Verletzungen, die durch Tierbisse verursacht werden, können einfach nur unangenehm sein, aber auch schwerwiegende Folgen haben und schlimmstenfalls tödlich enden.

Nicht nur um die Klassiker wie Hunde- und Katzenbisse ging es im Vortrag von Dr. Andreas Montag, Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Hamburg. Während der diesjährigen Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) nahm er seine Zuhörer:innen mit auf eine spannende, wie er augenzwinkernd meinte, "virtuelle Reise mit Biss", auf der sogar die niedlichen Marienkäfer eine Rolle spielten.

Hundebisse

Hundebisse (Abb. 1) machen etwa 50 % aller Tierbisse bei Reisenden aus, so Montag. Wichtig: Sie sollten offen gehalten werden und sekundär heilen. Denn fest vernähte Wunden führen nicht selten zu massiven Phlegmonen oder Abszessen, die eröffnet, gespült und drainiert werden müssen. Auch systemische Antibiotika kommen dann zum Einsatz (z. B. Amoxicillin/Clavulansäure p. o., Cefuroxim i. v. oder Moxifloxacin p. o., bei schweren Infektionen Piperacillin i. v.). Auch an Tollwut ist bei einem Biss durch ein infiziertes Tier zu denken. Für die Postexpositionsprophylaxe ist das Essen-Schema am gebräuchlichsten, bestehend aus fünf Injektionen an den Tagen 0, 3, 7, 14 und 28.

Katzenbisse

Katzenbisse machen weltweit 2 – 50 % aller Verletzungen durch Tierbisse aus. Die Behandlung ist die gleiche wie die nach Hundebissen einschließlich der Tollwutexpositionsprophylaxe und der Antibiotikatherapie.

Affenbisse

Affenbisse machen weltweit bis zu 20 % aller Tierbisse aus. In Indien stehen sie sogar an zweiter Stelle gleich nach Hundebissen. Die Keimbesiedelung von Affenbissen entspricht in etwa derjenigen von Menschenbissen. Wundheilungsstörungen gehören daher zu den häufigsten Komplikationen. Besonders bedeutsam ist das toxinbildende gramnegative Kokkenbakterium Pasteurella multocida, das eine Gewebszerstörung bewirkt. Im Rahmen einer reisemedizinischen Beratung macht es daher Sinn, über dieses Risiko aufzuklären. Wild lebenden Affen sollten Urlauber nicht zu nahe kommen und möglichst nicht zu aggressiv reagieren, wenn ein Affe engen Kontakt sucht, etwa auf der Suche nach Futter.

Marienkäferbisse

Marienkäfer ernähren sich üblicherweise von Blattläusen. Zum Herbst hin schwärmen sie aus, um sich ein warmes Plätzchen zu suchen, und werden dann oft im Inneren von Häusern fündig. In Ermangelung von Blattläusen nehmen die hungrigen Käfer dann auch gerne mit "menschlicher Nahrung" vorlieb. Vorsicht geboten ist dabei vor allem vor dem asiatischen Marienkäfer (Abb. 2), der seit den frühen 2000er-Jahren bei uns invasiv geworden ist und der am weißen Kopf und der größeren Anzahl schwarzer Punkte erkennbar ist. Er ist unserem heimatlichen Siebenpunkt-Käfer an Beißkraft überlegen. Wenn ganze Heerscharen von diesen Invasoren aus Fernost in menschliche Behausungen einfallen, können sie deutliche Spuren hinterlassen.

Ameisenbisse

Brennende und sehr schmerzhafte kleine Papeln sind die typischen Reaktionen auf Ameisenbisse. Besonders aggressiv sind die sogenannten Feuerameisen (Solenopsis). Vor einer Giftattacke krallt sich diese Ameise besonders hartnäckig an die Haut des Opfers. Zum einen schlägt sie ihre starken Beißwerkzeuge tief in die Haut, um sich selbst zu arretieren, zum anderen pumpt sie mit dem am unteren Abdomen angesiedelten Stachel so lange Gift ins Gewebe, bis ihre Giftdrüse vollständig entleert ist, mit unangenehmen Folgen.

Ameisen sind Verwandte der Wespen, das gilt auch für die Feuerameise. Ihr Gift besteht aus Histamin, Kininen und Enzymen (Hyaluronidase, Phospholipase A2). Feuerameisengift enthält außerdem ein Piperidinalkaloid namens Solenopsin, das hauptverantwortlich ist für die schmerzhaften und entzündlichen Hautveränderungen.

