Wo früher die Entscheidung zwischen Krankenhaus und Niederlassung beinahe schon alle Optionen für Ärzte abdeckte, gibt es heute allein für den ambulanten Sektor einen bunten Strauß an Möglichkeiten der Gestaltung von Arbeit und Arbeitsumfeld. Um im Geflecht der Möglichkeiten – darunter Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft, MVZ – nicht den Überblick zu verlieren, ist es wichtig zu wissen, wer für was zuständig ist, wen man fragen kann und wann man professionelle Unterstützung benötigt.

Im stark regulierten Bereich der ambulanten Versorgung wird die ärztliche Berufsausübung durch zahlreiche normative Vorgaben eingeschränkt. Viele Vorgänge rund um die Arztpraxis setzen ein förmliches Anzeige- oder Genehmigungsverfahren voraus. Die entsprechenden Bescheide stellen verbindliche Verwaltungsakte dar, deren Entscheidungsgründe für den Antragsteller häufig kaum nachvollziehbar sind. Möchte man die eigene Praxisstruktur erfolgreich verändern, ist ein Verständnis für diese unumgänglichen Prozesse eine wesentliche Voraussetzung.

Im Zentrum steht die vertragsärztliche Zulassung, die im Grunde nichts anderes ist als eine Art nur in begrenzter Anzahl verfügbarer Abrechnungslizenzen für die GKV. Aber auch für die Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) durch bereits zugelassene Ärzte, den Betrieb einer Zweigstätte (Filiale), die MVZ-Gründung oder die Anstellung eines Mediziners sind förmliche Genehmigungen einzuholen. Dies muss grundsätzlich vorab erfolgen.

Bei wem stelle ich den Antrag?

Zuständiges Gremium ist für fast alles der Zulassungsausschuss (ZA) – mit Ausnahme der Genehmigung von Praxisfilialen, deren Beantragung an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) zu richten ist. Der ZA wird jedoch häufig fälschlicherweise mit der KV in denselben Topf geworfen. Zwar sind die ZA meist tatsächlich bei den KVen angesiedelt, aber dennoch agieren sie eigenständig und mit eigenen Regeln. Wichtigster Unterschied zur KV: Bei allen Entscheidungen ist die Krankenkasse gleichberechtigt beteiligt. Hierdurch entsteht naturgemäß bei vielen Antragsverfahren ein Spannungsfeld zwischen den Leistungserbringern (KV-Vertreter) und den Leistungszahlern (Kassenvertreter).

Das A und O: Eine gute Vorbereitung

Ein wesentlicher Schlüssel für die erfolgreiche Genehmigung eines Antrags ist ein gewisses Verständnis für die notwendigen Verwaltungsroutinen. Doch wie lässt sich die unvermeidliche Verhandlung im Zulassungsausschuss optimal vorbereiten? Die naheliegendsten Auskunftsstellen sind die Geschäftsstellen der ZAs selbst. Aber auch an die sogenannten Niederlassungsberatungen der KVen ist zu denken. Diese richten sich zwar vornehmlich an neu ins System tretende Ärzte. Da es sich bei der Umgestaltung einer bestehenden Praxis aber grundsätzlich um ähnliche Vorgänge und Abwägungen handelt, sind sie trotzdem eine sehr sinnvolle Anlaufstelle – insbesondere für Informationen zu den regional spezifischen Antragsprozessen und Besonderheiten. Es ist allein deshalb hilfreich, die regionalen Besonderheiten zu kennen, da diese die zeitlichen Abläufe bestimmen können: So ist als ein wesentlicher Unterschied in den 17 KV-Regionen die Sitzungshäufigkeit der ZAs zu nennen. Während z. B. in Berlin wöchentlich getagt wird, gibt es in Hamburg nur vier Sitzungen im Jahr, für die größtenteils Monate im Voraus alle Anträge einzureichen sind. Ein weiterer Unterschied: Während die KV Niedersachsen neun ZAs mit jeweils örtlich abgegrenzter Zuständigkeit hat, ist der Zuschnitt in Nordrhein viel gröber und bei deutlich mehr Ärzten in nur vier Gebiete unterteilt.

Informationen einholen und absichern – aber wo?

