Das Problem bei Nagelmykosen sind die Sporen, die ins Gewebe eindringen und sich mittels Kultur oder Mikroskopie kaum nachweisen lassen. Eine gute Alternative kann die Gendiagnostik mittels PCR sein, die sich auch von Dermatologen in der Praxis gut durchführen lässt.

In der Mykologie vollzieht sich ein rasanter Wandel: im Erregerspektrum, in der Therapie und der Diagnostik. Mithilfe der Gentechnik ist es heute möglich, jede Mykose sicher und schnell zu diagnostizieren, unabhängig vom Phänotyp der Erreger und vom Zeitpunkt der Untersuchung. Bei der Onychomykose ist das ein enormer Gewinn, da vor allem die Sporen der Erreger nur schwer nachweisbar sind. Bis zu 50 % der Kulturen wachsen zudem nicht an.

Pilzerreger sind schwierig

Pilze sind komplizierter als andere Erreger, wie beispielsweise das aktuelle Corona-Virus. Zum einen entsteht keine Immunität, weshalb es beim Menschen keine Impfstoffe gegen Pilzerreger gibt. Pilze sind auch strukturell komplex. Sie bestehen aus Sporen, die ihr Überleben sichern, sowie Geflechten (Hyphen), die ins Gewebe eindringen können und ihre Virulenz ausmachen, was erklärt, warum viele Mykosen so hartnäckig sind (Abb. 1). Diese biologische Besonderheit hat zu einer revolutionären und inzwischen universellen systemischen Langzeittherapie geführt, mit einer Dosis pro Woche bis zur klinischen Heilung. Die Intelligenz der kontinuierlichen Intervalltherapie beruht auf dem Auskeimen der Sporen mit Bildung empfindlicher Keimschläuche am jeweiligen Ende der Therapiewoche. In dieser Phase sind die Erreger aufgrund der stattfindenden Synthese von Ergosterol auch gegenüber nicht sporozid wirkenden Antimykotika wie Itraconazol, Fluconazol, Bifonazol und Sertaconazol empfindlich. Das bedeutet, je länger eine solche Therapie durchgeführt wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass alle Sporen beseitigt sind und kein Rezidiv entstehen kann.

Spore ist nicht gleich Spore

Man unterscheidet zwischen echten und Pseudosporen. Echte Sporen sind solche, die dem Erreger ein Überleben unter widrigen Umweltbedingungen ermöglichen, beispielsweise im Nagel. In der Regel besitzen sie eine dickwandige Hülle oder einen Kern, in dem sie die für den Erhalt ihres Lebens und ihrer Art unabdingbare DNA verstecken. Beispiele sind die Kernsporen von T. rubrum, die doppelwandigen Chlamydo­sporen von C. albicans und die Ruheform von S. brevicaulis. Man darf diese nicht gleichsetzen mit den Mikrokonidien von T. mentagrophytes, den Hefezellen bzw. Blastosporen von C. albicans oder den Mikrosporen von M. canis und M. audouinii, was mitunter geschieht. Diese heißen zwar so, dienen jedoch ausschließlich der Übertragung der Erreger und haben nichts mit der Therapieresistenz einer echten Spore zu tun. Ebenso wenig wie die Ausbreitung eines Erregers mit seiner Pathogenität. Obwohl es den Anschein hat, sind echte Sporen nur scheinbar tot. Denn neben der lebenswichtigen DNA besitzen sie auch Mitochondrien, mit denen sie atmen können.

Als bisher einzige Substanz zielt Ciclopiroxolamin auf beide Strukturen und wirkt somit direkt sporozid. In diesem Sinne ausdrücklich nicht sporozid sind Wirkstoffe wie Amorolfin und Terbinafin, obwohl dies zuweilen suggeriert wird. Sie wirken bestenfalls blastosporozid, also gegen Hefezellen, werden aber in der Therapie von Kandidosen trotzdem nicht eingesetzt, da auch bei solchen „Sporen“ eine nur geringe Ergosterol-Bildung existiert.

Die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR)

Was Viren und Pilzerreger vereint, ist die Gendiagnostik. Ein großer Fortschritt für die Mykologie. Denn das diagnostische Problem der Sporen besteht darin, dass sie auf Kulturen nicht anwachsen und auch mikroskopisch kaum nachweisbar sind. An dieser Stelle öffnet sich die Tür zu einer neuen Welt der Erregerdiagnostik, die PCR, welche auch die DNA der Sporen nachweisen kann. Das Prinzip ist einfach. Wie jeder andere ­Makro- oder Mikroorganismus hinterlassen auch Pilzerreger und ihre Sporen am Ort der Tat eine Genspur, ihre DNA. Diese kann im Labor identifiziert werden. Im Unterschied zur Mikroskopie und Histologie erregerspezifisch, ohne vorherige Kultur.

