Auch in der Hausarztpraxis wird sie oft unterschätzt und fehldiagnostiziert: die oberflächliche Venenthrombose. Heute weiß man, dass sie häufig mit einer unerkannten tiefen Beinvenenthrombose, seltener auch mit einer Lungenembolie einhergeht. Als Therapieoptionen kommen eine Antikoagulation für sechs Wochen oder die operative Sanierung infrage.
Die Thrombophlebitis ist als Thrombose und Entzündung der oberflächlichen Venen und ihrer Umgebung definiert. Sie hat pathophysiologische und histologische Gemeinsamkeiten mit der tiefen Venenthrombose. Die aktuelle Leitlinie bezeichnet sie deshalb auch als oberflächliche Venenthrombose (OVT), die sich meist als schmerzhafter, geröteter, überwärmter Strang im Verlauf einer oberflächlichen Vene zeigt [1]. Die oberflächliche Venenthrombose in primär varikös veränderten Venen nennt man Varikothrombose. Man unterscheidet sie von der Thrombophlebitis, der oberflächlichen Thrombose in primär gesunden Venen. Die Ursachen können z. B. Systemerkrankungen wie Autoimmunerkrankungen, Vaskulitiden und Tumoren sein. Die Thrombophlebitis kann auch iatrogen, idiopathisch, septisch oder als Folge eines Traumas entstehen [2].
Die Prävalenz der OVT liegt bei circa 5 % [3]. Zur Inzidenz gibt es keine eindeutigen Zahlen. In Publikationen wird sie zwischen einer und zehn Promille geschätzt – mit einer jahreszeitlichen Häufung im Frühjahr und im Herbst [4].
Beschwerden und Risiken
OVT-Patienten gehen primär zum Hausarzt, seltener direkt zum Phlebologen. Als Entzündungszeichen gelten Rubor, Calor, Dolor, Tumor und Functio laesa (Abb. 1a–1b, Abb. 2). Differenzialdiagnostisch häufig sind Hypodermitis, Stauungsdermatitis, Erysipel (Abb. 3) und Abszess. Manchmal haben Patienten auch "Flöhe und Läuse". Im Zweifel kann ein Labor mit Entzündungsparametern weiterhelfen. Positive D-Dimere sind nicht zielführend, da sie bei einem Erysipel und einer oberflächlichen Venenthrombose positiv sein können und bei tiefer Beinvenenthrombose fast immer erhöht sind. Bei einer Varikothrombose fehlen im Gegensatz zum Erysipel in der Regel Allgemeinsymptome wie Fieber und Schüttelfrost.
Patienten mit Erkrankungen, die sich auf die Virchow-Trias im Gefäßsystem auswirken, sind besonders häufig betroffen (Tabelle 1). So erklärt sich auch die häufige Entstehung in einer varikös veränderten Vene durch die dortigen verlangsamten Strömungsverhältnisse.
Was tun, was bedenken?
Bei Verdacht auf eine OVT sollten immer Anamnese, körperliche Untersuchung und Ultraschalldiagnostik erfolgen (Tabelle 2). Gerade der Ultraschall ist bei der Diagnostik bedeutsam. Der Grund: Die OVT reicht, laut POST-Studie, oftmals deutlich weiter als das äußere klinische Erscheinungsbild. Bei ausgedehnter OVT kann es in 30 % der Fälle gleichzeitig zu einer asymptomatischen tiefen Beinvenenthrombose und sogar in bis zu 4 % zu einer Lungenembolie kommen [5]. Bei proximal gelegenen Thrombosen ist deshalb in der Regel eine weiterführende Diagnostik mittels Kompressionssonografie zum Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose empfohlen [6]. Im Rahmen einer OVT sollten immer beide Beine aufgrund des Risikos für autochthone Thromben untersucht werden.
Welche Therapien gibt es?
Die Therapie der OVT hängt von der betroffenen Extremität und Ausdehnung ab. Eine Thrombophlebitis der oberen Extremität ist selten und entsteht z. B. nach intravenöser Therapie über eine Venenverweilkanüle. Diese wird meist nur lokal und symptomatisch mit heparinhaltigen Gelen oder mit oralen Antiphlogistika unter Magenschutz therapiert. Eine kurzzeitige Ruhigstellung und eine Kompressionstherapie können hilfreich sein.
