Die Entwicklung von Hautkrebs auf dem Boden einer Tätowierung ist zwar insgesamt selten. Wie eine Pubmed-Recherche gezeigt hat, kommen derartige Fälle aber durchaus vor. Da sowohl die bösartigen Hauterkrankungen als auch die Personen mit Tattoos zunehmen, könnte dieser Zusammenhang auch für den Hausarzt künftig mehr und mehr Relevanz erlangen.
Bösartige Hauterkrankungen sind insgesamt auf dem Vormarsch. Die Prävalenz von tätowierten Individuen in Europa wird derzeit auf 10 % geschätzt – mit steigender Tendenz [1, 2]. Eine seltene, aber gefürchtete Komplikation nach Tätowierung ist die Entstehung von bösartigen Hauterkrankungen durch die verwendeten Tattoofarben. Hierbei ist eine Zunahme von betroffenen Patienten für die Zukunft zu erwarten. Anhand von 50 analysierten Publikationen mit 62 Patientenfällen konnten vor allem die roten sowie die schwarzen/blauen Tattoofarben als Verursacher für kutane Krebserkrankung nachgewiesen werden (Quelle: Pubmed). Eine Auflistung der nach Tätowierungen aufgetretenen Hautveränderungen findet sich in Abb. 3.
Tätowierungsprozess
Im Rahmen der Tätowierung wird die Injektion von exogenen Pigmenten – wie metallischen Salzen und organischen Farbstoffen – innerhalb der dermal-epidermalen Grenzschicht durchgeführt. Der injizierte Farbstoff verbleibt anschließend intrakutan für Jahrzehnte. Einige der verwendeten Pigmente sind hierbei möglicherweise karzinogen. Unglücklicherweise gibt es bis dato keine internationale oder nationale Normung der Inhaltsstoffe, welche bedenkenlos für Tattoofarben verwendet werden dürfen [3].
Tattoofarben und Hautkrebs
Im Rahmen unserer Literaturrecherche (Quelle: Pubmed/Inklusion aller geeigneten Publikationen bis 08/2016) erwiesen sich die am häufigsten verwendeten schwarzen und blauen Tattoofarbstoffe als verantwortlich für 56 % aller Hautkrebsarten. Die roten Farbstoffe verursachten 33 % der nachgewiesenen Fälle – hierbei waren rote Tinten für 50 % aller Plattenepithelkarzinome und 73 % aller Keratoakanthome verantwortlich. Keratoakanthome werden im anglo-amerikanischen Raum oft zu den Low-Grade-Plattenepithelkarzinomen gezählt, im deutschsprachigen Raum aber oft nur als Präkanzerosen angesehen [4].
Hauptsächlich löst der injizierte Tattoofarbstoff nur lokale allergische Reaktionen einhergehend mit Hautreizungen aus [5, 6]. Bisher wurden schon verschiedenste aggressive und gesundheitsschädliche Substanzen in den Tattoofarbstoffen nachgewiesen. Das in der roten Farbe enthaltene Quecksilber wurde von den meisten Herstellern inzwischen entfernt [5, 6, 7]. Auch Substanzen wie z. B. Monoazopigment, Dioxazin, Cu-Phthalocyanin, Cadmium, Kobalt(Sulfat) und Chrom, welche zur Farbgebung eingesetzt werden, sind für Menschen bereits als möglicherweise krebserregend klassifiziert worden [5, 6, 7]. Auch Chemikalien, die zum Aufhellen von Tätowierungstinten verwendet werden, wie z. B. Titandioxid oder Aluminium, könnten möglicherweise auch karzinogen wirken [5, 6, 7]. In schwarzer Tinte konnten Substanzen wie Ruß, Eisen und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (UV-reaktiv) oder Phenole (nach Pyrolyse) mit karzinogenen Effekten nachgewiesen werden [5, 6, 7].
Darüber hinaus gibt es große Unterschiede im Bezug auf das Zeitintervall zwischen erfolgter Tätowierung und endgültiger Tumorentstehung. Plattenepithelkarzinome zeigten in den meisten Fällen eine rasche Entwicklung. Binnen der letzten Jahre hat sich dieser Trend noch weiter verstärkt. Maligne Melanome entstanden dagegen meist erst nach Jahren. Auch innerhalb der Basaliom-Gruppe traten alle Fälle nach mehreren Jahren auf.
Interessanterweise sind 63 % aller Hautkrebsarten nach Tätowierungen an den Extremitäten aufgetreten. Dies ist möglicherweise auf eine allgemein vorliegende höhere Sonneneinstrahlung in diesen Körperregionen während der Lebensdauer zurückzuführen [3].
Es bleibt festzuhalten, dass Hautkrebs eine eher ungewöhnliche Reaktion ist, welche nach Tätowierungen auftreten kann. Dennoch sollte die Entstehung von bösartigen Hauterkrankungen in die Liste der möglichen Komplikationen im Zusammenhang mit Tätowierungen aufgenommen werden.
Interessenskonflikte: Der Autor hat keine deklariert
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (4) Seite 48-50