Mit diesem Übersichtsartikel sollen häufige Blutbildveränderungen im Kindes- und Jugendalter und deren Differenzialdiagnosen dargestellt werden. Selbstverständlich muss jeder Patient nach wie vor individuell beurteilt werden, um seltene bzw. potenziell lebensbedrohliche Ursachen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Die pädiatrische Hämatologie umfasst ein breites Gebiet. Im Folgenden sollen mögliche Blutbildveränderungen der Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten dargestellt werden. Welche Blutbildveränderungen im Kindesalter noch normal sind, hängt jeweils vom Alter ab, da die Normwerte altersabhängig teilweise deutlich variieren (vgl. Tabelle 1 und 2). Bei klinischem Verdacht auf eine hämatologische Erkrankung ist primär immer eine problemorientierte und ausführliche Anamnese mit körperlicher Untersuchung zur weiteren Diagnostik notwendig.
Erythrozytose/Polyglobulie
Mögliche Ursachen einer erhöhten Anzahl von Erythrozyten sind eine weitgehend physiologische Polyglobulie beim Neugeborenen, chronische Lungenerkrankungen, angeborene Herzerkrankungen und/oder Exsikkose [16]. Die Polycythaemia vera geht ebenfalls meist mit einer Erythrozytose einher und gehört zu den myeloproliferativen Erkrankungen, welche im Kindesalter jedoch eine Rarität darstellen [11]. Auf die Erhöhung der roten Blutkörperchen wird im weiteren Verlauf nicht näher eingegangen.
Anämien im Kindesalter
Anämien sind im Kindesalter häufig, daher liegt der Fokus dieses Abschnitts in der Verminderung der Hämoglobinkonzentration unter die alters- und geschlechtsspezifische Norm.
Bei einer Anämie kann eine Bildungsstörung (z. B. Eisenmangel oder Knochenmarkversagen) von einem gesteigerten Abbau (hämolytische Anämien oder Mikroangiopathien) der roten Blutkörperchen unterschieden werden. Es gibt auch kombinierte Formen der Anämie (z. B. Hämoglobinopathien), welche zu einer Anämie führen. Ebenso kann man zwischen primär genetischen bzw. sekundär erworbenen Anämien unterscheiden.
Als primäre Diagnostik [20, 22, 23, 26] empfiehlt es sich in der Praxis, je nach verfügbarem Labor folgende laborchemische Parameter zu bestimmen respektive zu berechnen: Hämoglobin (Hb), mittlerer korpuskulärer Hämoglobingehalt (MCH), mittleres korpuskuläres Volumen (MCV), mittlere korpuskuläre Hämoglobin-Konzentration (MCHC), Erythrozytenzahl, Retikulozytenzahl, Leukozyten (Lc) mit Differenzierung, Thrombozyten (Tc), Mentzer-Index sowie das Serum-Ferritin (vgl. auch Abb. 1).
Mikrozytäre hypochrome Anämie
Der häufigste Grund einer mikrozytär-hypochromen Anämie ist der Eisenmangel. Je nach Alter des Kindes unterscheidet man verschiedene Ursachen. So hilft bei einem Kleinkind oft die Geburts-, Familien- und Ernährungsanamnese weiter. Bei einem älteren Kind muss auch an chronische Erkrankungen oder Infektionen gedacht werden [26]. Der Eisenmangel bei einem älteren Kind bedarf immer weiterer Diagnostik.
Der Mentzer-Index (MCV geteilt durch Erythrozytenzahl) hilft bei der Unterscheidung der Ätiologie eines hypochrom-mikrozytären Blutbildes: Eisenmangel (Mentzer-Index > 13) vs. Thalassämie (Mentzer-Index < 13) [15]. Beim Säugling reichen oft eine ausführliche Anamnese, der klinische Status und ein Blutbild mit Indices sowie eine Serum-Ferritin-Bestimmung zur Abklärung einer Eisenmangelanämie. Bei älteren Kindern sollte zusätzlich nach okkultem Blut im Stuhl, einer Zöliakie (IgA total, Gewebstransglutaminase) und je nach klinischen Hinweisen nach einer H.-pylori-Infektion gefahndet werden. Bei V. a. Thalassämie empfiehlt sich eine Hämoglobin-Elektrophorese.
