Stellung nimmt, erhält der Bewertete wiederum die Möglichkeit, die Stellungnahme zu erwidern. Der Portalbetreiber muss sich anhand der vorliegenden Stellungnahmen dann ein Bild machen und sozusagen als Schiedsrichter eine (gerichtlich überprüfbare) Entscheidung treffen.

Dieses mehrstufige Verfahren wird auch als „Ping-Pong-Verfahren“ bezeichnet.

Gibt es einen Anspruch auf Profillöschung?

Im Jahr 2018 hat der Bundes­gerichtshof (BGH) zudem erstmals festgelegt, dass Jameda das ­Profil einer Ärztin auf deren Wunsch vollständig löschen muss (Az.: VI ZR 30/17). Geklagt hatte eine Dermatologin.

Die Ärztin wandte sich in dem Verfahren speziell gegen das Geschäftsmodell von Jameda. Dieses beinhaltet, Ärzten eine Werbeplattform für ihre Praxis zu verkaufen. Indem sie an Jameda zahlen, können sie ihr Profil mit Fotos und ausführlicher Eigenwerbung ausschmücken. Das Profil von Nichtzahlenden ist dagegen deutlich unattraktiver gestaltet. Zu sehen sind nur Basisdaten wie Adresse und Fachrichtung. Die erwähnte Ärztin war sogar damit konfrontiert, dass auf ihrem Jameda-Profil die Werbeanzeigen anderer, zahlender Ärzte angezeigt wurden. Der BGH gab der Ärztin recht und beanstandete das Geschäftsmodell von Jameda.

Das Portal habe mit dieser Art von Zwei-Klassen-Behandlung den Boden eines neutralen Informationsvermittlers verlassen. Das müsse niemand hinnehmen. Die Daten der Ärztin mussten von Jameda gelöscht werden.

Fazit - Diese Möglichkeiten haben Ärzte gegen Online-Schmähkritik:
Es kann festgehalten werden, dass es effektive Möglichkeiten gibt, um sich gegen unberechtigte Bewertungen zur Wehr zu setzen. Mittel der Wahl ist ein direktes Vorgehen gegen das Bewertungsportal. Zu beachten ist, dass die Beanstandung der Bewertung möglichst konkret und unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben erfolgen muss, um das Löschverfahren erfolgreich einzuleiten. Hierfür ist der sichere Umgang mit den zunehmend ausdifferenzierten Rechtsprechungen unerlässlich.


Literatur
„Jeder Zweite liest Online-Bewertungen vor dem Kauf“, Bitkom e. V., Oktober 2019
„Bundesgerichtshof zur Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arzt­bewertungsportals im Internet (www.­jameda.de)“, Urteil vom 20. Februar 2018 – VI ZR 30/17


Autor:

© simonthon
Dr. Jörn Claßen

Partner der Kölner Medienkanzlei BROST CLASSEN

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (6) Seite 4