Gezielte lokale Infiltrationen in Gelenke oder umgebendes Gewebe gehören zu den wesentlichsten lokalen Behandlungen bei entzündlich-rheumatischen oder entzündlich-aktivierten degenerativen Gelenkerkrankungen. Insbesondere bei mono- oder oligoartikulärer Entzündung oder vielen periartikulären Entzündungen, aber auch bei gewissen posttraumatischen Reizzuständen ermöglicht die lokale Infiltration eine rasche, sehr gezielte und meist nebenwirkungsarme Beschwerdelinderung, die durch die Verwendung von kristallinen Steroidpräparaten oft lange anhält.

Unerlässliche Voraussetzung für eine korrekte Infiltrationstechnik ohne Nebenwirkungen sind eine klare Diagnose (insbesondere auch Infektausschluss), Kenntnis von Indikationen und Kontraindikationen (vgl. Kasten), die adäquate Information (und das Einverständnis) des Patienten, die richtige Medikamentendosierung und vor allem ausreichende Fertigkeiten in der Durchführung solcher Infiltrationen. Bei degenerativen Sehnenproblemen, insbesondere durch Überlastung oder Trauma, und bei Arthrosen ohne entzündliche Aktivierung werden alternativ zu den Steroidpräparaten auch Hyaluronsäure-Präparate oder sogenannte "Eigenblutpräparate", d. h. thrombozytenreiches Plasma (PRP) infiltriert.

Der Schwerpunkt dieser Übersicht liegt in der klinisch orientierten Injektionstechnik. Für Infiltrationen in anatomisch schwierigere Regionen oder in tiefliegende Gelenke (oder auch zur diagnostischen Punktion nur kleiner Ergussmengen) ist heute oft die Orientierung durch Ultraschall hilfreich – sei es, zur vorgängigen exakten Lokalisation der Punktionsstelle oder zur Durchführung der Infiltration unter direkter Ultraschallsicht.

Punktionstechnik

Eine Punktion oder Infiltration sollte schmerzarm bzw. im besten Falle praktisch schmerzlos erfolgen. Der Patient soll in einem sauberen Raum ohne Zugluft angenehm und entspannt positioniert sein (vgl. Tabelle 1). Zur Orientierung sind v. a. ossäre Landmarken von Bedeutung. Die Punktionsstelle wird nach orientierender Palpation durch sanften Druck mit einem Kugelschreiber markiert. Die Punktionsstelle sollte dabei nicht im Bereiche einer Effloreszenz oder eines Gefäßes liegen. Eine Rasur einer behaarten Stelle ist nicht nötig. Daraufhin wird die Punktionsstelle entsprechend den Anweisungen des benutzten Produktes desinfiziert. Eine vorgängige Infiltrationsanästhesie mit einem Lokalanästhetikum ist hingegen (bei korrekter und rascher Infiltration) i. d. R. nicht nötig. Bei Kindern kann die vorgängige Applikation einer lokalanästhetischen Salbe oder eines lokalanästhetischen Pflasters hilfreich sein. Das Tragen eines Mundschutzes wird empfohlen, hingegen ist die Verwendung von sterilen Handschuhen nicht notwendig, sofern eine No-touch-Technik eingehalten wird.

Bei der Punktion eines Gelenkes erfolgt der Einstich in der Regel senkrecht zur Hautoberfläche ("kürzester Weg ins Ziel"), bei paratendinösen Infiltrationen oder direkt ultraschallkontrollierten Infiltrationen wird ein flacherer Einstichwinkel gewählt. Idealerweise wird bei jeder intraartikulären Punktion Synovialflüssigkeit (falls vorhanden) aspiriert, bevor eine Injektion vorgenommen wird. Dies beweist die sichere intraartikuläre Lage der Nadel, ermöglicht eine Punktatanalyse und führt bei großer Ergussmenge auch zu einer therapeutischen Entlastung. Die Injektion eines Medikamentes sollte widerstandslos und schmerzfrei erfolgen, allenfalls beschreibt der Patient einen kurzdauernden Druck oder ein Brennen. Nach der Punktion folgt eine kurze Kompression der Injektionsstelle mit einem Tupfer und dann wird üblicherweise ein kleines Heftpflaster aufgeklebt.

Die geeignete Injektionsnadel (immer Einwegmaterial benutzen!), das Injektionsvolumen und die Steroiddosis richten sich nach der Größe und Lage des Gelenkes (Tabelle 2). Grundsätzlich werden für Infiltrationen möglichst dünne Injektionsnadeln verwendet, vor allem im Hinblick auf eine möglichst schmerzarme Injektion. Je dünner die Nadel, desto schwieriger ist aber die Aspiration von Gelenkserguss.