Da der Eisenmangel nebst einer infektiösen Ursache der häufigste Grund einer Anämie im Kindesalter ist, führen wir hier noch zwei Therapieempfehlungen mit entsprechenden Dosierungen an: Fe II+ kann in einer Dosierung von 3 – 5 mg/kgKG/d mit Orangensaft eingenommen werden, oder Fe III+ in einer Dosierung von 5 – 10 mg/kgKG/d. Das Therapieansprechen sollte anhand des Retikulozytenanstiegs mit Kontrolle des Hämoglobinwerts vorzugsweise sieben bis zehn Tage nach Beginn der Behandlung überprüft werden [12]. Eine Verlaufskontrolle des Serumferritins wird nach drei Monaten empfohlen [1].
Die Retikulozytenzahl dient der Unterscheidung zwischen hypo- und hyperregeneratorischer Anämie. Die Regenerationsfähigkeit des Knochenmarks lässt sich gut anhand der Retikulozytenzahl abschätzen.
- Systemanamnese (Blässe, Müdigkeit, Apathie, Adynamie, Herzklopfen, Ohrensausen, Schwindel, Anstrengungsdyspnoe, Trinkschwäche, Schlafverhalten, Fieber unklarer Ätiologie, Anhaltspunkte für Immundefekte, Blutungszeichen, Lokalisation und Ausmaß von Hämatomen, Leistungsintoleranz, nächtliches Schwitzen, Gewichtsverlust, gastrointestinale Symptome, Gelenkbeschwerden, Hautveränderungen, Schmerzen, Impfstatus)
- Ernährungsanamnese
- Persönliche Anamnese (Zwillingsschwangerschaft, Geburtsart, Frühgeburtlichkeit mit Gestationsalter, Kephalhämatom, Caput succedaneum, Operationen), Medikamenteneinnahme, Entwicklungs(rück)schritte
- Familienanamnese:
- Ethnische Herkunft der Familie
- Familiäre hämatologische Erkrankungen, Blutungsneigung in der Familie, Eisenmangel in der Familie (Beurteilung Eisenmitgift)
- Krebserkrankungen in der Familie
- Thromboseneigung
- Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
- Konsanguinität
- Probleme nach Medikamenteneinnahme oder Konsum von Favabohnen
Makrozytäre hyperchrome Anämie
Weitere Diagnostik hinsichtlich folgender Differenzialdiagnosen ist erforderlich: Vit.-B12- bzw. Folsäuremangel. Nebst einer ausführlichen Ernährungsanamnese kann auch der (psychomotorische) Entwicklungsstand und Verlauf des Gedeihens mittels Perzentilenkurven Hinweise auf eine Mangelernährung geben. Sehr seltene Differenzialdiagnosen einer makrozytären Anämie im Kindesalter sind angeborene Knochenmarkhypoplasien wie das Diamond-Blackfan-Syndrom oder die Fanconie-Anämie, welche u. a. mit Skelettanomalien einhergehen können. Das Myelodysplastische Syndrom (MDS) oder die schwere aplastische Anämie (SAA) sind im Kindesalter ebenfalls eine Rarität, kommen jedoch bei Erwachsenen häufiger vor.
- Hepatosplenomegalie
- Lymphknotenvergrößerung
- Haut-/Schleimhautveränderungen i. S. von auffälliger Blässe oder Blutungszeichen
- Knöcherne Anomalien
- Dysmorphiezeichen
- Nagelveränderungen
- Beurteilung der Entwicklung und des Gedeihens mittels Perzentilenverlauf inkl. familiärem Zielbereich
Normozytäre normochrome Anämie
Eine normozytäre normochrome Anämie ist typisch für hämolytische Anämien (z. B. Membrandefekte, Enzymdefekte), akuten Blutverlust und die sogenannte transitorische Erythroblastopenie des (Klein-)Kindesalters. Letztere tritt meist nach Infekten auf, typischerweise befinden sich die Kinder in gutem Allgemeinzustand ohne sonstige pathologische Befunde im Blutbild oder klinischen Status.
