Die Entwicklung in der Adoleszenz führt auch zu Veränderungen von Haut und Haar im Bereich der Vulva. Bestimmte Pathologien treten unter dem nun wirkenden hormonellen Einfluss erstmals auf, andere werden jetzt manifest. Mit Beginn der sexuellen Aktivität erweitert sich zudem das Spektrum der möglichen Infektionserreger. Der folgende Artikel gibt einen Einblick in die Spannbreite der Vulvaveränderungen bei Adoleszenten.

Die WHO definiert die Adoleszenz pauschal als Zeitspanne zwischen 10 und 19 Jahren [1]. In der Kinder- und Jugendgynäkologie unterscheidet man je nach hormoneller Situation drei Perioden in der Entwicklung der Vulva:

  • In der neonatalen Periode präsentiert sich noch unter dem Einfluss der mütterlichen Hormone ein sukkulentes äußeres Genitale.
  • Das nicht östrogenisierte Milieu der nachfolgenden hormonalen Ruheperiode oder Latenzzeit lässt die Haut der Vulva dünn, durchscheinend und empfindlich werden, der Hymen ist straff und rigide.
  • Während der Pubertät vergrößern sich unter der Östrogenwirkung die Klitoris, die großen und kleinen Labien. Die Haut der Vulva wird weich, prall, rosig, der Hymen ist gut durchblutet und leicht dehnbar.

Diese Einteilung ist relevant und hilfreich, da gewisse Erkrankungen typischerweise nur in bestimmten Perioden auftreten.

Untersuchung des Genitale

Eine erste Untersuchung des äußeren Genitale findet im Neugeborenenalter statt. Im Vorschul- und Schulalter erfolgt eine weitere als Bestandteil der regulären Vorsorgeuntersuchungen. Diese sind von zentraler Bedeutung zur frühzeitigen Erkennung von Fehlbildungen, zum Beispiel einer Hymenalatresie.

In der Pubertät hingegen werden Untersuchungen nur bei bestimmten Fragestellungen und Problemen durchgeführt. Voraus geht selbstverständlich die Anamnese, wobei es elementar ist, der Jugendlichen im Gespräch vor allem durch aktives Zuhören zu zeigen, dass sie ernst genommen wird, um so das notwendige Vertrauen zu schaffen. Wichtig ist, zu gegebener Zeit auch über den Schutz vor unerwünschten Schwangerschaften und vor sexuell übertragbaren Krankheiten aufzuklären.

Bei einer Konsultation soll nicht isoliert eine gynäkologische Untersuchung stattfinden, sondern zur Beurteilung der Reifeentwicklung (Tanner-Stadien) und Erfassung eventueller Erkrankungen eine allgemeine körperliche Betrachtung erfolgen.

Die Untersuchung des Genitale findet in Rückenlage statt, eventuell zusätzlich in Knie-Ellenbogen- und/oder Seitenlage. Bei der Inspektion kann nach Separation (Spreizen der großen Labien) mittels sorgfältiger Traktion (Zug an den großen Labien nach caudolateral) auch der Hymen beurteilt und das Vestibulum vaginae eingesehen werden [2].

Eine instrumentelle Untersuchung (mittels Virgo-Spekulum oder Vaginoskop) soll nur bei bestimmten Indikationen durchgeführt werden wie:

  • rezidivierende Vulvovaginitis, rezidivierender oder fötider Fluor
  • Blutung in der hormonalen Ruheperiode
  • Verdacht auf Tumor
  • Verdacht auf Fehlbildung
  • Genitalverletzung
  • sexuelle Aktivität bei Jugendlichen.

Entzündliche Erkrankungen

Vulvitis und Vulvovaginitis

Infektionen von Vulva und Vagina gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern in der Kinder- und Jugendgynäkologie. Angegeben werden dabei Beschwerden wie Juckreiz und Brennen, klinisch zeigt sich eine Rötung der großen und kleinen Labien, manchmal auch der Perineal- und Analregion sowie Fluor.

Bei Kindern in der hormonalen Ruheperiode liegt oft eine insuffiziente Genital- und Stuhlhygiene zugrunde. Zudem kommen Vulvitiden begleitend bei den klassischen Kinderkrankheiten und Infektionen der oberen Luftwege vor, auch „vaginaler Schnupfen“ genannt. Im Falle einer Entzündung, induziert durch einen intravaginalen Fremdkörper, fällt ausgeprägter und fötider Fluor auf. Nachgewiesene Keime sind E. coli, Enterokokken, Haemophilus influenzae, Streptokokken und Staphylokokken. Infektionen mit Candida hingegen sind in der Ruheperiode außer bei Mädchen mit Immunsuppression sehr selten. Bei Wurminfektionen besteht typischerweise nächtlicher Pruritus und perianale Rötung mit Übergreifen auf die Vulva [3].

