Ist bei einem Patienten mit Condyloma acuminatum im Mund und Nachweis von HP-Virus 16 weitere Diagnostik erforderlich und macht vielleicht noch eine Impfung mit Gardasil® Sinn?

Der Fall: Bei meinem Patienten (38Jahre alt) ist an der Wangenschleimhaut ein Condyloma acuminatum entfernt worden. Histologisch ist HP-Virus 16 nachgewiesen worden. Welche weitere Diagnostik empfehlen Sie bzw. empfehlen Sie bei diesem Patienten die Impfung mit „Gardasil®“?

Antwort: Bei den humanen Papillomaviren16 und 18 handelt es sich um „Hochrisikotypen“. Eine persistierende Infektion mit Hochrisikotypen erhöht das Risiko für Zervixkarzinome, Peniskarzinome, Analkarzinome, aber auch für Kopf-Hals-Tumoren. Wenn bei einem Kopf-Hals-Tumor humane Papillomaviren nachgewiesen werden, handelt es sich in 90 % der Fälle um den Virustyp16. Die Übertragung erfolgt überwiegend sexuell. Zur Diagnostik sollte eine HNO-ärztliche Untersuchung einschließlich Laryngoskopen erfolgen, um mögliche weitere Condylomata acuminata im Nasen-Rachen-Raum zu entdecken und ggf. zu behandeln. Genital- und Analbereich sollten ebenfalls auf weitere Läsionen untersucht werden.

Da Infektionen mit dem HP-Virus bei Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern häufiger auftreten, sollte dem Patienten ein HIV-Test angeboten werden.

Rauchen erhöht das Risiko für die Entstehung von Kopf-Hals-Tumoren bei persistierender Infektion mit humanen Papillomaviren16 oder 18 erheblich. Dem Patienten sollte deshalb dringend empfohlen werden, nicht (mehr) zu rauchen.

Der Impfstoff Gardasil® schützt vor einer Infektion mit 9HPV-Typen einschließlich HPV16 und 18. Die Impfung sollte möglichst vor Beginn der sexuellen Aktivität erfolgen und hat dann eine sehr gute Wirksamkeit. Gardasil® wird in Deutschland von der STIKO für Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14Jahren empfohlen, Nachholimpfungen werden bis zum 17.Lebensjahr empfohlen. In einer randomisierten Studie, bei der 16 – 26 Jahre alte Männer geimpft wurden [1], schützte die Impfung mit einer Effektivität von ca. 60 % vor Infektionen mit den HPV-Typen HPV6, 11, 16und 18 und vor der Entwicklung von Läsionen am äußeren Genitale. Zugelassen ist Gardasil® ab einem Alter von 9Jahren ohne obere Altersgrenze.

Auf die bei dem Patienten bereits bestehende Infektion mit dem humanen Papillomavirus16 hat die Impfung mit Gardasil® keinen Einfluss.

Falls der Patient bereits mehrere Sexualpartner hatte, ist davon auszugehen, dass er bereits mit mehreren HPV-Typen infiziert war.

Ein Schutz könnte die Impfung gegen HPV-Typen, mit denen der Patient noch nicht infiziert war, bieten.

Die Entscheidung sollte deshalb individuell getroffen werden.

Einem Patienten, der nur sehr wenige Sexualpartner hatte, würde ich die Impfung empfehlen, um vor einer Infektion mit den anderen HPV-Typen – insbesondere gegen den Hochrisikotyp HPV18 – zu schützen. Da dies außerhalb der STIKO-Empfehlung ist, müsste der Patient die Kosten allerdings selbst tragen oder sich von seiner Krankenkasse die Kostenübernahme als Einzelfallentscheidung genehmigen lassen.

Je mehr Sexualpartner der Patient in seinem Leben hatte, desto geringer ist der Nutzen der Impfung.

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Literatur
1. Giuliano A.R. et al. Efficacy of quadrivalent HPV vaccine against HPV Infection and disease in males. N Engl J Med. 2011 Apr 14;364(15):1481


Autor:


Dr. Andreas Leischker, M.A.
Facharzt für Innere Medizin - Reisemedizin Sachverständiger
Gelbfieberimpfstation
47918 Krefeld

Erschienen in: DERMAforum, 2021; 25 (3) Seite 15