Erkrankungen im Hals-, Nasen- und Ohrenbereich äußern sich in erster Linie durch Schmerzen. Dabei gibt es sinugene, otogene und pharyngeale Schmerzen, die jeweils entzündlich, postoperativ oder neoplastisch verursacht sein können. Anhand von Krankheitsbildern, die in der Hausarztpraxis häufiger vorkommen, werden die Therapiemöglichkeiten mit besonderem Schwerpunkt auf Analgesie und Antibiotikagabe erläutert.
Halsschmerzen
Bei pharyngealen und zervikalen Schmerzen ist bei allen drei Schmerzentitäten oft die Tonsilla palatina (Gaumenmandel) beteiligt (Tabelle 1). Als häufigste Schmerzursache gelten virale Infektionen mit Parainfluenza-, Coxsackie-, Rhino- und Adenoviren. Davon zu unterscheiden sind die bakteriell bedingte akute und die chronisch rezidivierende Tonsillitis sowie deren häufigste Komplikation: der Peritonsillarabszess. Die bakterielle Tonsillitis ist durch ein ausgeprägtes Schmerz- und Krankheitsempfinden charakterisiert und wird fast immer von Fieber begleitet. Grippale Infekte verlaufen meist subfebril.
Zeichen eines Peritonsillarabszesses sind einseitige Schluckschmerzen, die im Verlauf zunehmen, und eine unterschiedlich stark ausgeprägte Kieferklemme, die mit einer eingeschränkten Nahrungsaufnahme verbunden ist. Häufig klagt der Patient über ausgeprägten Druckschmerz im Kieferwinkel der betroffenen Seite. Typisch ist ein Uvulaödem und eine Vorwölbung des Gaumensegels (Abb. 1), die durch eine Eiteransammlung im Spatium paratonsillare hervorgerufen wird. Abb. 2 zeigt den klassischen MRT-Befund bei linksseitigem Peritonsillarabszess.
Nach der neuen Leitlinie zur "Therapie entzündlicher Erkrankungen der Gaumenmandeln – Tonsillitis" der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) werden die Behandlungsindikationen der Tonsillitis detailliert diskutiert [1]. Eine unkalkulierte, antibiotische Behandlung von Halsschmerzen ist zu vermeiden, um keine Resistenzen zu erzeugen. Bei der bakteriellen Tonsillitis durch ß-hämolysierende Streptokokken ist jedoch weiterhin eine Antibiotikatherapie erforderlich. Kombiniert wird die Behandlung immer mit einer analgetischen und antiphlogistischen Therapie. Schmerzmittel der Stufe 1 nach dem WHO-Stufenschema für die Schmerztherapie sind bei regelmäßiger Einnahme in der Regel ausreichend.
Bei Hinweisen auf einen Abszess muss die antibiotische Therapie auch anaerobe Erreger abdecken und die Eiteransammlung sofort in einer Fachabteilung inzidiert und drainiert werden. Sowohl die Abszesstonsillektomie (Tonsillektomie à chaud) als auch eine Eröffnung der Abszesshöhle unter örtlicher Betäubung sind möglich. Bei guter Zugänglichkeit und Compliance wird die Diagnose zunächst mit einer Punktion und Aspiration von Eiter bestätigt. Daran schließt sich die Inzision und Drainage des Abszesses an seinem Punctum maximum an – auf einer gedachten Linie zwischen Uvulabasis und letztem Zahn des Oberkiefers der betroffenen Seite. Die Entleerung der Abszesshöhle reduziert die Schmerzen unmittelbar und senkt die Bakterienlast. Unbehandelte Peritonsillarabszesse führen zu Eiterungen in der Umgebung des Unterkiefers, zu Halsabszessen sowie zur Mediastinitis. Auch septische Komplikationen mit erheblicher Morbidität und Mortalität sind die Folge.
Bei einer "Tonsillektomie à chaud" zeigt sich, trotz der größeren chirurgisch entstandenen Wundfläche, eine ähnliche Schmerzintensität wie nach der isolierten Inzision und Abszessdrainage unter örtlicher Betäubung. Typischerweise empfindet der Patient die postoperativen Schmerzen sogar als weniger belastend als bei einer elektiven Tonsillektomie. Die Ursache könnte in einer Reduktion des Gewebedrucks durch Eröffnung der Abszesshöhle liegen.