Meist ist eine lokale desinfizierende Behandlung und Pflege der Haut ausreichend, zum Beispiel mit Sitzbädern. Nur bei einer Infektion mit Streptokokken der Gruppe A mit blutigem Fluor ist eine systemische Therapie mit Antibiotika, bei Wurminfektionen mit Anthelminthika angezeigt.

Peripubertär stellen sich Mädchen vor, die durch neu aufgetretenen weißlichen, zähflüssigen Fluor, aber ohne zusätzliche Beschwerden verunsichert sind. Hierbei handelt es sich um den physiologischen Fluor albus, der durch die sehr schwankende Östrogenausschüttung infolge der noch instabilen endokrinen Hypothalamus-Hypophyse-Ovar-Achse verursacht wird.

In der Pubertät sind bakteriell bedingte Entzündungen seltener als im Kindesalter, dafür können am nun östrogenisierten Genitale Candidainfektionen mit den typischen Symptomen Rötung und Juckreiz auftreten. Deren Behandlung erfolgt primär lokal mit Antimykotika.

Sexuell aktive Adoleszentinnen stellen die größte Risikogruppe für sexuell übertragbare Erkrankungen (sexually transmitted diseases, STD) dar. Sie zeigen ein experimentierfreudiges Sexualverhalten mit kurzen Beziehungen, verschiedenen Partnern, undiszipliniertem Kondomgebrauch sowie risikoreichen sexuellen Praktiken und sind zudem sensibler für Infektionen (große Ektopien, erhöhte Metaplasieaktivität und Progesterondefizit). Eine Aszension von Keimen durch den Zervikalkanal mit Übergreifen der Infektion auf die Adnexe ist nun möglich. Die häufigste bakterielle STD ist die Chlamydieninfektion, welche mit vermehrtem Fluor, Metrorrhagien und Schmerzen einhergeht, jedoch auch asymptomatisch im Urogenitaltrakt persistieren kann. Unbehandelt drohen hier als Spätfolge chronische Unterbauchschmerzen, Extrauteringravidität oder Sterilität. Bei Jugendlichen in Risikosituationen sollten deshalb regelmäßig Abstriche entnommen werden.

Follikulitis, Furunkel und Abszess

Mit Beginn des Wachstums der Pubesbehaarung, der Rasur und zunehmender Sekretion der Drüsen im Bereich des äußeren Genitale treten auch Entzündungen der Haarfollikel auf. Klinisch präsentieren sich die klassischen Symptome einer Entzündung: Rötung, Schwellung, Schmerzen. Therapeutisch reichen die Maßnahmen je nach Größe und Ausdehnung der Befunde von lokal antiseptischer Behandlung über die Applikation von Ichthyol (Ichtholan®) bis zur Inzision. Rezidivierende Abszessbildungen im Genitalbereich können auf das Vorliegen einer Acne inversa hindeuten.

Ulkus/Ulzera

Ulzeröse Veränderungen der Vulva treten solitär oder gruppiert auf. Bezeichnend sind oft starke Schmerzen, die, vor allem bei Läsionen im Bereich des Vestibulum vaginae, sogar zu einem Harnverhalt führen können.

Die mit Abstand häufigste Ursache ist eine Infektion mit Herpes simplex (Abb. 1). Differenzialdiagnostisch kommen begleitende Erscheinungen bei anderen viralen Infektionen (EBV, CMV) in Betracht (Abb. 2) sowie eine Beteiligung der Vulva bei systemischen Erkrankungen wie M. Behçet oder M. Crohn [4]. Entsprechend wichtig ist es, nach weiteren Beschwerden wie Fieber, oralen Ulzera, Hautmanifestationen (z. B. Erythema nodosum), Gelenk- oder gastrointestinalen Beschwerden zu fragen und zu suchen [5].

Ein luetischer Primäraffekt manifestiert sich als schmerzloses Ulcus durum, sehr selten ist das Ulcus molle bei Infektion mit Haemophilus ducreyi.

Molluscum contagiosum

Hierbei handelt es sich um eine Infektion mit einem DNA-Virus der Pockengruppe, übertragen durch Hautkontakt. Es finden sich - bevorzugt im Gesicht, am Stamm und in der Genitalregion - isoliert oder in Gruppen stehende, stecknadelkopf- bis erbsengroße hautfarbene Papeln mit zentraler Delle (Abb. 3). Meist bestehen keine Symptome, eventuell wird Juckreiz beklagt. Eine Spontanheilung ist möglich, ansonsten kann eine Entfernung mit dem scharfen Löffel oder CO2-Laser erfolgen.