Das breiteste Nachweisspektrum besitzt eine Objektträger-Methode, der sogenannte Microarray der Firma EUROIMMUN. Er umfasst alle pathogenetisch relevanten Onychomykose-Erreger, von T. rubrum, T. interdigitale, T. tonsurans, C. albicans bis S. brevicaulis. Die Prozedur besteht aus drei Schritten. Zuerst erfolgt die Extraktion der Erreger-DNA aus der fachgerecht entnommenen Probe. Dem folgt die Vermehrung der DNA und ihre Markierung mit Fluoreszenzfarbe in einem Thermocycler. Dieser Schritt ist die eigentliche PCR. Er gleicht dem Wachstum des Erregers auf einer Kultur mit Bildung von Kolonien, was bei T. rubrum jedoch Wochen dauert. Im dritten Schritt erfolgt die Hybridisierung der multiplizierten Gene mit artspezifischen Sonden, die sich auf dem vorgefertigten Objektträger befinden. Kommt es zur Bindung, wird dies mithilfe eines Fluoreszenzsignals sichtbar gemacht und per Scanner und PC vollautomatisch ausgewertet. Das Ergebnis liegt binnen 48 Stunden vor (Abb. 2).

Abrechnungsmöglichkeiten

Die GOÄ sieht für jeden Schritt eine ­separate Abrechnungsziffer vor: 4780 Isolierung der DNA, 4783 Amplifikation der DNA und 4785 Identifizierung von Nukleinsäuren. Da die molekulare Diagnostik noch keine EBM-Regelleistung ist und die kulturelle Diagnostik für den überwiegenden Anteil der Patienten Mittel der Wahl bleiben wird, darf sie nicht aufgegeben werden, auch wenn die Honorierung für Anzucht und Identifizierung nach den EBM-Ziffern 32687 und 32688 von 9,20 € auf aktuell 7,30 € gesunken und somit unwirtschaftlich ist. Alternativ können beide Ziffern bei der KV gekündigt und stattdessen eine konventionelle Pilzdiagnostik auf Grundlage der GOÄ angeboten werden, da dies für viele Patienten (20,97 € für Mikroskopie, Kultur und Identifikation zusammen) finanziell erschwinglich ist, anstatt gar nicht mehr in den Genuss einer Pilzbestimmung zu kommen, da viele Praxen und Kliniken die kulturelle Diagnostik, nicht zuletzt auch wegen der immer höher werdenden, teuren staatlichen Auflagen, wie Chargenprüfung, Ringversuche, Entsorgung der Kulturen, gänzlich aufgegeben haben, was von vielen Patienten zunehmend beklagt wird.

Vorzüge der PCR

Der größte Vorteil der PCR ist der direkte Erregernachweis aus der klinischen ­Probe, was erstmals auch unter einer Therapie möglich ist, gefolgt vom Tempo der Methode, der Exaktheit der Diagnose und der von einer Kultur unabhängigen einfachen, automatisierten Handhabbarkeit. Wie hilfreich die Gendiagnostik auch in der Therapie ist, zeigt das Behandlungsbeispiel in Abb. 3. Den Endpunkt der Therapie bestimmen zu können, ist nicht nur klinisch, sondern auch mikrobiologisch von hoher praktischer Bedeutung, da zu früh beendete Behandlungen aufgrund der Sporolierung vieler Pilzerreger mit einer hohen Rezidivquote belastet sind. Aufgrund ihrer überragenden Empfindlichkeit ist die PCR auch das stärkste mikrobielle ­Argument für den Ausschluss einer Mykose. Letztlich ist sie auch eine gute Chance, die Diagnostik der Mykosen in der Dermatologie zu erhalten, wenn sich möglichst viele Kolleginnen und Kollegen dieser modernen und zuverlässigen Methode zuwenden. Wie die eigene Erfahrung zeigt, ist das in jeder Praxis möglich. Der vorliegende Artikel möchte Mut dazu machen.

Fazit
Die Onychomykose ist heute besser denn je diagnostizier- und behandelbar. Sie bleibt damit ein Kronjuwel der Dermatologie unter Wahrung des dermatologischen Goldstandards: Diagnostik und Therapie in der Hand des praktizierenden Dermatologen.



Autor:

Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Tietz

mycoclinic Berlin
Luisenstraße 50
10117 Berlin

Erschienen in: DERMAforum, 2020; 24 (10) Seite 14-15