Medikamente

Die Steroiddosierung hängt von der Größe des Gelenkes ab. Bei intraartikulärer oder intrabursaler Infiltration wird in aller Regel ein kristallines Depot-Steroid gewählt; bei peritendinösen Infiltrationen oder der Infiltration sehr oberflächlicher Strukturen werden je nachdem nur wasserlösliche Steroide verwendet. Üblicherweise wird die Steroiddosis oft durch ein kurzwirksames Lokalanästhetikum (Lidocain® o. Ä.) ergänzt; einerseits ergibt sich dadurch oft eine sofortige analgetische Wirkung (der Wirkeintritt der Steroide dauert in der Regel länger, nämlich 24 bis 48 Stunden), und andererseits kann so das Injektionsvolumen vergrößert werden, was insbesondere bei größeren Gelenken (oder z. B. der Bursa subdeltoidea) sinnvoll ist. Falls ein größeres Injektionsvolumen erwünscht ist, kann dem Steroidpräparat einfach auch physiologische Kochsalzlösung beigemischt werden.

Die gleichzeitige Infiltration von Steroidpräparaten und Hyaluronsäure oder thrombozytenreichem Plasma macht wenig Sinn.

Häufigkeit der lokalen Steroid-Injektionstherapie

Grundsätzlich soll eine lokale Steroidtherapie nur bei klarer Indikation (Entzündung bzw. Reizzustand) vorgenommen werden. Bei ungenügendem Erfolg kann allenfalls nach ein bis zwei Wochen eine zweite Infiltration vorgenommen werden. Die Anzahl der Injektionen pro Region sollte pro Jahr in der Regel auf maximal viermal beschränkt bleiben.

Komplikationen und Nebenwirkungen

Die gefürchtetste Nebenwirkung bleibt eine Infektion. Das Risiko dafür wird – bei Einhalten einer korrekten Technik – je nach Literatur auf ca 1:40.000 geschätzt. Weitere sehr seltene Nebenwirkungen sind vasovagale Reaktionen, allergische (im Extremfall anaphylaktische) Reaktionen (in aller Regel gegen Lokalanästhetika) oder Blutung/Hämatom oder Nervenverletzung.

Starke Schmerzen sind in aller Regel Folge einer falschen Injektionstechnik; bei der intraartikulären Infiltration in kleine Gelenke (z. B. Finger) kann es durch den Volumeneffekt kurzzeitig zu einer Schmerzverstärkung kommen.

Durch die kristallinen Depotsteroidpräparate kann sich bei sehr oberflächlicher Injektion eine lokale Depigmentierung oder Atrophie des subkutanen Gewebes ausbilden. Bei wiederholten Infiltrationen können selten Verkalkungen entstehen. Weiter zu beachten ist die Gefahr von Sehnenrupturen, insbesondere bei (versehentlich) intratendinöser Infiltration oder bei bereits degenerativ veränderten Sehnen, dies betrifft insbesondere die gewichtstragenden Sehnen am Fuß, z. B. die Achillessehne.

Etwas häufiger können (dosisabhängig) systemische Steroidnebenwirkungen auftreten: gelegentlich Gesichtsrötung/Flush in den ersten ein bis zwei Tagen; passagere Blutzuckererhöhung bei Diabetikern; vorübergehend leichte Blutdrucksteigerung oder Herzklopfen, selten Wasserretention; selten gynäkologische Zwischenblutung.

Systemische Nebenwirkungen wie bei einer Langzeitsteroidtherapie (also etwa Cushingsyndrom, Gewichtszunahme, Osteoporose, Katarakt etc.) sind nur bei vielfachen (bzw. zu häufigen) Steroidinfiltrationen zu erwarten.

Häufige peri- und intraartikuläre Infiltrationen, die bei entsprechender Übung gut in der Hausarztpraxis durchgeführt werden können, sind etwa: Bursa subdeltoidea beim häufigen Impingementsyndrom der Schulter (Abb. 1), Handgelenk bei Arthritis (Abb. 2); Daumensattelgelenk bei Rhizarthrose (Abb. 3) und Kniegelenk bei aktivierter Arthrose oder bei Gonarthritis (Abb. 4).



Autor:

Dr. med. Andreas W. Krebs

Facharzt FMH für Rheumatologie und Innere Medizin
CH-8302 Kloten

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (10) Seite 14-17