Ein Gestationsdiabetes birgt Risiken für Mutter und Kind. Daher sollten Präventionsmaßnahmen möglichst früh einsetzen. Dazu zählen Allgemeinmaßnahmen hinsichtlich der Ernährung und der Bewegung und bei bereits eingetretenem Diabetes eine Insulintherapie.

Nestor der deutschen Diabetologie
Wer kennt ihn nicht? Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert ist seit über 50 Jahren auf dem Gebiet der Diabetologie aktiv. Auch heute noch hält der ehemalige Chefarzt der Medizinischen Klinik des Krankenhauses München-Schwabing Vorträge und leistet Aufklärungsarbeit. Auch auf der practica erfreuen sich seine Seminare gleichbleibender Beliebtheit. Das liegt daran, dass Mehnert Diabetesforschung so vermitteln möchte, dass sie auch für den niedergelassenen Allgemeinarzt umsetzbar ist. In diesem Sinne sind auch "Mehnerts Diabetes-Tipps" verfasst, die als Serie im Allgemeinarzt erscheinen und hoffentlich dazu beitragen, dass Sie Ihre Diabetes-Patienten besser betreuen können.

Zunächst muss man unterscheiden zwischen einer Schwangerschaft bei bereits bestehendem Diabetes (meist vom Typ 1) und einem Diabetes, der durch die Schwangerschaft (insbesondere durch das laktogene Plazentahormon) ausgelöst wird, also einem Gestationsdiabetes. Nach H. Kleinwechter sind zzt. in Deutschland 4,4 % aller Schwangeren (gestations-)diabetisch. Die Zahl ist jedoch bei Anwendung besonders strenger Kriterien womöglich noch höher.

Aus diesen Gründen hat man sich nach langen, zunächst vergeblichen Bemühungen seitens der Deutschen Diabetes-Gesellschaft seit einigen Jahren entschlossen, jede Schwangere zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche mit einem Glukosebelastungstest zu untersuchen, da erst zu diesem relativ späten Zeitpunkt der Schwangerschaft das erwähnte Plazentahormon stärker wirksam wird. Ideal wäre es, wenn die Frauen bereits vor Eintritt der Schwangerschaft entsprechend untersucht würden, was man zumindest für Risikofälle (Übergewicht, diabetische Erbanlage, metabolisch-vaskuläres Syndrom) ernsthaft überlegen sollte. Schließlich haben frühere Untersuchungen gezeigt, dass die Missbildungsrate bei frühesten Präventionsmaßnahmen deutlich gesenkt werden kann. Aber auch die spätere Erkennung eines Gestationsdiabetes mit konsekutiver Therapie hilft, einiges Unheil zu verhindern. So sinkt der Anteil der makrosomen Neugeborenen ebenso signifikant wie das Steckenbleiben der (übergewichtigen) Kinder im Geburtskanal mit den damit verbundenen Knochenbrüchen.

Rezidivrisiko nach Gestationsdiabetes

Das Risiko, dass Gestationsdiabetikerinnen, die definitionsgemäß post partum ihren Diabetes zunächst verlieren, im Laufe des Lebens einen Typ-2-Diabetes entwickeln, liegt bei 53 % innerhalb von acht Jahren. Deshalb sind ständige Kontrolluntersuchungen (z. B. alle drei bis vier Monate) zweckmäßig, da die zielführende Symptomatik (Durst, Polyurie, Abgeschlagenheit) bei diesen Frauen wie bei allen Typ-2-Diabetikern nur in einem Drittel der Fälle evident ist. Offenbar beugt das Stillen einer späteren Diabetesentwicklung vor, wie entsprechende Untersuchungen gezeigt haben. Das Risiko einer erneuten Stoffwechselstörung war bei Frauen, die ausschließlich gestillt hatten, um 54 % geringer als bei Patientinnen, die die Kinder allein mit Säuglingsnahrung gefüttert hatten. Auch eine besonders lange Stilldauer wirkte sich günstig aus.

Präventionsmaßnahmen

Im Übrigen gilt für alle Schwangeren, dass die Rate des Gestationsdiabetes sich mit gründlicher Schulung, kalorienreduzierter, stark kohlenhydrathaltiger und fettarmer Kost und mit ausreichender körperlicher Aktivität (150 Minuten schnelle Spaziergänge pro Woche) halbieren lässt. Ist der Gestationsdiabetes dennoch eingetreten, soll natürlich ebenfalls ein solches Therapieregime befolgt und gegebenenfalls Insulin gespritzt werden. Die Nährstoffverteilung sollte in der Kost von Gestationsdiabetikerinnen in der Regel etwa 50 % Kohlenhydrate, 30 % Fett und 20 % Eiweiß betragen.



Autor:

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Prof. Dr. med. Hellmut Mehnert

Forschergruppe Diabetes e.V.
82152 Krailling

Interessenkonflikte: Der Autor hat keine deklariert.



Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (1) Seite 56-57