Oft helfen auch morphologische Kriterien im peripheren Blutausstrich weiter. So können Fragmentozyten und Sphärozyten beispielsweise auf ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) bzw. eine Sphärozytose hinweisen. Eine aplastische Krise bei Kindern mit Sphärozytose tritt einmalig nach Parvovirus-B19-Infektion auf und verursacht eine Retikulozytopenie mit isolierter Verminderung der roten Zellreihe. Meist ist aufgrund des raschen und massiven Sinkens des Hämoglobins eine Transfusion notwendig. Leichtere Hämolysezeichen treten regelmäßig bei Infektionen auf, klinisch ist dies als Ikterus ersichtlich. Aufgrund der Hämolyse haben Kinder mit Sphärozytose langfristig ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Gallensteinen [8, 9]. Mikroskopisch können zudem monomorphe unreife Zellen als Hinweis einer malignen Erkrankung auffallen.
Bei Verdacht auf eine hämolytische Anämie empfiehlt es sich, Bilirubin (direkt/indirekt), LDH, Haptoglobin, Coombs-Test und ggf. Teststreifen für Hämoglobinurie abzunehmen.
Leukozytose und Leukozytopenie
Eine Erhöhung oder Verminderung der Lymphozyten ist im Kindesalter meist Ursache eines infektiösen Geschehens und initial mit einer verminderten Anzahl und erst im Verlauf reaktiv mit erhöhten Werten im Blut erkennbar. Spätestens nach zwei Monaten zeigen sich rundum normalisierte Werte. Bei Lymphknotenvergrößerung mit Splenomegalie, hyperplastischen und entzündeten Tonsillen und Fieber sollte immer als Differenzialdiagnose an einen EBV-Infekt gedacht und eine entsprechende Serologie durchgeführt werden. Ebenso kann eine Lymphozytose klassischerweise bei akuter Pertussisinfektion vorkommen [2, 22, 26].
Bei Knochen- oder Gelenkschmerzen und Blutbildveränderungen im Kindesalter muss differenzialdiagnostisch in jedem Fall auch an eine akute lymphoblastische Leukämie gedacht werden. Diese ist obligat auch vor der Therapie einer vermeintlich rheumatischen Erkrankung mit Steroiden durch eine Knochenmarkpunktion auszuschließen. Auch Organomegalien, B-Symptome und/oder Pan-(Tri-)zytopenien können Zeichen eines malignen Prozesses sein. Bei Letzterem, insbesondere wenn eine Anämie, Thrombozytopenie, fakultativ auch Neutropenie oder Leukozytose vorhanden sind, muss eine sofortige Zuweisung an ein pädiatrisch hämato-onkologisches Zentrum zur weiteren Diagnostik (u. a. Durchführung eines visuellen peripheren Blutausstriches mit ggf. Knochenmarkpunktion) erfolgen.
Neutropenie
Man unterscheidet zwischen einer milden Neutropenie (< 1.500 neutrophile Granulozyten/µl), einer mittelschweren (< 1.000/µl) und einer schweren Neutropenie (< 500/µl) [19]. Eine Verminderung der neutrophilen Granulozyten [3, 20, 22, 25, 26] muss immer im Kontext des gesamten Blutbildes inklusive Ausstrich, Krankengeschichte und körperlicher Untersuchung interpretiert werden. Die neutrophilen Granulozyten sind für die Infektabwehr bei bakteriellen und fungalen Infektionen zuständig. Wie die meisten Blutbildveränderungen im Kindesalter ist auch eine Neutropenie meist reaktiv bedingt (vgl. Tabelle 3), wobei häufig Infekte zugrunde liegen. Somit sind häufige Symptome eine Otitis media, Tonsillitis, Gingivitis, Hautabszesse und bei Säuglingen eine Omphalitis. Seltener assoziiert sind andere Abszesslokalisationen oder Pneumonien. Pilzinfektionen treten oft erst nach längerer antibiotischer Behandlung bzw. längerer schwerer Neutropenie auf.
Medikamente (z. B. Bactrim® als Prophylaxe bei chronischem vesikoureteralem Reflux) können eine Neutropenie verursachen und sollten nach Möglichkeit vermieden bzw. bei chronischen Erkrankungen auf gleichwertige alternative Produkte umgestellt werden. Zudem muss differenzialdiagnostisch auch an eine Mangelernährung z. B. im Rahmen eines Vitamin-B12- oder Folsäuremangels gedacht werden.