Die elektive Tonsillektomie wird nach häufigen Abszessen und bei der chronisch rezidivierenden Tonsillitis eingeleitet. Trotz der restriktiveren, leitliniengerechten Indikationsstellung ist sie einer der häufigsten chirurgischen Eingriffe in der HNO-Heilkunde und erfordert ein detailliertes, intensives Schmerzmanagement. So zählt die Tonsillektomie zu den 25 schmerzhaftesten Operationen [2]. Häufig haben Patienten nach elektiver Tonsillektomie einen sehr hohen Analgesiebedarf. Abb. 3 zeigt einen reizlosen Befund nach dem Eingriff am dritten postoperativen Tag.
Nach ausgedehnteren Resektionen bei tumorchirurgischen Operationen geben Patienten hingegen oft deutlich geringere Schmerzen an. Dabei entstehen neben den Wunden durch die Resektion von tumorbefallenem Gewebe auch Gewebetraumata durch die Zugangswege mit zum Teil erheblicher Invasivität. Hinzu kommen Wundflächen durch verwendete Haut oder Hautmuskellappen zur Rekonstruktion von Defekten. Trotzdem reichen zur postoperativen Analgesie nichtsteroidale Antiphlogistika oft allein aus, gegebenenfalls in Kombination mit einem niedrig potenten Opioid.
Maligne Erkrankungen im Pharynx werden meist durch unspezifische Schluckbeschwerden symptomatisch und weniger durch eine Odynophagie. Schmerzen können bei Druckentwicklung auf das umliegende Gewebe, z. B. durch zervikale Metastasierung, oder durch Superinfektion auftreten. Bei Rezidiven oder posttherapeutischen Schmerzen mit teils neuropathischem Schmerzcharakter ist dagegen oft eine Analgesie mit hochpotenten Opioiden und Co-Analgetika erforderlich.
Kopfschmerzen
Kopfschmerzen bei Hals-Nasen-Ohren-Patienten sind häufiges Zeichen einer sinugenen Erkrankung. Das Fallbeispiel (vgl. Kasten) zeigt einen typischen stadienhaften Verlauf einer orbitalen Komplikation der akuten Rhinosinusitis. Das letzte Stadium ist bei orbitaler Komplikation die sehr seltene Orbitaphlegmone. Es handelt sich dabei um ein hochschmerzhaftes, lebensbedrohliches Erkrankungsbild, das mit Erblindung und einem hohen Risiko auch für endokranielle Komplikationen, wie Meningitis oder Sinus-cavernosus-Thrombose, einhergeht. Hier muss sofort gehandelt werden. Der Nachweis eines intraorbitalen, subperiostalen Abszesses erfordert immer ein chirurgisches Vorgehen mit Drainage der ursächlichen Nasennebenhöhlen. Für die Fokussuche bei einem Lidödem ist deshalb fast immer eine CT der NNH erforderlich. Eine mögliche Schädigung des Sehnervs und die Vermeidung septischer Komplikationen sind Indikationen zur Notfall-Operation.
Im Fallbeispiel basiert der sinugene Kopfschmerz überwiegend auf entzündlichem Geschehen. Sowohl Allergien als auch akute und chronische Sinusitiden haben eine ähnliche Symptomatik. Jegliche Belüftungsstörungen der Nasennebenhöhlen führen zu Kopf- und Gesichtsschmerzen ganz unterschiedlicher Intensität und Lokalisation. Häufig geben Lokalisation und Projektion Hinweise auf die betroffenen Nebenhöhlen. Nasenatmungsbehinderung, Sekretfluss, Deformitäten des Gesichts und der Nase oder eine Riechminderung sind zusätzliche Symptome, die differenzialdiagnostisch auf einen sinugenen Fokus hinweisen.
Während Schmerzen aus dem Sinus frontalis oder maxillaris meist gut lokalisiert und auf Druck und Klopfen auslösbar sind, sorgt eine Sinusitis sphenoidalis häufig für unspezifische, dumpfe, den ganzen Kopf betreffende Schmerzen, die aber auch auf Scheitel oder Occiput projiziert sein können. Entscheidend bei der Sinusitis-Therapie ist die Wiederherstellung der Belüftung der Nasennebenhöhlen. Das meist effektivste Mittel sind lokal abschwellende Maßnahmen, die z. B. bei der akuten Sinusitis einen verbesserten Sekretabfluss hervorrufen. Abschwellende Nasentropfen in Kombination mit Kopflagerung zu den betroffenen Nebenhöhlen sind meist effektiver als Sprays. Denn Nasensprays belüften vorwiegend die Nasenhaupthöhle und verbessern deshalb nur die Nasenatmung. Anhand der Studien zur antibiotischen Therapie der Sinusitis empfiehlt die aktuelle Leitlinie "Rhinosinusitis", die derzeit jedoch überarbeitet wird, eine antibiotische Behandlung bei starken Beschwerden, Fieber > 38,3 Grad Celsius, verstärkten Beschwerden im Erkrankungsverlauf, drohender Komplikation, bei Patienten mit chronisch entzündlicher Lungenerkrankung oder anderen Risikofaktoren wie Immundefizienz [3]. Mittel der Wahl sind Aminopenicilline in Kombination mit einem ß-Lactamase-Inhibitor. Die Behandlungsindikation im akuten Fall wird im Wesentlichen durch den endonasalen Befund und durch das Auftreten von Komplikationen bestimmt. Abb. 7 zeigt einen endoskopischen Untersuchungsbefund bei akuter Sinusitis maxillaris links mit Eiterstraße im mittleren Nasengang links.
