Wird der Hausarzt gerufen, weil der Patient „im Sterben liegt“ oder weil er „gerade eben gestorben ist“, wird der Arzt diesem Ruf zeitnah folgen und den Patienten bzw. den Verstorbenen aufsuchen. Andernfalls könnte er sich dem Vorwurf (oder gar der Anklage) der „unterlassenen Hilfeleistung“ aussetzen, zumal davon auszugehen ist, dass ein Laie nicht unbedingt den Sterbeprozess abschätzen kann.

Folgt der Hausarzt diesem Ruf und stellt er zwar den Tod des Patienten fest, aber keine sicheren Todeszeichen (die ja erst nach einer gewissen Zeit auftreten), dann kann er diesen Besuch nicht in Zusammenhang mit einer Leichenschau abrechnen, da diese zu diesem Zeitpunkt nicht möglich ist. Die Problematik des neben der Leichenschau abzurechnenden Besuches wurde im „Allgemeinarzt“ bereits mehrfach dargelegt, zuletzt in Ausgabe 17/2011.

Uhrzeit, Wochentag und Wegepauschale

Da dieser – wie oben geschildert eilig angeforderte – Besuch noch zu Lebzeiten (oder der vermuteten Lebenszeit) des Patienten erbeten wurde, kann er ohne Probleme entsprechend den Regelungen des EBM über die Krankenversicherung abgerechnet werden.

Es ergibt sich die Möglichkeit der Ziffer 01 412, wenn er aus der Sprechstunde heraus erfolgte, der Ziffer 01 411 ab 20 Uhr oder am Wochenende oder der Ziffer 01 412 zwischen 22 und 6 Uhr (in diesem Fall mit der nächtlichen Wegepauschale). Der Zusatz N wird angewendet in KV-Bereichen, in denen – wie in Bayern – die Wegepauschale von der KV zugesetzt wird.

Keine Leichenschau ohne sichere Todeszeichen

Die Gesprächsziffer nach 03 230 dürfte in der geschilderten Konstellation nicht mehr durchführbar und abrechenbar sein, die Ordinationsgebühr nach 03 000 nur, wenn es der erste Kontakt im Quartal ist.

Bei eigenen Patienten kommt hier auch noch die Chronikerpauschale nach 03 220 oder 03 221 (wenn es der zweite Kontakt im Quartal ist) in Frage.

Der Hausarzt sollte sich nicht verleiten lassen, im hier beschriebenen Fall die Leichenschau durchzuführen und die entsprechenden Dokumente auszustellen, sondern in Ruhe erklären, dass er zur Leichenschau erneut kommen muss, da er momentan keine sicheren Todeszeichen feststellen kann, diese aber im Rahmen einer eidesstattlichen Erklärung bestätigen muss.



Autor:

Dr. med. Gerhard Bawidamann, Nittendorf

Facharzt für Allgemeinmedizin
93152 Nittendorf

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (10) Seite 36