Im Rahmen der meist bereits in einem größeren Zentrum durchgeführten weitergehenden Abklärung einer schweren chronischen Neutropenie steht zunächst die Suche nach anti-neutrophilen Antikörpern im Vordergrund. Diese kann ausschließlich in hochspezialisierten Labors durchgeführt werden. Werden Antikörper nachgewiesen, so spricht man von einer Autoimmunneutropenie im Sinne einer chronisch-benignen und im Regelfall selbstlimitierenden Erkrankung. Ist die Antikörperdiagnostik zweimalig negativ, sollte als weiterer Schritt eine Knochenmarkpunktion zum Ausschluss schwerer kongenitaler Neutropenien, maligner Erkrankungen oder seltener erworbener oder angeborener Knochenmarkhypoplasien (u. a. myelodysplastisches Syndrom, schwere aplastische Anämie oder Shwachman-Diamond-Syndrom) durchgeführt werden. Falls die Neutrophilen im Abstand von rund 21 Tagen zwischen deutlich erniedrigten und normalen Werten schwanken, kann die Diagnose einer zyklischen Neutropenie gestellt werden. Oft spricht diese Neutropenieform gut auf eine Therapie mit G-CSF an. Weitere äußerst seltene Ursachen der Neutropenie im Kindesalter sind Immun- oder Stoffwechseldefekte [5, 6, 29].
Blutplättchen
Thrombozytopenie
Thrombozytopenien [4, 17, 18, 21, 26, 28] sind als Plättchenzahl unter 150.000/µl definiert. Klinisch manifestiert sich eine Thrombozytopenie oft asymptomatisch als Zufallsbefund bei einem Routinelabor. Als klinische Manifestation zeigen sich häufig Petechien, Blutungszeichen wie Nasenbluten, Zahnfleischblutungen und/oder Hämatome. Das Blutungsrisiko ist umso höher, je tiefer die Anzahl der Blutplättchen im peripheren Blut ist; meist zeigen sich Blutungszeichen ab Werten unter 100.000/µl bzw. deutlich tiefer [21]. Blutungen bei chirurgischen Interventionen treten oft erst bei Werten unter 50.000/µl, spontane Blutungszeichen sogar erst bei Werten unter 20.000/µl auf.
Neben infektassoziierten Veränderungen ist die immunthrombozytopenische Purpura (ITP) im Kindesalter häufig. Die Kinder präsentieren sich meist im guten Allgemeinzustand ohne signifikante Organomegalien. Bei der ITP liegt vorwiegend eine Abbaustörung vor, neueste Erkenntnisse gehen auch von einer leichten Produktionsstörung aus [17]. Generell kann aber davon ausgegangen werden, dass bei einer ITP viele junge Thrombozyten vorhanden sind und daher das Blutungsrisiko trotz tiefer Plättchenzahl geringer ist als bei einem Kind mit Leukämie. Bei einer Leukämie liegt eine Produktionsstörung im Knochenmark vor, und die im Blut zirkulierenden Plättchen sind älter, daher treten bei tiefen Werten stärkere Blutungen bzw. Blutungszeichen im Vergleich zur ITP auf.
Gemäß WHO-Einteilung der Blutungsneigung muss bei Grad III (Schleimhautblutungen, Gelenksblutungen, blutiger Stuhl, Urin, Erbrechen oder Husten u. a.) und Grad IV (retinale Blutungen mit Visusverlust und sonstige potenziell letale Blutungen) eine Therapie aufgrund potenziell schwerer Blutungskomplikationen durchgeführt werden [13, 14].
So haben Kleinkinder, welche gerade Laufen lernen, und z. B. fußballbegeisterte Kopfballspieler ein höheres Risiko als Jugendliche, welche in ihrer Freizeit Computerspiele machen.
Medikamente, welche die Blutungsneigung im Sinne einer transienten Thrombozytopathie erhöhen, sollten unbedingt gemieden werden (z. B. ASS, NSAR etc.). ASS sollte im Kindesalter aufgrund der möglichen Entwicklung eines Reye-Syndroms nur nach Nutzen-Risiko-Abschätzung und fast ausschließlich bei kardiologischen Erkrankungen verwendet werden. Tiefe Blutungen in Gelenke, Muskeln oder verzögerte Blutungen nach Traumata sprechen eher für eine zugrundeliegende Hämophilie als für eine Thrombozytopenie.