Da sich im Bereich der ärztlichen Kooperationen die rechtlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren oft und schnell verändert haben, ist davon auszugehen, dass nicht jeder Mitarbeiter von KV und ZA jede Finesse kennt. Wenn also die Basisinformationen zum angestrebten Verfahren eingeholt sind, ist es sinnvoll, diese einem ergänzenden Faktencheck zu unterziehen. Anlaufstellen hierfür können die ärztlichen Fachverbände sein, die jedoch – nach meiner Erfahrung – höchst unterschiedliche Beratungsqualität bieten und z. B. zum Thema MVZ teils wenig kompetent sind. Sehr hilfreich kann auch eine Anfrage bei den auf Ärzte spezialisierten Banken sein, da diese schon aus Interesse an der Kreditsicherung oft über profunde Fachkenntnisse rund um das Thema Praxisorganisation und -gestaltung verfügen. Als gemeinnütziger Verband zur Förderung ärztlicher Kooperationen soll an dieser Stelle der Bundesverband MVZ – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e. V. als Quelle für Fachinformationen zu komplexen Praxisstrukturen nicht unerwähnt bleiben. Auch die spezifische Fachliteratur – Bücher, Onlineforen und Aufsätze – gibt inzwischen viele Informationen mit durchaus hohem Praxisnutzen für den interessierten Laien her. Zur konkreten Frage passende Leseempfehlungen lassen sich bei einer der vorgenanntenten Stellen erfragen.

Grundsätzlich ist einzuplanen, dass von der Praxisidee bis zu ihrer Genehmigung und Umsetzung in aller Regel mehrere Monate vergehen und eine genaue Vorhersage über die Zeitdauer nicht getroffen werden kann. Oft geben die Antragsformulare sowie entsprechende Merkblätter, die von fast allen KVen online vorgehalten werden, erste Anhaltspunkte zum zeitlichen Ablauf und stellen damit eine nicht zu unterschätzende, zusätzliche Informationsquelle dar. Ebenso lohnt es, auch mal einen Blick auf fremde KV-Webseiten zu riskieren. Denn die Informationsqualität und -quantität ist durchaus sehr unterschiedlich. Hierbei ist es meine persönliche Wahrnehmung, dass insbesondere die Merkblätter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) einen stets aktuellen und sehr komplexen Informationsgehalt aufweisen und den (frei verfügbaren) Informationen anderer KVen oftmals überlegen sind.

Kommt es dann zur Antragstellung, erreicht man selbstverständlich schneller und komplikationsfreier sein Ziel, wenn alle notwendigen Unterlagen, Begründungen und Erklärungen direkt vollständig eingereicht werden. Die Erfahrung lehrt auch, dass sich viele Missverständnisse und Probleme durch den kurzen Griff zum Telefon oft schnell klären oder gar vermeiden lassen. Auch deshalb ist es ausgesprochen nützlich, von vornherein auf eine gute Kommunikation mit den Sachbearbeitern zu achten.

Mit Expertenhilfe juristische und steuerrechtliche Fallen meistern

Gesellschaftsrechtliche Umgestaltungsprozesse haben so gut wie immer sowohl eine komplexe juristische als auch eine steuerlich brisante Komponente, die von den jeweiligen Experten begleitet bzw. geprüft werden sollte. Denn Praxisabgabe- und überleitungsprozesse erfordern eine vorausschauende Planung, bei der auch anstehende Gesetzesänderungen sowie die Rechtsprechung ebenfalls zu beachten sind.

Klar, Anwälte kosten Geld, Steuerberater auch. Anderseits tragen sie einen Teil des Gestaltungsrisikos und sind nun einmal in diesen, für Ärzte zumeist fremden Verfahren Profis. Außerdem können sie klar zu verstehen geben, wenn Gestaltungswünsche im geltenden Normenrahmen nicht seriös umsetzbar sind. Denn im Sinne von "Das muss doch gehen", können Laien sich auch mal verschätzen. Versierte Berater können diesbezüglich ein ausgesprochen nützliches Korrektiv darstellen, um schwerwiegende Rechtsfehler, die später sehr teuer oder existentiell werden können, zu vermeiden.

Diese Erkenntnis in Verbindung mit der Nutzung der angebotenen und vergleichsweise leicht zugänglichen Informationsquellen ist entsprechend die beste Vorbereitung für das Gelingen von geplanten Strukturveränderungen.



Autorin:

Susanne Müller

Geschäftsführerin des Bundesverbandes ­Medizinische Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e. V.
10117 Berlin

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (13) Seite 57-59