Condylomata acuminata

Humane Papillomaviren sind die häufigste Ursache sexuell übertragener Infektionen. Bei rund 1 % der Betroffenen verursachen hauptsächlich (> 90 %) die Typen 6 und 11 an der Vulva Feigwarzen, Condylomata acuminata (Abb. 4). Meist sind die Patientinnen asymptomatisch, selten bestehen Juckreiz oder brennende Beschwerden. Therapeutisch ist bei ausgedehnten Befunden eine Entfernung mittels Laser zu empfehlen. Mit der tetravalenten Impfung (Gardasil®) wird mit einer Reduktion der Condylomata um 90 % gerechnet [6].

Nichtentzündliche Erkrankungen

Hirsuties papillaris

Von den Condylomata acuminata müssen die Hirsuties unterschieden werden, bei denen es sich um die physiologische Oberflächenstruktur der kleinen Labien und des Hymenalsaums, dicht gesäte kleine Papillen mit kolposkopisch sichtbaren Gefäßen handelt (Abb. 5).

Fehlbildungen des äußeren Genitale

Hymenalatresie

Die häufigste Verschlussstörung mit normaler Anlage von Vagina und Uterus ist die Hymenalatresie. Bereits im Neugeborenenalter kann sie sich als vorwölbender Mukokolpos (Schleimretention in der Vagina) manifestieren. Nach der nicht bemerkten Menarche droht bei nicht rechtzeitigem Erkennen die Entstehung nicht nur eines Hämatokolpos, sondern auch einer Hämatometra und einer Hämatosalpinx, mit rezidivierenden (eventuell zyklischen) Abdominalschmerzen (Molimina menstrualia) und gehäuft auch einer Endometriose. Die Hymenalplatte muss operativ eröffnet werden [7].

Labiensynechie

Als Folge von rezidivierenden Vulvitiden kann es im Kindesalter zu einer entzündlichen Verklebung der kleinen Labien kommen. Diese äußert sich hauptsächlich in Urinträufeln nach der Miktion (urethrovaginaler Reflux). Die Therapie besteht aus der täglichen Applikation einer östrogenhaltigen Creme mit sanftem Druck und leichtem Auseinanderziehen der Labien, ergänzt durch die anschließende kontinuierliche Verwendung einer Fettsalbe. Als Nebenwirkung der hormonhaltigen Behandlung tritt selten eine reversible Schwellung der Brustdrüsen auf. Die chirurgische Eröffnung einer Labiensynechie ist obsolet.

Tumoren

Ein Hymenalpolyp ist das Rudiment eines Hymenalseptums. Seine Entfernung ist einzig aus ästhetischen Gründen notwendig.

Eine Urethralkarunkel entsteht durch Ausstülpung von Urethralschleimhaut vor den Meatus urethrae externus. Diese klinisch meist durch Blutung der verletzlichen Schleimhaut imponierende Veränderung ist harmlos und mit Laser gut zu behandeln [8].

Bei den Tumoren handelt es sich überwiegend um gutartige Geschwulste, zum Beispiel Zysten, die aus den nephrischen und paranephrischen Gängen hervorgehen und sich überwiegend im Bereich der großen und kleinen Labien finden. Sie imponieren als prall-elastische, schmerzlose Tumoren, die unverändert bestehen und deshalb nur selten operativ entfernt werden müssen.

Das Lymphangiom der Klitoris bildet sich oft spontan zurück. Hämangiome, die bevorzugt an den großen Labien auftreten, sind meist mit Syndromen, zum Beispiel mit dem Kasabach-Merritt-Syndrom, dem Maffucci-Syndrom und der generalisierten Hämangiomatose sowie dem Von-Hippel-Lindau-Syndrom assoziiert. Die Therapie besteht heute bei zunächst abwartender Haltung insbesondere aus der Laserkoagulation. Eine regelmäßige Beobachtung ist wegen der möglichen, wenn auch seltenen malignen Entartung immer geboten.

