László Bíró hat etwas erfunden, das auch heute noch nahezu jeder Arzt bei seiner täglichen Arbeit braucht, auch wenn dieses Werkzeug zunehmend verdrängt wird.

Mediziner mit einem B am Anfang ihres Familiennamens wie Bartholin, Basedow oder Billroth waren zweifellos prägende Vertreter unseres Fachgebiets. Wie kann sich da ein gewisser László Bíró einfügen und welchen Bezug hat er zu unserer Arbeit?

Es ist ganz einfach. László Bíró wurde 1899 in Budapest geboren und sollte wie sein Vater Dentist werden. Doch er brach sein Zahnmedizinstudium ab, um als Journalist zu arbeiten. Dabei störte ihn, dass er auf einen Füllfederhalter angewiesen war, der kleckste und ständig befüllt werden musste. Die Erleuchtung kam ihm angeblich, als er Kinder beim Schusserspiel beobachtete und sah, wie die Murmeln nach Überquerung einer Pfütze Laufspuren hinter sich herzogen. Dieses physikalische Prinzip von Druck und Bewegung regte ihn zur Entwicklung des Kugelschreibers an.

Nach vielen Experimenten mit Kugeln und Flüssigkeiten bekam er 1938, also vor 80 Jahren, das erste Patent für sein Urmodell. In der Rangliste der Schreibgeräte rangiert der Kugelschreiber zwischen dem Füllfederhalter und dem Bleistift. Steht der Bleistift für kreativ-änderbares und der Füller für wohlbedachtes, kultiviertes Schreiben, ist der Kugelschreiber, der "Kuli", das Werkzeug des emsigen Arbeiters. Aus der Hand des Vertragsarztes ist er aufgrund der täglich zurückzulegenden Schreibkilometer selbst in der digitalen Ära überhaupt nicht mehr wegzudenken. Vielleicht gäbe es auch die legendäre Doktorhandschrift ohne die besonderen Schreibqualitäten des Kugelschreibers nicht. Und dabei ist der Kugelschreiber noch nicht einmal so ungefährlich.

Weil er immer wieder zerlegt, an ihm gefummelt oder genuckelt wird und er hin und wieder in den verschiedensten Körperöffnungen landet, sterben angeblich allein in Deutschland jedes Jahr mindestens 300 Menschen durch Kugelschreiberverletzungen, wesentlich mehr als durch Schusswaffen. Aber noch einen weiteren Bezug hat der 1985 verstorbene Erfinder zur Medizin, nachdem er sein Kugelschreiberpatent verkauft hatte und sich weiteren Forschungen zuwandte. So soll er neben einem Blutdruckmesser für das Handgelenk einen der ersten Deo-Roller kreiert haben. Wohl in der weisen Voraussicht, dass dieser Duftspender so manchen Hausarzt vor dem olfaktorischen Knockout bei der Untersuchung eines stark transpirierenden Patienten retten kann.

Darüber hinaus haben der Kugelschreiber und der Deo-Roller zwei gemeinsame Eigenschaften: das flüssige und geschmeidige Dahingleiten. Diese beiden Qualitäten braucht auch der Hausarzt in seinem täglichen Umgang mit Patienten, Angehörigen, Mitarbeiterinnen, Krankenkassen, Versicherungen und Behörden. Bleiben Sie also geschmeidig und schreiben Sie mir den Kuli auch im Wandel von der analogen in die digitale Welt nicht ab!


Dies meint Ihr Fritz Meyer, Allgemeinarzt


Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (19) Seite 89