Selten kann auch eine – durch konservative Maßnahmen nicht ausreichend behandelbare – Schmerzsymptomatik bei akuter oder exazerbierter chronischer Sinusitis auch ohne weitere Komplikationszeichen einen chirurgischen Eingriff erforderlich machen. Präoperativ ist hier ein Schichtbild der NNH notwendig, Bildgebung der Wahl ist die CT.
Postoperative Schmerzen hängen ganz besonders vom Ausmaß des Eingriffs und der Grunderkrankung ab. Bei einer NNH-Operation mit Nasenscheidewandkorrektur (Septumplastik) sind die Schmerzen häufig stärker, bei einer Operation im akuten Entzündungszustand in der Regel reduziert. Raumfordernde neoplastische Prozesse der Nase und der Nasennebenhöhlen fallen durch einseitige Obstruktion und pathologische, zum Teil blutige Rhinorrhoe und weniger durch eine Schmerzsymptomatik auf (vgl. Tabelle 2).
Ohrenschmerzen
Ohrenschmerzen haben fast immer entzündliche Ursachen. Als häufigste gelten die Gehörgangsentzündung – "Otitis externa" – und der Tubenkatarrh. Häufige Erkrankungen der Ohrmuschel sind der Herpes zoster, das Erysipel, die Perichondritis sowie das schmerzhafte Ohrknötchen. Im Gehörgang können zudem Furunkel, eine Otitis externa diffusa oder ein Gehörgangscholesteatom auftreten. Nicht zuletzt für die Differenzialdiagnose empfiehlt sich hier der Facharzt. Häufigstes schmerzhaftes Erkrankungsbild des Mittelohrs ist der Tubenkatarrh, der von der auch oftmals auftretenden akuten Mittelohrentzündung und der Grippeotitis zu unterscheiden ist. Erst die ohrmikroskopische Untersuchung mit bis zu zwölffacher Vergrößerung offenbart den für die akute Otitis media typischen, eitrigen Paukenerguss oder die charakteristischen blasenbildenden Epitheliolysen der Grippeotitis. Während man bei Tubenkatarrh und Grippeotitis hinsichtlich der Antibiotikatherapie zurückhaltend sein sollte, ist sie bei der akuten Mittelohreiterung obligat. Kombiniert wird die Therapie immer mit Antiphlogistika und abschwellenden Nasentropfen, wobei auch hier Tropfen und die Kopflagerung in Rücken- und Seitlage zur betroffenen Seite gegenüber Spray bevorzugt werden sollten.
Komplizierte und verlängerte Verläufe erfordern – neben der konservativen – eine chirurgische Therapie. Das Spektrum reicht hier von Operationen am Mittelohr über die Paukendrainage bis zur Antrotomie oder Mastoidektomie (vgl. Leitlinie für die Behandlung der Otalgie [4]).
Die seltene, nekrotisierende Entzündung des äußeren Gehörgangs, die meist bei älteren Patienten mit Abwehrschwäche (z. B. Diabetes mellitus) auftritt, erfordert eine langwierige stationäre Behandlung mit hochdosierter, breiter antibiotischer sowie analgetischer Therapie – häufig kombiniert mit chirurgischen Interventionen. Maligne Neoplasien des Gehörgangs und des Mittelohrs sind äußerst selten und deshalb besonders tückisch. Sie müssen vor allem bei rezidivierenden und protrahierten Verläufen wegen der schlechten Prognose bedacht werden.Postoperative Schmerzen, z. B. nach komplikationsloser Mittelohroperation (Tympanoplastik), beanspruchen in der Regel nur in den ersten 24 Stunden nach der Operation eine gezielte, analgetische Therapie.
Interessenkonflikte: Die Autorin hat keine deklariert.
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (11) Seite 14-18