Muränenbisse

Begegnungen mit Muränen kommen bei Urlaubern, die dem Tauchsport frönen, auch immer wieder einmal vor. Der Schleim der Körperoberfläche und der Speichel von Muränen enthalten sogenannte Ichthyotoxine. Darunter befinden sich Hämagglutinine, aber auch Toxine, die für eine verlängerte Blutungszeit sorgen und die für die besondere Schmerzhaftigkeit von Muränenbissen verantwortlich gemacht werden. Außerdem werden in Drüsen, die an der oberen Gaumenkuppel des Muränenmauls aufgereiht sind, Hämoichthyotoxine gebildet. Beim Biss werden diese durch das Pressen der Beute ans Muränenmaul im Gaumen freigesetzt und mit ihren messerscharfen, widerhakenbewehrten Zähnen tief in die Beute eingebracht. Das Toxingemisch enthält proteolytische Hyaluronidasen, Bradykininaktivatoren, Hämotoxine, curareähnliche Neurotoxine und hypotensive kurzkettige Peptide. Außerdem fressen Muränen Aas. Das Muränenmaul ist daher voller Bakterien, die tief reichende Infektionen und Wundheilungsstörungen verursachen.

Schlangenbisse

Etwa 2,5 Millionen Schlangenbisse ereignen sich pro Jahr weltweit, von denen etwa 125.000 tödlich enden. Auch hierzulande muss man damit rechnen, mit einem Schlangenbiss konfrontiert zu werden. Denn in jeder Großstadt der Welt gibt es 30 – 50 Schlangenhalter, die Anzahl steigt jährlich. Statistisch gesehen könnte jede Hausärzt:in in ihrer Praxis zumindest einmal in ihrem Berufsleben mit einer ernsthaften Schlangenbissverletzung konfrontiert werden.

In heimischen Gefilden der Schlangen ereignen sich Bisse meist am frühen Morgen, wenn die Schlange noch zu steif ist, um zu fliehen, aber schon aufgewärmt genug, um zu beißen, z. B. wenn Menschen sich auf sie setzen, sie treten oder versuchen, sie zu fangen.

BUCHTIPP
Gifttiere und Haut von Dr. Andreas Montag, voraussichtliches Erscheinen: Oktober 2022, Springer-Verlag Berlin–Heidelberg. In diesem Buch können Sie die beschriebenen Fälle und viele weitere nachlesen.

Der im Folgenden beschriebene Fall ereignete sich allerdings in Hamburg, betroffen war ein Schlangenzüchter. Gebissen wurde er von einer Tamaulipas-Felsenklapperschlange aus Mexiko (Abb. 3), deren Giftigkeit als mittelhoch eingestuft wird. Das bedeutet: eventueller Verlust von Fingern, Zehen oder Extremitäten, aber für gewöhnlich kein Verlust des Lebens. Die Giftzähne einer Klapperschlange sind wie die aller Vipern und Ottern besonders lang. Zytotoxine im Viperngift führen zu massiven Ödemen, später zu einer massiven Nekrose der betroffenen Gewebe. Hämorrhagine bewirken eine disseminierte intravasale Gerinnung mit massiven inneren Blutungen. Außerdem enthält Klapperschlangengift blutdrucksenkende Kinine, die zu einem Kreislaufzusammenbruch führen können.

Bei dem erwähnten Schlangenzüchter endete der Biss glimpflich, wenn auch mit einer leicht verschmälerten und tauben Fingerkuppe. Fast zwei Wochen Ruhigstellung in Gipsschiene und Hochlagerung ohne sonstige Therapie waren in diesem Fall ausreichend. Die Schmerzen waren nach wenigen Tagen verschwunden.

Eine von einer exotischen Schlange gebissene Patient:in ist bis zum Beweis des Gegenteils immer ein lebensbedrohlicher Notfall. Die Bisswunde sollte niemals eingeschnitten oder ausgesaugt, komprimiert oder abgebunden werden. Mithilfe der örtlichen Giftnotrufzentrale und einer ggf. hinzugezogenen Notärzt:in sollte eine Patient:in nach einem Schlangenbiss umgehend in eine qualifizierte tropenmedizinische Einrichtung überführt werden. Von zentraler Bedeutung ist hierbei die sichere Identifizierung der Schlange. In allen Fällen, in denen ein Antiserum benötigt wird, ist CroFab® das derzeit am besten verträgliche und effektivste Antiserum bei Klapperschlangenbissen.

ESSENTIALS – Wichtig für die Sprechstunde
  • Hundebisse sollten offen gehalten werden und sekundär heilen, da ansonsten Phlegmone/Abszesse drohen.
  • Sehr schmerzhafte kleine Papeln sind die typische Reaktion auf Ameisenbisse.
  • Ein Schlangenbiss ist zunächst immer ein Notfall.



Autorin
Dr. med. Vera Seifert



Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (7) Seite 50-52