Wichtige Hinweise aus der Krankengeschichte sind der zeitliche Verlauf des Auftretens von Blutungszeichen, mögliche Traumata, Blutungen ab ano, Hämaturie, Nasenbluten und das Menstruationsverhalten. Das Hinzuziehen von älteren Blutbildern kann eine Aussage hinsichtlich der Dynamik der Werte ergeben. Dies hilft bei der weiteren Einteilung von erworbenen und angeborenen Erkrankungen. Ebenfalls wichtig ist die Systemanamnese hinsichtlich des Vorliegens einer B-Symptomatik als Hinweis auf maligne, autoimmune oder infektiöse Erkrankungen. Für letztere Ursache sollte immer auch die Reiseanamnese erfragt werden. Bei leicht erhöhtem Risiko einer ITP nach MMR-Immunisierung müssen bisher durchgeführte Impfreaktionen erfragt werden. Bauchschmerzen mit blutigen Durchfällen können hinweisend für ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) sein.
Als erster diagnostischer Schritt gilt bei einer Thrombozytopenie die Bestätigung mittels erneuter Kontrolle, um bei einem Laborfehler übermäßige Abklärungen zu umgehen. Es empfiehlt sich stets ein komplettes Blutbild mit Ausdifferenzierung durchzuführen. Große junge Plättchen sprechen für eine Abbaustörung, kleine alte Plättchen sprechen eher für eine Leukämie. Der periphere Blutausstrich hilft auch zur Erkennung von Blasten, Fragmentozyten bei HUS oder Sphärozyten als möglicher Hinweis einer autoimmun hämolytischen Anämie mit Autoimmunthrombozytopenie (auch genannt Evans-Syndrom).
Eine Knochenmarkuntersuchung ist bei chronischer ITP nach einem Jahr, Auffälligkeiten im Blutausstrich und/oder suggestiver Anamnese bzw. klinischer Untersuchung zum Ausschluss maligner oder hypoplastischer Knochenmarkerkrankungen indiziert. Rund 6 % der Leukämien im Kindesalter fallen ohne Nachweis von Blasten im peripheren Blut im Sinne einer aleukämischen Leukämie auf. Bei unklaren Fällen und klinischer Verschlechterung gilt also: rechtzeitig mit dem Spezialisten eine Knochenmarkpunktion diskutieren!
Thrombozytose
Eine Thrombozytose [7, 26, 27] liegt gemäß WHO bei einer Plättchenzahl > 450.000/µl vor. Man unterscheidet zwischen reaktiven und klonalen neoplastischen Erkrankungen. Gründe für reaktive, meist transiente Thrombozytosen sind Operationen, Traumata, bakterielle Infektionen und/oder Eisenmangelanämie. Reaktive Thrombozytosen sind der häufigste Grund erhöhter Plättchenzahlen im Kindesalter. Sie sind meist selbstlimitierend und brauchen keine Interventionen.
Thrombozytosen mit autonomer Proliferation der Megakaryozyten im Knochenmark treten bei den im Kindesalter höchst seltenen myeloproliferativen Erkrankungen auf.
Laborchemisch sollten ein Blutbild mit Differenzierung, Ferritin und CRP-Konzentration angefordert werden. Zum Ausschluss von falsch hohen Ferritinwerten im Rahmen einer Akut-Phase-Reaktion muss auch immer das CRP mitbestimmt werden. Das CRP ist bei Patienten mit autonomer Proliferation meist nicht erhöht.
Typisch für eine im Kindes- und Jugendalter kaum vorkommende chronisch myeloische Leukämie (CML) sind eine Splenomegalie, Leukozytose und das Philadelphia-Chromosom. An eine essenzielle Thrombocythemia (ET) kann nach Ausschluss aller anderen Ursachen einer Thrombozytose gedacht werden.
Für eine bei Kindern und Jugendlichen noch seltener zu beobachtende Polycythemia vera sprechen eine Erhöhung der roten Blutzellreihe, Splenomegalie, tiefe Erythropoietinkonzentration und ein positiver Nachweis einer JAK2-Mutation.

Interessenkonflikte: Die Autoren haben keine deklariert.
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