Frage: Ich habe Post von dem Anwalt eines Patienten bekommen, der Vorwürfe wegen eines Behandlungsfehlers äußert. Er verlangt die Herausgabe von Behandlungsunterlagen, die Anerkennung meiner "Einstandspflicht dem Grunde nach" und die Mitteilung der Kontaktdaten meiner Haftpflichtversicherung. Wie sollte ich mich in dieser Situation verhalten? Was muss ich tun?

Antwort von Rechtsanwalt Stäwen

Für Mediziner:innen sind haftungsrechtliche Auseinandersetzungen kein "Alltagsgeschäft" und sie sind von den Vorwürfen der Patient:innen verständlicherweise unmittelbar betroffen. Die wichtigste Regel im Umgang mit einer solchen Situation lautet: Alleingänge sind zu vermeiden! Keinesfalls sollten Sie mit einem Rechtfertigungsschreiben antworten, sondern die Angelegenheit unverzüglich in professionelle Hände geben. Die wichtigsten Verhaltensregeln ergeben sich dabei bereits aus dem Versicherungsvertrag mit Ihrer Berufshaftpflichtversicherung. Dazu zählt insbesondere, den Fall unverzüglich schriftlich zu melden, um Ihren Versicherungsschutz zu wahren. Dies gilt auch dann, wenn noch keine Schadensersatzansprüche konkret beziffert worden sind. Ihrer Versicherung muss die Gelegenheit gegeben werden, den Sachverhalt aufzuarbeiten und ein effektives Schadensmanagement durchzuführen. Gegenüber Ihrer Haftpflichtversicherung sind Sie zur Mitarbeit verpflichtet und bekommen in der Regel einen Fragenkatalog zugesandt, den Sie zu beantworten haben. Üblicherweise wird Ihnen die Haftpflichtversicherung auf eigene Kosten eine Anwaltskanzlei zur Seite stellen, die für Sie gerichtlich und ggf. bereits außergerichtlich auftritt. Bei der Auswahl der Anwält:in können Sie Wünsche äußern – die Entscheidung obliegt jedoch der Versicherung. Der Erfahrung nach akzeptieren die Versicherer in der Regel nur medizinrechtliche Fachkanzleien.

Keinesfalls dürfen Sie eigenmächtig die von den Patient:innen behaupteten Ansprüche anerkennen, Zahlungen leisten oder einen Vergleich schließen – die Regulierungshoheit liegt bei Ihrer Haftpflichtversicherung.

Den Anspruchstellenden gegenüber sind Sie nicht verpflichtet, die Daten Ihrer Haftpflichtversicherung mitzuteilen, ein solcher Anspruch der Patient:in besteht nicht. Allerdings hat sie einen Anspruch auf Einsicht in ihre Behandlungsunterlagen. Seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung sind Kopien kostenfrei zur Verfügung zu stellen, Originale sollten jedoch nicht herausgegeben werden.

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Autor

© Björn Stäwen
Björn Stäwen, LL. M.

Fachanwalt für Medizinrecht, kwm rechtsanwälte – Kanzlei für Wirtschaft und Medizin PartG mbB
Lehrbeauftragter der Universität Münster im Masterstudiengang Medizinrecht für den Bereich Vertragsarztrecht

Erschienen in: doctors|today, 2021; 1 (3) Seite 49