Die venösen Gefäße der unteren Extremität sind deutlich häufiger betroffen. In Abhängigkeit von der Lokalisation unterscheidet man vier Formen:- Einzelne, kleinlumige Astvarizen
- Varikothrombose der Vena saphena magna oder Vena saphena parva oder großer Astvarizen über 5 cm Länge und bis mehr als 3 cm zur Crosse entfernt oder
- Varikothrombose über 5 cm Länge und bis weniger als 3 cm bis zur Mündung ins tiefe Venensystem
- Hineinreichen des Thrombus in das tiefe Venensystem
Die Behandlung erfolgt in Abhängigkeit von Ausdehnung und Lokalisation [7]. Prinzipiell kann man die Varikothrombose konservativ oder operativ therapieren [4].
Operative Therapie: sofort oder später
Eine operative Sanierung sollte entweder in der akuten Phase – innerhalb der ersten 14 Tage, wenn der Thrombus noch frisch ist – oder im beschwerdefreien Intervall erfolgen. Vorteile der Operation sind die gleichzeitige Behandlung von Varikose und oberflächlicher Venenthrombose sowie eine sofortige postoperative Schmerzfreiheit. Postoperativ ist eine prolongierte medikamentöse Thromboseprophylaxe sowie eine antiphlogistische Therapie unter Magenschutz unabdingbar. Als Nachteil einer sofortigen operativen Sanierung wird eine erhöhte postoperative Komplikationsrate beschrieben [8].
Wann konservativ behandeln?
Bei oberflächlichen Thrombosen in einzelnen Astvarizen sind lokale Maßnahmen wie Kühlung, Kompression und gegebenenfalls heparinhaltige Gele zu empfehlen. Darüber hinaus können nichtsteroidale Antirheumatika nach Bedarf unter Magenschutz eingesetzt werden. Niedermolekulare Heparine sind wirksam, zeigten aber in Studien keine Überlegenheit gegenüber reinen lokalen Therapien. In Einzelfällen kann eine Inzision mit anschließender Thrombusexpression sinnvoll sein (vgl. Tabelle 3).
Sind größere Astvarizen, die Vena saphena magna oder Vena saphena parva mit mehr als 5 cm Länge betroffen, sollte eine Antikoagulation erfolgen – hier bevorzugt Fondaparinux als einzig zugelassenes Medikament für diese Indikation mit einer prophylaktischen Dosierung von 2,5 mg 1 x tgl. s.c. für vier bis sechs Wochen. Wichtig ist eine ausreichend lange medikamentöse Behandlung. Bei zu kurzfristigem Einsatz (ein bis zwei Wochen) ist die Gefahr eines Rezidivs hoch. Niedermolekulare Heparine sind ebenfalls wirksam, haben aber keine Zulassung für diese Indikation. Studien zeigen, dass eine therapeutische Dosis als auch eine halbtherapeutische Dosierung dieser Mittel der prophylaktischen Dosis überlegen sind, um eine tiefe Beinvenenthrombose zu verhindern [2].
Die SURPRISE-Studie bewies, dass auch Rivaroxaban in einer Dosis von 10 mg 1 x tgl. Fondaparinux in der Prävention thromboembolischer Komplikationen nicht unterlegen ist [9]. Da es sich hier aber nicht um eine Zulassungsstudie handelt, ist zu erwarten, dass Rivaroxaban in näherer Zukunft keine Zulassung für diese Indikation erhält. Bei einer OVT, die weniger als 3 cm an die Mündung in das tiefe Venensystem reicht, ist diese wie eine tiefe Beinvenenthrombose zu therapieren. Das bedeutet eine therapeutische Antikoagulation über mindestens drei Monate (je nach Gefäß auch länger), kombiniert mit einer Kompressionstherapie [2]. Begleitend zur Antikoagulation sollte in der Therapie der OVT eine Kompressionstherapie, in der Regel über drei Monate, bis zum kompletten Abklingen der Symptome erfolgen. Bei jüngeren Patienten kann zusätzlich ein Thrombophilie-Screening erwogen werden. Bei Patienten mit Verdacht auf eine Thrombophlebitis oder bei rezidivierender Varikothrombose sollte eine altersentsprechende Tumorsuche erfolgen.
Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (15) Seite 16-20