Labienhypertrophie

Gemäß Studienuntersuchungen betragen die Normwerte für die Breite der Labia minora 7 bis 50 mm [9]. Eine echte Hypertrophie der kleinen Labien ist also selten. Nicht selten jedoch äußern Jugendliche, dass sie ihre Labien zu groß finden und darunter leiden. Hierbei spielen heute gängige Schönheitsideale eine bedeutende Rolle. Die Nymphektomie ist kaum je medizinisch notwendig. Die Indikation sollte deshalb nur bei klarer Beeinträchtigung und mit Zurückhaltung gestellt werden, zumal häufig postoperative Wundheilungsstörungen auftreten.
Klitorishypertrophie Bei einer Hypertrophie der Klitoris und zusätzlichen Symptomen wie unregelmäßige Menstruationszyklen, Akne und Hirsutismus muss an eine Late-onset-Form des adrenogenitalen Syndroms (AGS) gedacht werden.

Traumata

Unfälle

Verletzungen der Vulva können bei einem Sturz auf einen harten Gegenstand (z. B. Fahrradstange) auftreten. Auch Pfählungsverletzungen sind möglich. Schon kleine Verletzungen führen zu starken Blutungen, ausgeprägten Hämatomen und Schwellungen. Hier ist eine ausführliche Untersuchung besonders wichtig, auch zur Abgrenzung gegenüber einem möglichen Fall von sexuellem Missbrauch.

Sexueller Missbrauch?

In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass 10 bis 22 % der Jugendlichen Opfer sexueller Gewalt sind [10, 11]. Es ist deshalb unerlässlich, dass Fachleute, die Adoleszente betreuen, bei Familienkonflikten, Verhaltensauffälligkeiten und psychosomatischen Beschwerden hellhörig werden sowie bei einer Untersuchung auf Zeichen körperlicher Misshandlung und Hinweise für sexuelle Übergriffe achten.

Bei noch nicht sexuell aktiven Jugendlichen muss bei Nachweis von Gonokokken, Chlamydien, Trichomonaden, Condylomata acuminata und Herpes an sexuellen Missbrauch gedacht werden. In diesem Zusammenhang ist Folgendes zu beachten: Auch ein normaler Genitalbefund schließt eine sexuelle Missbrauchssituation nicht aus [12].


Genehmigter und bearbeiteter Nachdruck aus Gynäkologie 3/2011


Literatur
1. World Health Organization (WHO): Adolescent health – Bibliografie: «Strategic directions for improving the health and development of children and adolescents» der WHO Library 2003 ( www.who.int.
2. Navratil F.: Diagnostik und Befunderhebung bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch. In: Wolf A., Esser Mittag J. (Hrsg.): Kinder- und Jugendgynäkologie. Atlas und Leitfaden für die Praxis. Stuttgart 2002; 257–269.
3. Wachter I.: Bakterielle und virale Vulvaerkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Der Gynäkologe 2001; 34: 917–24.
4. Sardy M., Wollenberg A. et al.: Genital ulcers associated with Epstein-Barr virus infection (Ulcus vulvae acutum). Acta Derm Venereol 2011; 91 (1): 55–59.
5. Mori M., Shimizu C. et al.: Behcet’s disease in childhood. Case reports and review of literature. Ryumachi 1994; 34: 34–41.
6. Muñoz N., Manalastas R Jr. et al.: Safety, immunogenicity, and efficacy of quadrivalent human papillomavirus (types 6, 11, 16, 18) recombinant vaccine in women aged 24-45 years: a randomised, double-blind trial. Lancet 2009; 373: 1949–57.
7. Kumar A., Mittal M. et al.: Haematocolpos – An uncommon cause of lower abdominal pain in adolescent girls. J Indian Med Assoc 2002; 100: 240–41.
8. Anthuber S., Strauss A. et al.: Fehlbildungen des äusseren und inneren Genitales. Gynäkol Geburtshilfliche Rundsch 2003; 43: 136–45.
9. Lloyd J., Crouch NS. et al.: Female genital appearance: «normality» unfolds. BJOG 2005; 112(5): 643–46.
10. Nagy S., Adcock A. et al.: A comparison of risky health behaviours of sexually active, sexually abused and abstaining adolescents. Pediatrics 1994; 93: 570–75.
11. Erickson PL., Raplin AJ.: Unwanted sexual experiences among middle and high school youth. J Adolesc Health 1991; 12: 319–25.
12. Navratil F.: Sexuelle Gewalt in der Adoleszenz: Befunderhebung, Sinn und Notwendigkeit der körperlichen Untersuchung. Gynäkol Geburtshilfliche Rundsch 2003; 43: 146–51.

Interessenkonflikte:
keine deklariert

Dr. med. Corinne Neukomm


Kontakt:
Dr. med. Corinne Neukomm
Universitätklinik für Frauenheilkunde
Inselspital Bern
CH-3010 Bern

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2011; 33 (17) Seite 51-54